Philosophie könne geleistet, noch nachgeahmet werden. Daß der Meßkünstler, nach seiner Methode, in der Philosophie nichts als Kartengebäude zu Stande bringe, der Philosoph nach der seinigen in dem Antheil der Mathematik nur ein Geschwätz erregen könne, wiewol eben darin Philosophie besteht, seine Gränzen zu kennen, und selbst der Mathema- tiker, wenn das Talent desselben nicht etwa schon von der Natur begränzt und auf sein Fach eingeschränkt ist, die Warnungen der Philosophie nicht ausschlagen, noch sich über sie wegsetzen kan.
1. Von den Definitionen. Definiren soll, wie es der Ausdruck selbst giebt, eigentlich nur so viel bedeuten, als, den ausführlichen Begriff eines Dinges innerhalb seinen Gränzen ursprünglich darstellen*). Nach einer solchen Foderung kan ein empirischer Begriff gar nicht definirt, sondern nur explicirt werden. Denn, da wir an ihm nur einige Merkmale von einer gewissen Art Ge- genstände der Sinne haben, so ist es niemals sicher, ob man unter dem Worte, der denselben Gegenstand bezeich- net, nicht einmal mehr, das andere mal weniger Merk-
male
*) Ausführlichkeit bedeutet die Klarheit und Zulänglichkeit der Merkmale, Gränzen die Präcision, daß deren nicht mehr sind, als zum ausführlichen Begriffe gehören, ur- sprünglich aber, daß diese Gränzbestimmung nicht irgend woher abgeleitet sey und also noch eines Beweises bedürfe, welches die vermeintliche Erklärung unfähig machen wür- de, an der Spitze aller Urtheile über einen Gegenstand zu stehen.
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Die Diſciplin der reinen Vernunft im dogm. ꝛc.
Philoſophie koͤnne geleiſtet, noch nachgeahmet werden. Daß der Meßkuͤnſtler, nach ſeiner Methode, in der Philoſophie nichts als Kartengebaͤude zu Stande bringe, der Philoſoph nach der ſeinigen in dem Antheil der Mathematik nur ein Geſchwaͤtz erregen koͤnne, wiewol eben darin Philoſophie beſteht, ſeine Graͤnzen zu kennen, und ſelbſt der Mathema- tiker, wenn das Talent deſſelben nicht etwa ſchon von der Natur begraͤnzt und auf ſein Fach eingeſchraͤnkt iſt, die Warnungen der Philoſophie nicht ausſchlagen, noch ſich uͤber ſie wegſetzen kan.
1. Von den Definitionen. Definiren ſoll, wie es der Ausdruck ſelbſt giebt, eigentlich nur ſo viel bedeuten, als, den ausfuͤhrlichen Begriff eines Dinges innerhalb ſeinen Graͤnzen urſpruͤnglich darſtellen*). Nach einer ſolchen Foderung kan ein empiriſcher Begriff gar nicht definirt, ſondern nur explicirt werden. Denn, da wir an ihm nur einige Merkmale von einer gewiſſen Art Ge- genſtaͤnde der Sinne haben, ſo iſt es niemals ſicher, ob man unter dem Worte, der denſelben Gegenſtand bezeich- net, nicht einmal mehr, das andere mal weniger Merk-
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*) Ausfuͤhrlichkeit bedeutet die Klarheit und Zulaͤnglichkeit der Merkmale, Graͤnzen die Praͤciſion, daß deren nicht mehr ſind, als zum ausfuͤhrlichen Begriffe gehoͤren, ur- ſpruͤnglich aber, daß dieſe Graͤnzbeſtimmung nicht irgend woher abgeleitet ſey und alſo noch eines Beweiſes beduͤrfe, welches die vermeintliche Erklaͤrung unfaͤhig machen wuͤr- de, an der Spitze aller Urtheile uͤber einen Gegenſtand zu ſtehen.
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Die Diſciplin der reinen Vernunft im dogm. ꝛc.
Philoſophie koͤnne geleiſtet, noch nachgeahmet werden. Daß
der Meßkuͤnſtler, nach ſeiner Methode, in der Philoſophie
nichts als Kartengebaͤude zu Stande bringe, der Philoſoph
nach der ſeinigen in dem Antheil der Mathematik nur ein
Geſchwaͤtz erregen koͤnne, wiewol eben darin Philoſophie
beſteht, ſeine Graͤnzen zu kennen, und ſelbſt der Mathema-
tiker, wenn das Talent deſſelben nicht etwa ſchon von der
Natur begraͤnzt und auf ſein Fach eingeſchraͤnkt iſt, die
Warnungen der Philoſophie nicht ausſchlagen, noch ſich
uͤber ſie wegſetzen kan.
1. Von den Definitionen. Definiren ſoll, wie es
der Ausdruck ſelbſt giebt, eigentlich nur ſo viel bedeuten,
als, den ausfuͤhrlichen Begriff eines Dinges innerhalb
ſeinen Graͤnzen urſpruͤnglich darſtellen *). Nach einer
ſolchen Foderung kan ein empiriſcher Begriff gar nicht
definirt, ſondern nur explicirt werden. Denn, da wir
an ihm nur einige Merkmale von einer gewiſſen Art Ge-
genſtaͤnde der Sinne haben, ſo iſt es niemals ſicher, ob
man unter dem Worte, der denſelben Gegenſtand bezeich-
net, nicht einmal mehr, das andere mal weniger Merk-
male
*) Ausfuͤhrlichkeit bedeutet die Klarheit und Zulaͤnglichkeit
der Merkmale, Graͤnzen die Praͤciſion, daß deren nicht
mehr ſind, als zum ausfuͤhrlichen Begriffe gehoͤren, ur-
ſpruͤnglich aber, daß dieſe Graͤnzbeſtimmung nicht irgend
woher abgeleitet ſey und alſo noch eines Beweiſes beduͤrfe,
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 727. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/757>, abgerufen am 23.11.2024.
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