(in stricter Bedeutung) entspreche. Denn wenn es der- gleichen gäbe, so würde es doch nicht als ausser uns vor- gestellet und angeschauet werden können, weil dieses den Raum voraussezt, und die Wirklichkeit im Raume, als einer blossen Vorstellung, nichts anders als die Wahr- nehmung selbst ist. Das Reale äusserer Erscheinungen ist also wirklich nur in der Wahrnehmung und kan auf keine andere Weise wirklich seyn.
Aus Wahrnehmungen kan nun, entweder durch ein blosses Spiel der Einbildung, oder auch vermittelst der Erfahrung, Erkentniß der Gegenstände erzeugt werden. Und da können allerdings trügliche Vorstellungen entsprin- gen, denen die Gegenstände nicht entsprechen und wobey die Täuschung bald einem Blendwerke der Einbildung, (im Traume) bald einem Fehltritte der Urtheilskraft (beym sogenanten Betruge der Sinne) beyzumessen ist. Um nun hierin dem falschen Scheine zu entgehen, verfährt man nach der Regel: Was mit einer Wahrnehmung nach empirischen Gesetzen zusammenhängt, ist wirklich. Allein diese Täuschung sowol, als die Verwahrung wi- der dieselbe, trift eben sowol den Idealism als den Dua- lism, indem es dabey nur um die Form der Erfahrung zu thun ist. Den empirischen Idealismus, als eine fal- sche Bedenklichkeit wegen der obiectiven Realität unserer äusseren Wahrnehmungen, zu widerlegen, ist schon hin- reichend: daß äussere Wahrnehmung eine Wirklichkeit im
Rau-
Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
(in ſtricter Bedeutung) entſpreche. Denn wenn es der- gleichen gaͤbe, ſo wuͤrde es doch nicht als auſſer uns vor- geſtellet und angeſchauet werden koͤnnen, weil dieſes den Raum vorausſezt, und die Wirklichkeit im Raume, als einer bloſſen Vorſtellung, nichts anders als die Wahr- nehmung ſelbſt iſt. Das Reale aͤuſſerer Erſcheinungen iſt alſo wirklich nur in der Wahrnehmung und kan auf keine andere Weiſe wirklich ſeyn.
Aus Wahrnehmungen kan nun, entweder durch ein bloſſes Spiel der Einbildung, oder auch vermittelſt der Erfahrung, Erkentniß der Gegenſtaͤnde erzeugt werden. Und da koͤnnen allerdings truͤgliche Vorſtellungen entſprin- gen, denen die Gegenſtaͤnde nicht entſprechen und wobey die Taͤuſchung bald einem Blendwerke der Einbildung, (im Traume) bald einem Fehltritte der Urtheilskraft (beym ſogenanten Betruge der Sinne) beyzumeſſen iſt. Um nun hierin dem falſchen Scheine zu entgehen, verfaͤhrt man nach der Regel: Was mit einer Wahrnehmung nach empiriſchen Geſetzen zuſammenhaͤngt, iſt wirklich. Allein dieſe Taͤuſchung ſowol, als die Verwahrung wi- der dieſelbe, trift eben ſowol den Idealism als den Dua- lism, indem es dabey nur um die Form der Erfahrung zu thun iſt. Den empiriſchen Idealismus, als eine fal- ſche Bedenklichkeit wegen der obiectiven Realitaͤt unſerer aͤuſſeren Wahrnehmungen, zu widerlegen, iſt ſchon hin- reichend: daß aͤuſſere Wahrnehmung eine Wirklichkeit im
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Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch.
(in ſtricter Bedeutung) entſpreche. Denn wenn es der-
gleichen gaͤbe, ſo wuͤrde es doch nicht als auſſer uns vor-
geſtellet und angeſchauet werden koͤnnen, weil dieſes den
Raum vorausſezt, und die Wirklichkeit im Raume, als
einer bloſſen Vorſtellung, nichts anders als die Wahr-
nehmung ſelbſt iſt. Das Reale aͤuſſerer Erſcheinungen
iſt alſo wirklich nur in der Wahrnehmung und kan auf
keine andere Weiſe wirklich ſeyn.
Aus Wahrnehmungen kan nun, entweder durch ein
bloſſes Spiel der Einbildung, oder auch vermittelſt der
Erfahrung, Erkentniß der Gegenſtaͤnde erzeugt werden.
Und da koͤnnen allerdings truͤgliche Vorſtellungen entſprin-
gen, denen die Gegenſtaͤnde nicht entſprechen und wobey
die Taͤuſchung bald einem Blendwerke der Einbildung,
(im Traume) bald einem Fehltritte der Urtheilskraft
(beym ſogenanten Betruge der Sinne) beyzumeſſen iſt.
Um nun hierin dem falſchen Scheine zu entgehen, verfaͤhrt
man nach der Regel: Was mit einer Wahrnehmung
nach empiriſchen Geſetzen zuſammenhaͤngt, iſt wirklich.
Allein dieſe Taͤuſchung ſowol, als die Verwahrung wi-
der dieſelbe, trift eben ſowol den Idealism als den Dua-
lism, indem es dabey nur um die Form der Erfahrung
zu thun iſt. Den empiriſchen Idealismus, als eine fal-
ſche Bedenklichkeit wegen der obiectiven Realitaͤt unſerer
aͤuſſeren Wahrnehmungen, zu widerlegen, iſt ſchon hin-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/406>, abgerufen am 22.11.2024.
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