Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst.
Nutzen, die Erkentniß desselben, im Fall sie anders wo- her geschöpft werden könte, zu berichtigen, mit sich selbst und ieder intelligibelen Absicht einstimmig zu machen, und von allem, was dem Begriffe eines Urwesens zuwider seyn möchte, und aller Beimischung empirischer Einschrän- kungen zu reinigen.
Die transscendentale Theologie bleibt demnach, al- ler ihrer Unzulänglichkeit ungeachtet, dennoch von wichti- gem negativen Gebrauche und ist eine beständige Censur unserer Vernunft, wenn sie blos mit reinen Ideen zu thun hat, die eben darum kein anderes, als transscendenta- les Richtmaaß zulassen. Denn, wenn einmal, in ander- weitiger, vielleicht practischer Beziehung, die Voraus- setzung eines höchsten und allgnugsamen Wesens, als ober- ster Intelligenz, ihre Gültigkeit ohne Widerrede behaup- tete: so wäre es von der größten Wichtigkeit, diesen Be- griff auf seiner transscendentalen Seite, als den Begriff eines nothwendigen und allerrealesten Wesens, genau zu bestimmen und, was der höchsten Realität zuwider ist, was zur blossen Erscheinung (dem Antropomorphism im weiteren Verstande) gehört, wegzuschaffen und zugleich alle entgegengesezte Behauptungen, sie mögen nun athei- stisch, oder deistisch, oder anthropomorphistisch seyn, aus dem Wege zu räumen, welches in einer solchen critischen Behandlung sehr leicht ist, indem dieselben Gründe, durch welche das Unvermögen der menschlichen Vernunft, in An- sehung der Behauptung des Daseyns eines dergleichen
Wesens,
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
Nutzen, die Erkentniß deſſelben, im Fall ſie anders wo- her geſchoͤpft werden koͤnte, zu berichtigen, mit ſich ſelbſt und ieder intelligibelen Abſicht einſtimmig zu machen, und von allem, was dem Begriffe eines Urweſens zuwider ſeyn moͤchte, und aller Beimiſchung empiriſcher Einſchraͤn- kungen zu reinigen.
Die transſcendentale Theologie bleibt demnach, al- ler ihrer Unzulaͤnglichkeit ungeachtet, dennoch von wichti- gem negativen Gebrauche und iſt eine beſtaͤndige Cenſur unſerer Vernunft, wenn ſie blos mit reinen Ideen zu thun hat, die eben darum kein anderes, als transſcendenta- les Richtmaaß zulaſſen. Denn, wenn einmal, in ander- weitiger, vielleicht practiſcher Beziehung, die Voraus- ſetzung eines hoͤchſten und allgnugſamen Weſens, als ober- ſter Intelligenz, ihre Guͤltigkeit ohne Widerrede behaup- tete: ſo waͤre es von der groͤßten Wichtigkeit, dieſen Be- griff auf ſeiner transſcendentalen Seite, als den Begriff eines nothwendigen und allerrealeſten Weſens, genau zu beſtimmen und, was der hoͤchſten Realitaͤt zuwider iſt, was zur bloſſen Erſcheinung (dem Antropomorphism im weiteren Verſtande) gehoͤrt, wegzuſchaffen und zugleich alle entgegengeſezte Behauptungen, ſie moͤgen nun athei- ſtiſch, oder deiſtiſch, oder anthropomorphiſtiſch ſeyn, aus dem Wege zu raͤumen, welches in einer ſolchen critiſchen Behandlung ſehr leicht iſt, indem dieſelben Gruͤnde, durch welche das Unvermoͤgen der menſchlichen Vernunft, in An- ſehung der Behauptung des Daſeyns eines dergleichen
Weſens,
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
Nutzen, die Erkentniß deſſelben, im Fall ſie anders wo-
her geſchoͤpft werden koͤnte, zu berichtigen, mit ſich ſelbſt
und ieder intelligibelen Abſicht einſtimmig zu machen, und
von allem, was dem Begriffe eines Urweſens zuwider
ſeyn moͤchte, und aller Beimiſchung empiriſcher Einſchraͤn-
kungen zu reinigen.
Die transſcendentale Theologie bleibt demnach, al-
ler ihrer Unzulaͤnglichkeit ungeachtet, dennoch von wichti-
gem negativen Gebrauche und iſt eine beſtaͤndige Cenſur
unſerer Vernunft, wenn ſie blos mit reinen Ideen zu thun
hat, die eben darum kein anderes, als transſcendenta-
les Richtmaaß zulaſſen. Denn, wenn einmal, in ander-
weitiger, vielleicht practiſcher Beziehung, die Voraus-
ſetzung eines hoͤchſten und allgnugſamen Weſens, als ober-
ſter Intelligenz, ihre Guͤltigkeit ohne Widerrede behaup-
tete: ſo waͤre es von der groͤßten Wichtigkeit, dieſen Be-
griff auf ſeiner transſcendentalen Seite, als den Begriff
eines nothwendigen und allerrealeſten Weſens, genau zu
beſtimmen und, was der hoͤchſten Realitaͤt zuwider iſt,
was zur bloſſen Erſcheinung (dem Antropomorphism im
weiteren Verſtande) gehoͤrt, wegzuſchaffen und zugleich
alle entgegengeſezte Behauptungen, ſie moͤgen nun athei-
ſtiſch, oder deiſtiſch, oder anthropomorphiſtiſch ſeyn, aus
dem Wege zu raͤumen, welches in einer ſolchen critiſchen
Behandlung ſehr leicht iſt, indem dieſelben Gruͤnde, durch
welche das Unvermoͤgen der menſchlichen Vernunft, in An-
ſehung der Behauptung des Daſeyns eines dergleichen
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 640. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/670>, abgerufen am 22.11.2024.
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