logische Ideen haben allein das Eigenthümliche an sich, daß sie ihren Gegenstand und die zu dessen Begriff erfoderliche empirische Synthesis, als gegeben voraussetzen können und die Frage, die aus ihnen entspringt, betrift nur den Fortgang dieser Synthesis, so fern er absolute Totalität enthalten soll, welche leztere nichts Empirisches mehr ist, indem sie in keiner Erfahrung gegeben werden kan. Da nun hier lediglich von einem Dinge als Gegenstande einer möglichen Erfahrung und nicht als einer Sache an sich selbst die Rede ist, so kan die Beantwortung der trans- scendenten cosmologischen Frage, ausser der Idee sonst nir- gend liegen, denn sie betrift keinen Gegenstand an sich selbst, und in Ansehung der möglichen Erfahrung so wird nicht nach demienigen gefragt, was in concreto in irgend einer Erfahrung gegeben werden kan, sondern was in der Idee liegt, der sich die empirische Synthesis blos nähern soll: also muß sie aus der Idee allein aufgelöset werden können; denn diese ist ein blosses Geschöpf der Vernunft, welche also die Verantwortung nicht von sich abweisen und auf den unbekanten Gegenstand schieben kan.
Es
stellt ist) Bedingungen ihrer Anwendung antreffen. Also ist hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt: daß keine Antwort auch eine Antwort sey, nemlich daß eine Frage nach der Beschaffenheit desienigen Etwas, was durch kein bestimtes Prädicat gedacht werden kan, weil es gänzlich ausser der Sphäre der Gegenstände gesezt wird, die uns gegeben werden können, gänzlich nichtig und leer sey.
IV. Abſch. Von der Aufloͤſung aller Aufgaben ꝛc.
logiſche Ideen haben allein das Eigenthuͤmliche an ſich, daß ſie ihren Gegenſtand und die zu deſſen Begriff erfoderliche empiriſche Syntheſis, als gegeben vorausſetzen koͤnnen und die Frage, die aus ihnen entſpringt, betrift nur den Fortgang dieſer Syntheſis, ſo fern er abſolute Totalitaͤt enthalten ſoll, welche leztere nichts Empiriſches mehr iſt, indem ſie in keiner Erfahrung gegeben werden kan. Da nun hier lediglich von einem Dinge als Gegenſtande einer moͤglichen Erfahrung und nicht als einer Sache an ſich ſelbſt die Rede iſt, ſo kan die Beantwortung der trans- ſcendenten cosmologiſchen Frage, auſſer der Idee ſonſt nir- gend liegen, denn ſie betrift keinen Gegenſtand an ſich ſelbſt, und in Anſehung der moͤglichen Erfahrung ſo wird nicht nach demienigen gefragt, was in concreto in irgend einer Erfahrung gegeben werden kan, ſondern was in der Idee liegt, der ſich die empiriſche Syntheſis blos naͤhern ſoll: alſo muß ſie aus der Idee allein aufgeloͤſet werden koͤnnen; denn dieſe iſt ein bloſſes Geſchoͤpf der Vernunft, welche alſo die Verantwortung nicht von ſich abweiſen und auf den unbekanten Gegenſtand ſchieben kan.
Es
ſtellt iſt) Bedingungen ihrer Anwendung antreffen. Alſo iſt hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt: daß keine Antwort auch eine Antwort ſey, nemlich daß eine Frage nach der Beſchaffenheit desienigen Etwas, was durch kein beſtimtes Praͤdicat gedacht werden kan, weil es gaͤnzlich auſſer der Sphaͤre der Gegenſtaͤnde geſezt wird, die uns gegeben werden koͤnnen, gaͤnzlich nichtig und leer ſey.
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IV. Abſch. Von der Aufloͤſung aller Aufgaben ꝛc.
logiſche Ideen haben allein das Eigenthuͤmliche an ſich, daß
ſie ihren Gegenſtand und die zu deſſen Begriff erfoderliche
empiriſche Syntheſis, als gegeben vorausſetzen koͤnnen
und die Frage, die aus ihnen entſpringt, betrift nur den
Fortgang dieſer Syntheſis, ſo fern er abſolute Totalitaͤt
enthalten ſoll, welche leztere nichts Empiriſches mehr iſt,
indem ſie in keiner Erfahrung gegeben werden kan. Da
nun hier lediglich von einem Dinge als Gegenſtande einer
moͤglichen Erfahrung und nicht als einer Sache an ſich
ſelbſt die Rede iſt, ſo kan die Beantwortung der trans-
ſcendenten cosmologiſchen Frage, auſſer der Idee ſonſt nir-
gend liegen, denn ſie betrift keinen Gegenſtand an ſich
ſelbſt, und in Anſehung der moͤglichen Erfahrung ſo wird
nicht nach demienigen gefragt, was in concreto in irgend
einer Erfahrung gegeben werden kan, ſondern was in der
Idee liegt, der ſich die empiriſche Syntheſis blos naͤhern
ſoll: alſo muß ſie aus der Idee allein aufgeloͤſet werden
koͤnnen; denn dieſe iſt ein bloſſes Geſchoͤpf der Vernunft,
welche alſo die Verantwortung nicht von ſich abweiſen und
auf den unbekanten Gegenſtand ſchieben kan.
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*) ſtellt iſt) Bedingungen ihrer Anwendung antreffen. Alſo
iſt hier der Fall, da der gemeine Ausdruck gilt: daß
keine Antwort auch eine Antwort ſey, nemlich daß eine
Frage nach der Beſchaffenheit desienigen Etwas, was
durch kein beſtimtes Praͤdicat gedacht werden kan, weil
es gaͤnzlich auſſer der Sphaͤre der Gegenſtaͤnde geſezt wird,
die uns gegeben werden koͤnnen, gaͤnzlich nichtig und
leer ſey.
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/509>, abgerufen am 29.06.2024.
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