VI. Absch. Schlüssel der Auflösung der cosmol. etc.
lichen Gegenstand bedeuten, wenn nemlich diese Wahrneh- mung mit allen andern nach den Regeln der Erfahrungs- einheit zusammen hängt. So kan man sagen: die wirk- liche Dinge der vergangenen Zeit sind in dem transscen- dentalen Gegenstande der Erfahrung gegeben; sie sind aber vor mich nur Gegenstände und in der vergangenen Zeit wirklich, so fern als ich mir vorstelle: daß eine regressi- ve Reihe möglicher Wahrnehmungen, (es sey am Leitfa- den der Geschichte, oder an den Fußstapfen der Ursachen und Wirkungen), nach empirischen Gesetzen, mit einem Worte, der Weltlauf auf eine verflossene Zeitreihe, als Bedingung der gegenwärtigen Zeit führet, welche alsdenn doch nur in dem Zusammenhange einer möglichen Erfahrung und nicht an sich selbst als wirklich vorgestellt wird, so, daß alle von undenklicher Zeit her vor meinem Daseyn ver- flossene Begebenheiten doch nichts anders bedeuten, als die Möglichkeit der Verlängerung der Kette der Erfahrung, von der gegenwärtigen Wahrnehmung an, aufwerts zu den Bedingungen, welche diese der Zeit nach bestimmen.
Wenn ich mir demnach alle existirende Gegenstände der Sinne in aller Zeit und allen Räumen insgesamt vor- stelle: so setze ich solche nicht vor der Erfahrung in beide hinein, sondern diese Vorstellung ist nichts anders, als der Gedanke von einer möglichen Erfahrung, in ihrer ab- soluten Vollständigkeit. In ihr allein sind iene Gegenstän- de (welche nichts als blosse Vorstellungen sind) gegeben.
Daß
VI. Abſch. Schluͤſſel der Aufloͤſung der cosmol. ꝛc.
lichen Gegenſtand bedeuten, wenn nemlich dieſe Wahrneh- mung mit allen andern nach den Regeln der Erfahrungs- einheit zuſammen haͤngt. So kan man ſagen: die wirk- liche Dinge der vergangenen Zeit ſind in dem transſcen- dentalen Gegenſtande der Erfahrung gegeben; ſie ſind aber vor mich nur Gegenſtaͤnde und in der vergangenen Zeit wirklich, ſo fern als ich mir vorſtelle: daß eine regreſſi- ve Reihe moͤglicher Wahrnehmungen, (es ſey am Leitfa- den der Geſchichte, oder an den Fußſtapfen der Urſachen und Wirkungen), nach empiriſchen Geſetzen, mit einem Worte, der Weltlauf auf eine verfloſſene Zeitreihe, als Bedingung der gegenwaͤrtigen Zeit fuͤhret, welche alsdenn doch nur in dem Zuſammenhange einer moͤglichen Erfahrung und nicht an ſich ſelbſt als wirklich vorgeſtellt wird, ſo, daß alle von undenklicher Zeit her vor meinem Daſeyn ver- floſſene Begebenheiten doch nichts anders bedeuten, als die Moͤglichkeit der Verlaͤngerung der Kette der Erfahrung, von der gegenwaͤrtigen Wahrnehmung an, aufwerts zu den Bedingungen, welche dieſe der Zeit nach beſtimmen.
Wenn ich mir demnach alle exiſtirende Gegenſtaͤnde der Sinne in aller Zeit und allen Raͤumen insgeſamt vor- ſtelle: ſo ſetze ich ſolche nicht vor der Erfahrung in beide hinein, ſondern dieſe Vorſtellung iſt nichts anders, als der Gedanke von einer moͤglichen Erfahrung, in ihrer ab- ſoluten Vollſtaͤndigkeit. In ihr allein ſind iene Gegenſtaͤn- de (welche nichts als bloſſe Vorſtellungen ſind) gegeben.
