diges Daseyn der unbegränzten Zufälligkeit der ersteren, und darum auch, dem nirgend geendigten Regressus in der Reihe empirischer Bedingungen gar nicht entgegen ist.
Schlußanmerkung zur ganzen Antinomie der reinen Vernunft.
So lange wir mit unseren Vernunftbegriffen blos die Totalität der Bedingungen in der Sinnenwelt und, was in Ansehung ihrer der Vernunft zu Diensten geschehen kan, zum Gegenstande haben: so sind unsere Ideen zwar trans- scendental, aber doch cosmologisch. So bald wir aber das Unbedingte (um das es doch eigentlich zu thun ist) in demienigen setzen, was ganz ausserhalb der Sinnenwelt, mithin ausser aller möglichen Erfahrung ist, so werden die Ideen transscendent; sie dienen nicht blos zur Vollendung des empirischen Vernunftgebrauchs (der immer eine nie auszuführende, aber dennoch zu befolgende Idee bleibt), sondern sie trennen sich davon gänzlich und machen sich selbst Gegenstände, deren Stoff nicht aus Erfahrung ge- nommen, deren obiective Realität auch nicht auf der Voll- endung der empirischen Reihe, sondern auf reinen Be- griffen a priori beruht. Dergleichen transscendente Ideen haben einen blos intelligibelen Gegenstand, welchen als ein transscendentales Obiect, von dem man übrigens nichts weis, zuzulassen, es allerdings erlaubt ist, wozu aber, um es, als ein, durch seine unterscheidende und in- nere Prädicate bestimbares Ding zu denken, wir weder
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IX. Abſch. Vom empir. Gebrauche des regul. ꝛc.
diges Daſeyn der unbegraͤnzten Zufaͤlligkeit der erſteren, und darum auch, dem nirgend geendigten Regreſſus in der Reihe empiriſcher Bedingungen gar nicht entgegen iſt.
Schlußanmerkung zur ganzen Antinomie der reinen Vernunft.
So lange wir mit unſeren Vernunftbegriffen blos die Totalitaͤt der Bedingungen in der Sinnenwelt und, was in Anſehung ihrer der Vernunft zu Dienſten geſchehen kan, zum Gegenſtande haben: ſo ſind unſere Ideen zwar trans- ſcendental, aber doch cosmologiſch. So bald wir aber das Unbedingte (um das es doch eigentlich zu thun iſt) in demienigen ſetzen, was ganz auſſerhalb der Sinnenwelt, mithin auſſer aller moͤglichen Erfahrung iſt, ſo werden die Ideen transſcendent; ſie dienen nicht blos zur Vollendung des empiriſchen Vernunftgebrauchs (der immer eine nie auszufuͤhrende, aber dennoch zu befolgende Idee bleibt), ſondern ſie trennen ſich davon gaͤnzlich und machen ſich ſelbſt Gegenſtaͤnde, deren Stoff nicht aus Erfahrung ge- nommen, deren obiective Realitaͤt auch nicht auf der Voll- endung der empiriſchen Reihe, ſondern auf reinen Be- griffen a priori beruht. Dergleichen transſcendente Ideen haben einen blos intelligibelen Gegenſtand, welchen als ein transſcendentales Obiect, von dem man uͤbrigens nichts weis, zuzulaſſen, es allerdings erlaubt iſt, wozu aber, um es, als ein, durch ſeine unterſcheidende und in- nere Praͤdicate beſtimbares Ding zu denken, wir weder
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IX. Abſch. Vom empir. Gebrauche des regul. ꝛc.
diges Daſeyn der unbegraͤnzten Zufaͤlligkeit der erſteren,
und darum auch, dem nirgend geendigten Regreſſus in
der Reihe empiriſcher Bedingungen gar nicht entgegen iſt.
Schlußanmerkung
zur ganzen Antinomie der reinen Vernunft.
So lange wir mit unſeren Vernunftbegriffen blos die
Totalitaͤt der Bedingungen in der Sinnenwelt und, was
in Anſehung ihrer der Vernunft zu Dienſten geſchehen kan,
zum Gegenſtande haben: ſo ſind unſere Ideen zwar trans-
ſcendental, aber doch cosmologiſch. So bald wir aber
das Unbedingte (um das es doch eigentlich zu thun iſt) in
demienigen ſetzen, was ganz auſſerhalb der Sinnenwelt,
mithin auſſer aller moͤglichen Erfahrung iſt, ſo werden die
Ideen transſcendent; ſie dienen nicht blos zur Vollendung
des empiriſchen Vernunftgebrauchs (der immer eine nie
auszufuͤhrende, aber dennoch zu befolgende Idee bleibt),
ſondern ſie trennen ſich davon gaͤnzlich und machen ſich
ſelbſt Gegenſtaͤnde, deren Stoff nicht aus Erfahrung ge-
nommen, deren obiective Realitaͤt auch nicht auf der Voll-
endung der empiriſchen Reihe, ſondern auf reinen Be-
griffen a priori beruht. Dergleichen transſcendente
Ideen haben einen blos intelligibelen Gegenſtand, welchen
als ein transſcendentales Obiect, von dem man uͤbrigens
nichts weis, zuzulaſſen, es allerdings erlaubt iſt, wozu
aber, um es, als ein, durch ſeine unterſcheidende und in-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/595>, abgerufen am 22.11.2024.
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