wir gar keinen Begriff haben würden, wenn wir ihn nicht ie- nen Gesetzen gemäß gebildet hätten. Wir werden, so weit practische Vernunft uns zu führen das Recht hat, Hand- lungen nicht darum vor verbindlich halten, weil sie Ge- bote Gottes sind, sondern sie als göttliche Gebote ansehen, darum, weil wir dazu innerlich verbindlich seyn. Wir werden die Freiheit, unter der zweckmässigen Einheit nach Principien der Vernunft, studiren, und nur so fern glau- ben, dem göttlichen Willen gemäß zu seyn, als wir das Sittengesetz, welches uns die Vernunft aus der Natur der Handlungen selbst lehrt, heilig halten, ihm dadurch allein zu dienen glauben, daß wir das Weltbeste an uns und an an- dern befördern. Die Moraltheologie ist also nur von im- manentem Gebrauche, nemlich unsere Bestimmung hier in der Welt zu erfüllen, indem wir in das System aller Zwecke passen und nicht schwärmerisch, oder wol gar fre- velhaft den Leitfaden einer moralischgesetzgebenden Ver- nunft im guten Lebenswandel zu verlassen, um ihn unmit- telbar an die Idee des höchsten Wesens zu knüpfen, wel- ches einen transscendenten Gebrauch geben würde, aber eben so, wie der, der blossen Speculation, die lezte Zwecke der Vernunft verkehren und vereiteln muß.
Des
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Vom Ideal des hoͤchſten Guts.
wir gar keinen Begriff haben wuͤrden, wenn wir ihn nicht ie- nen Geſetzen gemaͤß gebildet haͤtten. Wir werden, ſo weit practiſche Vernunft uns zu fuͤhren das Recht hat, Hand- lungen nicht darum vor verbindlich halten, weil ſie Ge- bote Gottes ſind, ſondern ſie als goͤttliche Gebote anſehen, darum, weil wir dazu innerlich verbindlich ſeyn. Wir werden die Freiheit, unter der zweckmaͤſſigen Einheit nach Principien der Vernunft, ſtudiren, und nur ſo fern glau- ben, dem goͤttlichen Willen gemaͤß zu ſeyn, als wir das Sittengeſetz, welches uns die Vernunft aus der Natur der Handlungen ſelbſt lehrt, heilig halten, ihm dadurch allein zu dienen glauben, daß wir das Weltbeſte an uns und an an- dern befoͤrdern. Die Moraltheologie iſt alſo nur von im- manentem Gebrauche, nemlich unſere Beſtimmung hier in der Welt zu erfuͤllen, indem wir in das Syſtem aller Zwecke paſſen und nicht ſchwaͤrmeriſch, oder wol gar fre- velhaft den Leitfaden einer moraliſchgeſetzgebenden Ver- nunft im guten Lebenswandel zu verlaſſen, um ihn unmit- telbar an die Idee des hoͤchſten Weſens zu knuͤpfen, wel- ches einen transſcendenten Gebrauch geben wuͤrde, aber eben ſo, wie der, der bloſſen Speculation, die lezte Zwecke der Vernunft verkehren und vereiteln muß.
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Vom Ideal des hoͤchſten Guts.
wir gar keinen Begriff haben wuͤrden, wenn wir ihn nicht ie-
nen Geſetzen gemaͤß gebildet haͤtten. Wir werden, ſo weit
practiſche Vernunft uns zu fuͤhren das Recht hat, Hand-
lungen nicht darum vor verbindlich halten, weil ſie Ge-
bote Gottes ſind, ſondern ſie als goͤttliche Gebote anſehen,
darum, weil wir dazu innerlich verbindlich ſeyn. Wir
werden die Freiheit, unter der zweckmaͤſſigen Einheit nach
Principien der Vernunft, ſtudiren, und nur ſo fern glau-
ben, dem goͤttlichen Willen gemaͤß zu ſeyn, als wir das
Sittengeſetz, welches uns die Vernunft aus der Natur der
Handlungen ſelbſt lehrt, heilig halten, ihm dadurch allein
zu dienen glauben, daß wir das Weltbeſte an uns und an an-
dern befoͤrdern. Die Moraltheologie iſt alſo nur von im-
manentem Gebrauche, nemlich unſere Beſtimmung hier
in der Welt zu erfuͤllen, indem wir in das Syſtem aller
Zwecke paſſen und nicht ſchwaͤrmeriſch, oder wol gar fre-
velhaft den Leitfaden einer moraliſchgeſetzgebenden Ver-
nunft im guten Lebenswandel zu verlaſſen, um ihn unmit-
telbar an die Idee des hoͤchſten Weſens zu knuͤpfen, wel-
ches einen transſcendenten Gebrauch geben wuͤrde, aber
eben ſo, wie der, der bloſſen Speculation, die lezte Zwecke
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 819. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/849>, abgerufen am 23.11.2024.
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