Daß
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><divn="8"><p><pbfacs="#f0525"n="495"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">VI.</hi> Abſch. Schluͤſſel der Aufloͤſung der cosmol. ꝛc.</fw><lb/>
lichen Gegenſtand bedeuten, wenn nemlich dieſe Wahrneh-<lb/>
mung mit allen andern nach den Regeln der Erfahrungs-<lb/>
einheit zuſammen haͤngt. So kan man ſagen: die wirk-<lb/>
liche Dinge der vergangenen Zeit ſind in dem transſcen-<lb/>
dentalen Gegenſtande der Erfahrung gegeben; ſie ſind<lb/>
aber vor mich nur Gegenſtaͤnde und in der vergangenen<lb/>
Zeit wirklich, ſo fern als ich mir vorſtelle: daß eine regreſſi-<lb/>
ve Reihe moͤglicher Wahrnehmungen, (es ſey am Leitfa-<lb/>
den der Geſchichte, oder an den Fußſtapfen der Urſachen<lb/>
und Wirkungen), nach empiriſchen Geſetzen, mit einem<lb/>
Worte, der Weltlauf auf eine verfloſſene Zeitreihe, als<lb/>
Bedingung der gegenwaͤrtigen Zeit fuͤhret, welche alsdenn<lb/>
doch nur in dem Zuſammenhange einer moͤglichen Erfahrung<lb/>
und nicht an ſich ſelbſt als wirklich vorgeſtellt wird, ſo,<lb/>
daß alle von undenklicher Zeit her vor meinem Daſeyn ver-<lb/>
floſſene Begebenheiten doch nichts anders bedeuten, als<lb/>
die Moͤglichkeit der Verlaͤngerung der Kette der Erfahrung,<lb/>
von der gegenwaͤrtigen Wahrnehmung an, aufwerts zu<lb/>
den Bedingungen, welche dieſe der Zeit nach beſtimmen.</p><lb/><p>Wenn ich mir demnach alle exiſtirende Gegenſtaͤnde<lb/>
der Sinne in aller Zeit und allen Raͤumen insgeſamt vor-<lb/>ſtelle: ſo ſetze ich ſolche nicht vor der Erfahrung in beide<lb/>
hinein, ſondern dieſe Vorſtellung iſt nichts anders, als<lb/>
der Gedanke von einer moͤglichen Erfahrung, in ihrer ab-<lb/>ſoluten Vollſtaͤndigkeit. In ihr allein ſind iene Gegenſtaͤn-<lb/>
de (welche nichts als bloſſe Vorſtellungen ſind) gegeben.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Daß</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[495/0525]
VI. Abſch. Schluͤſſel der Aufloͤſung der cosmol. ꝛc.
lichen Gegenſtand bedeuten, wenn nemlich dieſe Wahrneh-
mung mit allen andern nach den Regeln der Erfahrungs-
einheit zuſammen haͤngt. So kan man ſagen: die wirk-
liche Dinge der vergangenen Zeit ſind in dem transſcen-
dentalen Gegenſtande der Erfahrung gegeben; ſie ſind
aber vor mich nur Gegenſtaͤnde und in der vergangenen
Zeit wirklich, ſo fern als ich mir vorſtelle: daß eine regreſſi-
ve Reihe moͤglicher Wahrnehmungen, (es ſey am Leitfa-
den der Geſchichte, oder an den Fußſtapfen der Urſachen
und Wirkungen), nach empiriſchen Geſetzen, mit einem
Worte, der Weltlauf auf eine verfloſſene Zeitreihe, als
Bedingung der gegenwaͤrtigen Zeit fuͤhret, welche alsdenn
doch nur in dem Zuſammenhange einer moͤglichen Erfahrung
und nicht an ſich ſelbſt als wirklich vorgeſtellt wird, ſo,
daß alle von undenklicher Zeit her vor meinem Daſeyn ver-
floſſene Begebenheiten doch nichts anders bedeuten, als
die Moͤglichkeit der Verlaͤngerung der Kette der Erfahrung,
von der gegenwaͤrtigen Wahrnehmung an, aufwerts zu
den Bedingungen, welche dieſe der Zeit nach beſtimmen.
Wenn ich mir demnach alle exiſtirende Gegenſtaͤnde
der Sinne in aller Zeit und allen Raͤumen insgeſamt vor-
ſtelle: ſo ſetze ich ſolche nicht vor der Erfahrung in beide
hinein, ſondern dieſe Vorſtellung iſt nichts anders, als
der Gedanke von einer moͤglichen Erfahrung, in ihrer ab-
ſoluten Vollſtaͤndigkeit. In ihr allein ſind iene Gegenſtaͤn-
de (welche nichts als bloſſe Vorſtellungen ſind) gegeben.
Daß
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/525>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.