Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst.
Wenn wir nun dieser unserer Idee, indem wir sie hypostasiren, so ferner nachgehen, so werden wir das Ur- wesen durch den blossen Begriff der höchsten Realität als ein einiges, einfaches, allgenugsames, ewiges etc. mit einem Worte, es in seiner unbedingten Vollständigkeit durch alle Prädicamente bestimmen können. Der Begriff eines solchen Wesens ist der von Gott in transscendentalem Verstande gedacht, und so ist das Ideal der reinen Ver- nunf[t] der Gegenstand einer transscendentalen Theologie, so wie ich es auch oben angeführt habe.
Indessen würde dieser Gebrauch der transscendenta- len Idee doch schon die Gränzen ihrer Bestimmung und Zulässigkeit überschreiten. Denn die Vernunft legte sie nur, als den Begriff von aller Realität, der durchgän- gigen Bestimmung der Dinge überhaupt zum Grunde, ohne zu verlangen, daß alle diese Realität obiectiv gege- ben sey und selbst ein Ding ausmache. Dieses leztere ist eine blosse Erdichtung, durch welche wir das Mannigfal- tige unserer Idee in einem Ideale, als einem besonderen Wesen, zusammenfassen und realisiren, wozu wir keine Befugniß haben, so gar nicht einmal die Möglichkeit einer solchen Hypothese geradezu anzunehmen, wie denn auch alle Folgerungen, die aus einem solchen Ideale abfliessen, die durchgängige Bestimmung der Dinge überhaupt, als zu deren Behuf die Idee allein nöthig war, nichts ange- hen, und darauf nicht den mindesten Einfluß haben.
Es
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
Wenn wir nun dieſer unſerer Idee, indem wir ſie hypoſtaſiren, ſo ferner nachgehen, ſo werden wir das Ur- weſen durch den bloſſen Begriff der hoͤchſten Realitaͤt als ein einiges, einfaches, allgenugſames, ewiges ꝛc. mit einem Worte, es in ſeiner unbedingten Vollſtaͤndigkeit durch alle Praͤdicamente beſtimmen koͤnnen. Der Begriff eines ſolchen Weſens iſt der von Gott in transſcendentalem Verſtande gedacht, und ſo iſt das Ideal der reinen Ver- nunf[t] der Gegenſtand einer transſcendentalen Theologie, ſo wie ich es auch oben angefuͤhrt habe.
Indeſſen wuͤrde dieſer Gebrauch der transſcendenta- len Idee doch ſchon die Graͤnzen ihrer Beſtimmung und Zulaͤſſigkeit uͤberſchreiten. Denn die Vernunft legte ſie nur, als den Begriff von aller Realitaͤt, der durchgaͤn- gigen Beſtimmung der Dinge uͤberhaupt zum Grunde, ohne zu verlangen, daß alle dieſe Realitaͤt obiectiv gege- ben ſey und ſelbſt ein Ding ausmache. Dieſes leztere iſt eine bloſſe Erdichtung, durch welche wir das Mannigfal- tige unſerer Idee in einem Ideale, als einem beſonderen Weſen, zuſammenfaſſen und realiſiren, wozu wir keine Befugniß haben, ſo gar nicht einmal die Moͤglichkeit einer ſolchen Hypotheſe geradezu anzunehmen, wie denn auch alle Folgerungen, die aus einem ſolchen Ideale abflieſſen, die durchgaͤngige Beſtimmung der Dinge uͤberhaupt, als zu deren Behuf die Idee allein noͤthig war, nichts ange- hen, und darauf nicht den mindeſten Einfluß haben.
Es
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptſt.
Wenn wir nun dieſer unſerer Idee, indem wir ſie
hypoſtaſiren, ſo ferner nachgehen, ſo werden wir das Ur-
weſen durch den bloſſen Begriff der hoͤchſten Realitaͤt als
ein einiges, einfaches, allgenugſames, ewiges ꝛc. mit
einem Worte, es in ſeiner unbedingten Vollſtaͤndigkeit durch
alle Praͤdicamente beſtimmen koͤnnen. Der Begriff eines
ſolchen Weſens iſt der von Gott in transſcendentalem
Verſtande gedacht, und ſo iſt das Ideal der reinen Ver-
nunft der Gegenſtand einer transſcendentalen Theologie,
ſo wie ich es auch oben angefuͤhrt habe.
Indeſſen wuͤrde dieſer Gebrauch der transſcendenta-
len Idee doch ſchon die Graͤnzen ihrer Beſtimmung und
Zulaͤſſigkeit uͤberſchreiten. Denn die Vernunft legte ſie
nur, als den Begriff von aller Realitaͤt, der durchgaͤn-
gigen Beſtimmung der Dinge uͤberhaupt zum Grunde,
ohne zu verlangen, daß alle dieſe Realitaͤt obiectiv gege-
ben ſey und ſelbſt ein Ding ausmache. Dieſes leztere iſt
eine bloſſe Erdichtung, durch welche wir das Mannigfal-
tige unſerer Idee in einem Ideale, als einem beſonderen
Weſen, zuſammenfaſſen und realiſiren, wozu wir keine
Befugniß haben, ſo gar nicht einmal die Moͤglichkeit einer
ſolchen Hypotheſe geradezu anzunehmen, wie denn auch
alle Folgerungen, die aus einem ſolchen Ideale abflieſſen,
die durchgaͤngige Beſtimmung der Dinge uͤberhaupt, als
zu deren Behuf die Idee allein noͤthig war, nichts ange-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/610>, abgerufen am 22.11.2024.
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