siven Regressus möglich sind, der nur dadurch gegeben ist, daß man ihn wirklich vollführt.
Nach der Ueberweisung eines solchen Fehltritts, des gemeinschaftlich zum Grunde (der cosmologischen Behaup- tungen) gelegten Arguments, können beide streitende Theile mit Recht, als solche, die ihre Foderung auf keinen gründ- lichen Titel gründen, abgewiesen werden. Dadurch aber ist ihr Zwist noch nicht in so fern geendigt, daß sie über- führt worden wären, sie, oder einer von beiden, hätte in der Sache selbst, die er behauptet, (im Schlußsatze) Unrecht, wenn er sie gleich nicht auf tüchtige Beweisgrün- de zu bauen wußte. Es scheinet doch nichts klärer, als daß von zween, deren der eine behauptet: die Welt hat einen Anfang, der andere: die Welt hat keinen An- fang, sondern sie ist von Ewigkeit her, doch einer Recht haben müsse. Ist aber dieses: so ist es, weil die Klar- heit auf beiden Seiten gleich ist, doch unmöglich, iemals auszumitteln, auf welcher Seite das Recht sey und der Streit dauert nach wie vor, wenn die Partheyen gleich bey dem Gerichtshofe der Vernunft zur Ruhe verwiesen worden. Es bleibt also kein Mittel übrig, den Streit gründlich und zur Zufriedenheit beider Theile zu endigen, als daß, da sie einander doch so schön widerlegen können, endlich überführt werden, daß sie um Nichts streiten, und ein gewisser transscendentaler Schein ihnen da eine Wirk- lichkeit vorgemahlt habe, wo keine anzutreffen ist. Die-
sen
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VII. Abſch. Critiſche Entſcheidung des cosmol. ꝛc
ſiven Regreſſus moͤglich ſind, der nur dadurch gegeben iſt, daß man ihn wirklich vollfuͤhrt.
Nach der Ueberweiſung eines ſolchen Fehltritts, des gemeinſchaftlich zum Grunde (der cosmologiſchen Behaup- tungen) gelegten Arguments, koͤnnen beide ſtreitende Theile mit Recht, als ſolche, die ihre Foderung auf keinen gruͤnd- lichen Titel gruͤnden, abgewieſen werden. Dadurch aber iſt ihr Zwiſt noch nicht in ſo fern geendigt, daß ſie uͤber- fuͤhrt worden waͤren, ſie, oder einer von beiden, haͤtte in der Sache ſelbſt, die er behauptet, (im Schlußſatze) Unrecht, wenn er ſie gleich nicht auf tuͤchtige Beweisgruͤn- de zu bauen wußte. Es ſcheinet doch nichts klaͤrer, als daß von zween, deren der eine behauptet: die Welt hat einen Anfang, der andere: die Welt hat keinen An- fang, ſondern ſie iſt von Ewigkeit her, doch einer Recht haben muͤſſe. Iſt aber dieſes: ſo iſt es, weil die Klar- heit auf beiden Seiten gleich iſt, doch unmoͤglich, iemals auszumitteln, auf welcher Seite das Recht ſey und der Streit dauert nach wie vor, wenn die Partheyen gleich bey dem Gerichtshofe der Vernunft zur Ruhe verwieſen worden. Es bleibt alſo kein Mittel uͤbrig, den Streit gruͤndlich und zur Zufriedenheit beider Theile zu endigen, als daß, da ſie einander doch ſo ſchoͤn widerlegen koͤnnen, endlich uͤberfuͤhrt werden, daß ſie um Nichts ſtreiten, und ein gewiſſer transſcendentaler Schein ihnen da eine Wirk- lichkeit vorgemahlt habe, wo keine anzutreffen iſt. Die-
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VII. Abſch. Critiſche Entſcheidung des cosmol. ꝛc
ſiven Regreſſus moͤglich ſind, der nur dadurch gegeben iſt,
daß man ihn wirklich vollfuͤhrt.
Nach der Ueberweiſung eines ſolchen Fehltritts, des
gemeinſchaftlich zum Grunde (der cosmologiſchen Behaup-
tungen) gelegten Arguments, koͤnnen beide ſtreitende Theile
mit Recht, als ſolche, die ihre Foderung auf keinen gruͤnd-
lichen Titel gruͤnden, abgewieſen werden. Dadurch aber
iſt ihr Zwiſt noch nicht in ſo fern geendigt, daß ſie uͤber-
fuͤhrt worden waͤren, ſie, oder einer von beiden, haͤtte
in der Sache ſelbſt, die er behauptet, (im Schlußſatze)
Unrecht, wenn er ſie gleich nicht auf tuͤchtige Beweisgruͤn-
de zu bauen wußte. Es ſcheinet doch nichts klaͤrer, als
daß von zween, deren der eine behauptet: die Welt
hat einen Anfang, der andere: die Welt hat keinen An-
fang, ſondern ſie iſt von Ewigkeit her, doch einer Recht
haben muͤſſe. Iſt aber dieſes: ſo iſt es, weil die Klar-
heit auf beiden Seiten gleich iſt, doch unmoͤglich, iemals
auszumitteln, auf welcher Seite das Recht ſey und der
Streit dauert nach wie vor, wenn die Partheyen gleich
bey dem Gerichtshofe der Vernunft zur Ruhe verwieſen
worden. Es bleibt alſo kein Mittel uͤbrig, den Streit
gruͤndlich und zur Zufriedenheit beider Theile zu endigen,
als daß, da ſie einander doch ſo ſchoͤn widerlegen koͤnnen,
endlich uͤberfuͤhrt werden, daß ſie um Nichts ſtreiten, und
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/531>, abgerufen am 25.11.2024.
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