Die erste Frage ist blos speculativ. Wir haben (wie ich mir schmeichele) alle mögliche Beantwortungen derselben erschöpft und endlich dieienige gefunden, mit welcher sich die Vernunft zwar befriedigen muß und, wenn sie nicht aufs Practische sieht, auch Ursache hat, zufrieden zu seyn, sind aber von den zwey grossen Zwecken, worauf diese gan- ze Bestrebung der reinen Vernunft eigentlich gerichtet war, eben so weit entfernet geblieben, als ob wir uns aus Ge- mächlichkeit dieser Arbeit gleich anfangs verweigert hätten. Wenn es also um Wissen zu thun ist, so ist wenigstens so viel sicher und ausgemacht, daß uns dieses, in Ansehung iener zwey Aufgaben, niemals zu Theil werden könne.
Die zweite Frage ist blos practisch. Sie kan als eine solche zwar der reinen Vernunft angehören, ist aber als- denn doch nicht transsendental, sondern moralisch, mithin kan sie unsere Critik an sich selbst nicht beschäftigen.
Die dritte Frage, nemlich: wenn ich nun thue, was ich soll, was darf ich alsdenn hoffen? ist practisch und theoretisch zugleich, so, daß das Practische nur als ein Leit- faden zu Beantwortung der theoretischen und, wenn diese hoch geht, speculativen Frage führet. Denn alles Hoffen geht auf Glückseligkeit und ist in Absicht auf das Practi- sche und das Sittengesetz eben dasselbe, was das Wissen und das Naturgesetz in Ansehung der theoretischen Erkentniß
der
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Vom Ideal des hoͤchſten Guts.
1. Was kan ich wiſſen?
2. Was ſoll ich thun?
3. Was darf ich hoffen?
Die erſte Frage iſt blos ſpeculativ. Wir haben (wie ich mir ſchmeichele) alle moͤgliche Beantwortungen derſelben erſchoͤpft und endlich dieienige gefunden, mit welcher ſich die Vernunft zwar befriedigen muß und, wenn ſie nicht aufs Practiſche ſieht, auch Urſache hat, zufrieden zu ſeyn, ſind aber von den zwey groſſen Zwecken, worauf dieſe gan- ze Beſtrebung der reinen Vernunft eigentlich gerichtet war, eben ſo weit entfernet geblieben, als ob wir uns aus Ge- maͤchlichkeit dieſer Arbeit gleich anfangs verweigert haͤtten. Wenn es alſo um Wiſſen zu thun iſt, ſo iſt wenigſtens ſo viel ſicher und ausgemacht, daß uns dieſes, in Anſehung iener zwey Aufgaben, niemals zu Theil werden koͤnne.
Die zweite Frage iſt blos practiſch. Sie kan als eine ſolche zwar der reinen Vernunft angehoͤren, iſt aber als- denn doch nicht transſendental, ſondern moraliſch, mithin kan ſie unſere Critik an ſich ſelbſt nicht beſchaͤftigen.
Die dritte Frage, nemlich: wenn ich nun thue, was ich ſoll, was darf ich alsdenn hoffen? iſt practiſch und theoretiſch zugleich, ſo, daß das Practiſche nur als ein Leit- faden zu Beantwortung der theoretiſchen und, wenn dieſe hoch geht, ſpeculativen Frage fuͤhret. Denn alles Hoffen geht auf Gluͤckſeligkeit und iſt in Abſicht auf das Practi- ſche und das Sittengeſetz eben daſſelbe, was das Wiſſen und das Naturgeſetz in Anſehung der theoretiſchen Erkentniß
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Vom Ideal des hoͤchſten Guts.
1. Was kan ich wiſſen?
2. Was ſoll ich thun?
3. Was darf ich hoffen?
Die erſte Frage iſt blos ſpeculativ. Wir haben (wie
ich mir ſchmeichele) alle moͤgliche Beantwortungen derſelben
erſchoͤpft und endlich dieienige gefunden, mit welcher ſich
die Vernunft zwar befriedigen muß und, wenn ſie nicht
aufs Practiſche ſieht, auch Urſache hat, zufrieden zu ſeyn,
ſind aber von den zwey groſſen Zwecken, worauf dieſe gan-
ze Beſtrebung der reinen Vernunft eigentlich gerichtet war,
eben ſo weit entfernet geblieben, als ob wir uns aus Ge-
maͤchlichkeit dieſer Arbeit gleich anfangs verweigert haͤtten.
Wenn es alſo um Wiſſen zu thun iſt, ſo iſt wenigſtens ſo
viel ſicher und ausgemacht, daß uns dieſes, in Anſehung
iener zwey Aufgaben, niemals zu Theil werden koͤnne.
Die zweite Frage iſt blos practiſch. Sie kan als eine
ſolche zwar der reinen Vernunft angehoͤren, iſt aber als-
denn doch nicht transſendental, ſondern moraliſch, mithin
kan ſie unſere Critik an ſich ſelbſt nicht beſchaͤftigen.
Die dritte Frage, nemlich: wenn ich nun thue, was
ich ſoll, was darf ich alsdenn hoffen? iſt practiſch und
theoretiſch zugleich, ſo, daß das Practiſche nur als ein Leit-
faden zu Beantwortung der theoretiſchen und, wenn dieſe
hoch geht, ſpeculativen Frage fuͤhret. Denn alles Hoffen
geht auf Gluͤckſeligkeit und iſt in Abſicht auf das Practi-
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und das Naturgeſetz in Anſehung der theoretiſchen Erkentniß
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 805. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/835>, abgerufen am 23.11.2024.
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