der Vernunft, wiederum Einheit haben müssen, um das- ienige Interesse der Menschheit, welches keinem höheren untergeordnet ist, vereinigt zu befördern.
Die Endabsicht, worauf die Speculation der Ver- nunft im transscendentalen Gebrauche zulezt hinausläuft, betrift drey Gegenstände: die Freiheit des Willens, die Unsterblichkeit der Seele, und das Daseyn Gottes. In Ansehung aller dreien ist blos das speculative Interesse der Vernunft nur sehr gering, und in Absicht auf dasselbe würde wol schwerlich eine ermüdende, mit unaufhörlichen Hindernis- sen ringende Arbeit transsc. Nachforschung, übernommen wer- den, weil man von allen Entdeckungen, die hierüber zu machen seyn möchten, doch keinen Gebrauch machen kan, der in concreto, d. i. in der Naturforschung, seinen Nu- tzen bewiese. Der Wille mag auch frey seyn, so kan die- ses doch nur die intelligibele Ursache unseres Wollens an- gehen. Denn, was die Phänomene der Aeusserungen des- selben, d. i. die Handlungen betrift, so müssen wir, nach einer unverletzlichen Grundmaxime, ohne welche wir keine Vernunft in empirischem Gebrauche ausüben können, sie niemals anders als alle übrige Erscheinungen der Natur, nemlich nach unwandelbaren Gesetzen derselben erklären. Es mag zweitens auch die geistige Natur der Seele (und mit derselben ihre Unsterblichkeit) eingesehen werden kön- nen, so kan darauf doch, weder in Ansehung der Erschei- nungen dieses Lebens, als einen Erklärungsgrund, noch
auf
Methodenlehre II. Hauptſt. I. Abſch.
der Vernunft, wiederum Einheit haben muͤſſen, um das- ienige Intereſſe der Menſchheit, welches keinem hoͤheren untergeordnet iſt, vereinigt zu befoͤrdern.
Die Endabſicht, worauf die Speculation der Ver- nunft im transſcendentalen Gebrauche zulezt hinauslaͤuft, betrift drey Gegenſtaͤnde: die Freiheit des Willens, die Unſterblichkeit der Seele, und das Daſeyn Gottes. In Anſehung aller dreien iſt blos das ſpeculative Intereſſe der Vernunft nur ſehr gering, und in Abſicht auf daſſelbe wuͤrde wol ſchwerlich eine ermuͤdende, mit unaufhoͤrlichen Hinderniſ- ſen ringende Arbeit transſc. Nachforſchung, uͤbernommen wer- den, weil man von allen Entdeckungen, die hieruͤber zu machen ſeyn moͤchten, doch keinen Gebrauch machen kan, der in concreto, d. i. in der Naturforſchung, ſeinen Nu- tzen bewieſe. Der Wille mag auch frey ſeyn, ſo kan die- ſes doch nur die intelligibele Urſache unſeres Wollens an- gehen. Denn, was die Phaͤnomene der Aeuſſerungen deſ- ſelben, d. i. die Handlungen betrift, ſo muͤſſen wir, nach einer unverletzlichen Grundmaxime, ohne welche wir keine Vernunft in empiriſchem Gebrauche ausuͤben koͤnnen, ſie niemals anders als alle uͤbrige Erſcheinungen der Natur, nemlich nach unwandelbaren Geſetzen derſelben erklaͤren. Es mag zweitens auch die geiſtige Natur der Seele (und mit derſelben ihre Unſterblichkeit) eingeſehen werden koͤn- nen, ſo kan darauf doch, weder in Anſehung der Erſchei- nungen dieſes Lebens, als einen Erklaͤrungsgrund, noch
auf
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0828"n="798"/><fwplace="top"type="header">Methodenlehre <hirendition="#aq">II.</hi> Hauptſt. <hirendition="#aq">I.</hi> Abſch.</fw><lb/>
der Vernunft, wiederum Einheit haben muͤſſen, um das-<lb/>
ienige Intereſſe der Menſchheit, welches keinem hoͤheren<lb/>
