Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Absch. Von der Auflösung aller Aufgaben etc.
logische Ideen haben allein das Eigenthümliche an sich, daß
sie ihren Gegenstand und die zu dessen Begriff erfoderliche
empirische Synthesis, als gegeben voraussetzen können
und die Frage, die aus ihnen entspringt, betrift nur den
Fortgang dieser Synthesis, so fern er absolute Totalität
enthalten soll, welche leztere nichts Empirisches mehr ist,
indem sie in keiner Erfahrung gegeben werden kan. Da
nun hier lediglich von einem Dinge als Gegenstande einer
möglichen Erfahrung und nicht als einer Sache an sich
selbst die Rede ist, so kan die Beantwortung der trans-
scendenten cosmologischen Frage, ausser der Idee sonst nir-
gend liegen, denn sie betrift keinen Gegenstand an sich
selbst, und in Ansehung der möglichen Erfahrung so wird
nicht nach demienigen gefragt, was in concreto in irgend
einer Erfahrung gegeben werden kan, sondern was in der
Idee liegt, der sich die empirische Synthesis blos nähern
soll: also muß sie aus der Idee allein aufgelöset werden
können; denn diese ist ein blosses Geschöpf der Vernunft,
welche also die Verantwortung nicht von sich abweisen und
auf den unbekanten Gegenstand schieben kan.



Es
stellt ist) Bedingungen ihrer Anwendung antreffen. Also
ist hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt: daß
keine Antwort auch eine Antwort sey, nemlich daß eine
Frage nach der Beschaffenheit desienigen Etwas, was
durch kein bestimtes Prädicat gedacht werden kan, weil
es gänzlich ausser der Sphäre der Gegenstände gesezt wird,
die uns gegeben werden können, gänzlich nichtig und
leer sey.

IV. Abſch. Von der Aufloͤſung aller Aufgaben ꝛc.
logiſche Ideen haben allein das Eigenthuͤmliche an ſich, daß
ſie ihren Gegenſtand und die zu deſſen Begriff erfoderliche
empiriſche Syntheſis, als gegeben vorausſetzen koͤnnen
und die Frage, die aus ihnen entſpringt, betrift nur den
Fortgang dieſer Syntheſis, ſo fern er abſolute Totalitaͤt
enthalten ſoll, welche leztere nichts Empiriſches mehr iſt,
indem ſie in keiner Erfahrung gegeben werden kan. Da
nun hier lediglich von einem Dinge als Gegenſtande einer
moͤglichen Erfahrung und nicht als einer Sache an ſich
ſelbſt die Rede iſt, ſo kan die Beantwortung der trans-
ſcendenten cosmologiſchen Frage, auſſer der Idee ſonſt nir-
gend liegen, denn ſie betrift keinen Gegenſtand an ſich
ſelbſt, und in Anſehung der moͤglichen Erfahrung ſo wird
nicht nach demienigen gefragt, was in concreto in irgend
einer Erfahrung gegeben werden kan, ſondern was in der
Idee liegt, der ſich die empiriſche Syntheſis blos naͤhern
ſoll: alſo muß ſie aus der Idee allein aufgeloͤſet werden
koͤnnen; denn dieſe iſt ein bloſſes Geſchoͤpf der Vernunft,
welche alſo die Verantwortung nicht von ſich abweiſen und
auf den unbekanten Gegenſtand ſchieben kan.



