les Eingebildete absondert, lediglich darauf hinauslaufen: wie in einem denkenden Subiect überhaupt, äussere An- schauung, nemlich die des Raumes (einer Erfüllung desselben Gestalt und Bewegung) möglich sey. Auf diese Frage aber ist es keinem Menschen möglich eine Antwort zu finden, und man kan diese Lücke unseres Wissens niemals ausfüllen, sondern nur dadurch bezeichnen, daß man die äussere Er- scheinungen einem transscendentalen Gegenstande zuschreibt, welcher die Ursache dieser Art Vorstellungen ist, den wir aber gar nicht kennen, noch iemals einigen Begriff von ihm bekommen werden. In allen Aufgaben, die im Fel- de der Erfahrung vorkommen mögen, behandeln wir iene Erscheinungen als Gegenstände an sich selbst, ohne uns um den ersten Grund ihrer Möglich[k]eit (als Erscheinungen) zu bekümmern. Gehen wir aber über deren Gränze hinaus, so wird der Begriff eines transscendentalen Gegenstandes nothwendig.
Von diesen Erinnerungen, über die Gemeinschaft zwi- schen dem denkenden und den ausgedehnten Wesen, ist die Entscheidung aller Streitigkeiten oder Einwürfe, welche den Zustand der denkenden Natur vor dieser Gemeinschaft (dem Leben), oder nach aufgehobener solchen Gemeinschaft (im Tode) betreffen, eine unmittelbare Folge. Die Mei- nung, daß das denkende Subiect vor aller Gemeinschaft mit Cörpern habe denken können, würde sich so ausdrücken: daß vor dem Anfange dieser Art der Sinnlichkeit, wodurch uns
etwas
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I. Hauptſt. V. d. Paralogismen d. r. Vernunft.
les Eingebildete abſondert, lediglich darauf hinauslaufen: wie in einem denkenden Subiect uͤberhaupt, aͤuſſere An- ſchauung, nemlich die des Raumes (einer Erfuͤllung deſſelben Geſtalt und Bewegung) moͤglich ſey. Auf dieſe Frage aber iſt es keinem Menſchen moͤglich eine Antwort zu finden, und man kan dieſe Luͤcke unſeres Wiſſens niemals ausfuͤllen, ſondern nur dadurch bezeichnen, daß man die aͤuſſere Er- ſcheinungen einem transſcendentalen Gegenſtande zuſchreibt, welcher die Urſache dieſer Art Vorſtellungen iſt, den wir aber gar nicht kennen, noch iemals einigen Begriff von ihm bekommen werden. In allen Aufgaben, die im Fel- de der Erfahrung vorkommen moͤgen, behandeln wir iene Erſcheinungen als Gegenſtaͤnde an ſich ſelbſt, ohne uns um den erſten Grund ihrer Moͤglich[k]eit (als Erſcheinungen) zu bekuͤmmern. Gehen wir aber uͤber deren Graͤnze hinaus, ſo wird der Begriff eines transſcendentalen Gegenſtandes nothwendig.
Von dieſen Erinnerungen, uͤber die Gemeinſchaft zwi- ſchen dem denkenden und den ausgedehnten Weſen, iſt die Entſcheidung aller Streitigkeiten oder Einwuͤrfe, welche den Zuſtand der denkenden Natur vor dieſer Gemeinſchaft (dem Leben), oder nach aufgehobener ſolchen Gemeinſchaft (im Tode) betreffen, eine unmittelbare Folge. Die Mei- nung, daß das denkende Subiect vor aller Gemeinſchaft mit Coͤrpern habe denken koͤnnen, wuͤrde ſich ſo ausdruͤcken: daß vor dem Anfange dieſer Art der Sinnlichkeit, wodurch uns
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I. Hauptſt. V. d. Paralogismen d. r. Vernunft.
les Eingebildete abſondert, lediglich darauf hinauslaufen:
wie in einem denkenden Subiect uͤberhaupt, aͤuſſere An-
ſchauung, nemlich die des Raumes (einer Erfuͤllung deſſelben
Geſtalt und Bewegung) moͤglich ſey. Auf dieſe Frage aber
iſt es keinem Menſchen moͤglich eine Antwort zu finden, und
man kan dieſe Luͤcke unſeres Wiſſens niemals ausfuͤllen,
ſondern nur dadurch bezeichnen, daß man die aͤuſſere Er-
ſcheinungen einem transſcendentalen Gegenſtande zuſchreibt,
welcher die Urſache dieſer Art Vorſtellungen iſt, den wir
aber gar nicht kennen, noch iemals einigen Begriff von
ihm bekommen werden. In allen Aufgaben, die im Fel-
de der Erfahrung vorkommen moͤgen, behandeln wir iene
Erſcheinungen als Gegenſtaͤnde an ſich ſelbſt, ohne uns
um den erſten Grund ihrer Moͤglichkeit (als Erſcheinungen)
zu bekuͤmmern. Gehen wir aber uͤber deren Graͤnze hinaus,
ſo wird der Begriff eines transſcendentalen Gegenſtandes
nothwendig.
Von dieſen Erinnerungen, uͤber die Gemeinſchaft zwi-
ſchen dem denkenden und den ausgedehnten Weſen, iſt die
Entſcheidung aller Streitigkeiten oder Einwuͤrfe, welche
den Zuſtand der denkenden Natur vor dieſer Gemeinſchaft
(dem Leben), oder nach aufgehobener ſolchen Gemeinſchaft
(im Tode) betreffen, eine unmittelbare Folge. Die Mei-
nung, daß das denkende Subiect vor aller Gemeinſchaft mit
Coͤrpern habe denken koͤnnen, wuͤrde ſich ſo ausdruͤcken: daß
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/423>, abgerufen am 22.11.2024.
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