untergeordnet iſt, vereinigt zu befoͤrdern.</p><lb/><p>Die Endabſicht, worauf die Speculation der Ver-<lb/>
nunft im transſcendentalen Gebrauche zulezt hinauslaͤuft,<lb/>
betrift drey Gegenſtaͤnde: die Freiheit des Willens, die<lb/>
Unſterblichkeit der Seele, und das Daſeyn Gottes. In<lb/>
Anſehung aller dreien iſt blos das ſpeculative Intereſſe der<lb/>
Vernunft nur ſehr gering, und in Abſicht auf daſſelbe wuͤrde<lb/>
wol ſchwerlich eine ermuͤdende, mit unaufhoͤrlichen Hinderniſ-<lb/>ſen ringende Arbeit transſc. Nachforſchung, uͤbernommen wer-<lb/>
den, weil man von allen Entdeckungen, die hieruͤber zu<lb/>
machen ſeyn moͤchten, doch keinen Gebrauch machen kan,<lb/>
der <hirendition="#aq">in concreto,</hi> d. i. in der Naturforſchung, ſeinen Nu-<lb/>
tzen bewieſe. Der Wille mag auch frey ſeyn, ſo kan die-<lb/>ſes doch nur die intelligibele Urſache unſeres Wollens an-<lb/>
gehen. Denn, was die Phaͤnomene der Aeuſſerungen deſ-<lb/>ſelben, d. i. die Handlungen betrift, ſo muͤſſen wir, nach<lb/>
einer unverletzlichen Grundmaxime, ohne welche wir keine<lb/>
Vernunft in empiriſchem Gebrauche ausuͤben koͤnnen, ſie<lb/>
niemals anders als alle uͤbrige Erſcheinungen der Natur,<lb/>
nemlich nach unwandelbaren Geſetzen derſelben erklaͤren.<lb/>
Es mag zweitens auch die geiſtige Natur der Seele (und<lb/>
mit derſelben ihre Unſterblichkeit) eingeſehen werden koͤn-<lb/>
nen, ſo kan darauf doch, weder in Anſehung der Erſchei-<lb/>
nungen dieſes Lebens, als einen Erklaͤrungsgrund, noch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auf</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[798/0828]
Methodenlehre II. Hauptſt. I. Abſch.
der Vernunft, wiederum Einheit haben muͤſſen, um das-
ienige Intereſſe der Menſchheit, welches keinem hoͤheren
untergeordnet iſt, vereinigt zu befoͤrdern.
Die Endabſicht, worauf die Speculation der Ver-
nunft im transſcendentalen Gebrauche zulezt hinauslaͤuft,
betrift drey Gegenſtaͤnde: die Freiheit des Willens, die
Unſterblichkeit der Seele, und das Daſeyn Gottes. In
Anſehung aller dreien iſt blos das ſpeculative Intereſſe der
Vernunft nur ſehr gering, und in Abſicht auf daſſelbe wuͤrde
wol ſchwerlich eine ermuͤdende, mit unaufhoͤrlichen Hinderniſ-
ſen ringende Arbeit transſc. Nachforſchung, uͤbernommen wer-
den, weil man von allen Entdeckungen, die hieruͤber zu
machen ſeyn moͤchten, doch keinen Gebrauch machen kan,
der in concreto, d. i. in der Naturforſchung, ſeinen Nu-
tzen bewieſe. Der Wille mag auch frey ſeyn, ſo kan die-
ſes doch nur die intelligibele Urſache unſeres Wollens an-
gehen. Denn, was die Phaͤnomene der Aeuſſerungen deſ-
ſelben, d. i. die Handlungen betrift, ſo muͤſſen wir, nach
einer unverletzlichen Grundmaxime, ohne welche wir keine
Vernunft in empiriſchem Gebrauche ausuͤben koͤnnen, ſie
niemals anders als alle uͤbrige Erſcheinungen der Natur,
nemlich nach unwandelbaren Geſetzen derſelben erklaͤren.
Es mag zweitens auch die geiſtige Natur der Seele (und
mit derſelben ihre Unſterblichkeit) eingeſehen werden koͤn-
nen, ſo kan darauf doch, weder in Anſehung der Erſchei-
nungen dieſes Lebens, als einen Erklaͤrungsgrund, noch
auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 798. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/828>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.