Es
ſtellt iſt) Bedingungen ihrer Anwendung antreffen. Alſo
iſt hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt: daß
keine Antwort auch eine Antwort ſey, nemlich daß eine
Frage nach der Beſchaffenheit desienigen Etwas, was
durch kein beſtimtes Praͤdicat gedacht werden kan, weil
es gaͤnzlich auſſer der Sphaͤre der Gegenſtaͤnde geſezt wird,
die uns gegeben werden koͤnnen, gaͤnzlich nichtig und
leer ſey.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <div n="7">
                    <div n="8">
                      <p><pb facs="#f0509" n="479"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Ab&#x017F;ch. Von der Auflo&#x0364;&#x017F;ung aller Aufgaben &#xA75B;c.</fw><lb/>
logi&#x017F;che Ideen haben allein das Eigenthu&#x0364;mliche an &#x017F;ich, daß<lb/>
&#x017F;ie ihren Gegen&#x017F;tand und die zu de&#x017F;&#x017F;en Begriff erfoderliche<lb/>
empiri&#x017F;che Synthe&#x017F;is, als gegeben voraus&#x017F;etzen ko&#x0364;nnen<lb/>
und die Frage, die aus ihnen ent&#x017F;pringt, betrift nur den<lb/>
Fortgang die&#x017F;er Synthe&#x017F;is, &#x017F;o fern er ab&#x017F;olute Totalita&#x0364;t<lb/>
enthalten &#x017F;oll, welche leztere nichts Empiri&#x017F;ches mehr i&#x017F;t,<lb/>
indem &#x017F;ie in keiner Erfahrung gegeben werden kan. Da<lb/>
nun hier lediglich von einem Dinge als Gegen&#x017F;tande einer<lb/>
mo&#x0364;glichen Erfahrung und nicht als einer Sache an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t die Rede i&#x017F;t, &#x017F;o kan die Beantwortung der trans-<lb/>
&#x017F;cendenten cosmologi&#x017F;chen Frage, au&#x017F;&#x017F;er der Idee &#x017F;on&#x017F;t nir-<lb/>
gend liegen, denn &#x017F;ie betrift keinen Gegen&#x017F;tand an &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t, und in An&#x017F;ehung der mo&#x0364;glichen Erfahrung &#x017F;o wird<lb/>
nicht nach demienigen gefragt, was <hi rendition="#aq">in concreto</hi> in irgend<lb/>
einer Erfahrung gegeben werden kan, &#x017F;ondern was in der<lb/>
Idee liegt, der &#x017F;ich die empiri&#x017F;che Synthe&#x017F;is blos na&#x0364;hern<lb/>
&#x017F;oll: al&#x017F;o muß &#x017F;ie aus der Idee allein aufgelo&#x0364;&#x017F;et werden<lb/>
ko&#x0364;nnen; denn die&#x017F;e i&#x017F;t ein blo&#x017F;&#x017F;es Ge&#x017F;cho&#x0364;pf der Vernunft,<lb/>
welche al&#x017F;o die Verantwortung nicht von &#x017F;ich abwei&#x017F;en und<lb/>
auf den unbekanten Gegen&#x017F;tand &#x017F;chieben kan.</p><lb/>
                      <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/>
                      <p>
                        <note xml:id="seg2pn_12_2" prev="#seg2pn_12_1" place="foot" n="*)">&#x017F;tellt i&#x017F;t) Bedingungen ihrer Anwendung antreffen. Al&#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt: daß<lb/>
keine Antwort auch eine Antwort &#x017F;ey, nemlich daß eine<lb/>
Frage nach der Be&#x017F;chaffenheit desienigen Etwas, was<lb/>
durch kein be&#x017F;timtes Pra&#x0364;dicat gedacht werden kan, weil<lb/>
es ga&#x0364;nzlich au&#x017F;&#x017F;er der Spha&#x0364;re der Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde ge&#x017F;ezt wird,<lb/>
die uns gegeben werden ko&#x0364;nnen, ga&#x0364;nzlich nichtig und<lb/>
leer &#x017F;ey.</note>
                      </p><lb/>
                    </div>
                  </div>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[479/0509] IV. Abſch. Von der Aufloͤſung aller Aufgaben ꝛc. logiſche Ideen haben allein das Eigenthuͤmliche an ſich, daß ſie ihren Gegenſtand und die zu deſſen Begriff erfoderliche empiriſche Syntheſis, als gegeben vorausſetzen koͤnnen und die Frage, die aus ihnen entſpringt, betrift nur den Fortgang dieſer Syntheſis, ſo fern er abſolute Totalitaͤt enthalten ſoll, welche leztere nichts Empiriſches mehr iſt, indem ſie in keiner Erfahrung gegeben werden kan. Da nun hier lediglich von einem Dinge als Gegenſtande einer moͤglichen Erfahrung und nicht als einer Sache an ſich ſelbſt die Rede iſt, ſo kan die Beantwortung der trans- ſcendenten cosmologiſchen Frage, auſſer der Idee ſonſt nir- gend liegen, denn ſie betrift keinen Gegenſtand an ſich ſelbſt, und in Anſehung der moͤglichen Erfahrung ſo wird nicht nach demienigen gefragt, was in concreto in irgend einer Erfahrung gegeben werden kan, ſondern was in der Idee liegt, der ſich die empiriſche Syntheſis blos naͤhern ſoll: alſo muß ſie aus der Idee allein aufgeloͤſet werden koͤnnen; denn dieſe iſt ein bloſſes Geſchoͤpf der Vernunft, welche alſo die Verantwortung nicht von ſich abweiſen und auf den unbekanten Gegenſtand ſchieben kan. Es *) *) ſtellt iſt) Bedingungen ihrer Anwendung antreffen. Alſo iſt hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt: daß keine Antwort auch eine Antwort ſey, nemlich daß eine Frage nach der Beſchaffenheit desienigen Etwas, was durch kein beſtimtes Praͤdicat gedacht werden kan, weil es gaͤnzlich auſſer der Sphaͤre der Gegenſtaͤnde geſezt wird, die uns gegeben werden koͤnnen, gaͤnzlich nichtig und leer ſey.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/509
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/509>, abgerufen am 25.11.2024.