Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Elementarl. II. Th. II. Abth. I. Buch.
thum einer anderen einzugreiffen. Hier ist eine Stufen-
leiter derselben. Die Gattung ist Vorstellung über-
haupt, (repraesentatio). Unter ihr steht die Vorstellung
mit Bewustseyn (perceptio). Eine Perception, die
sich lediglich auf das Subiect, als die Modification sei-
nes Zustandes bezieht, ist Empfindung, (sensatio) ei-
ne obiective Perception ist Erkentniß (cognitio). Die-
se ist entweder Anschauung oder Begriff (intuitus vel
conceptus). Jene bezieht sich unmittelbar auf den Ge-
genstand und ist einzeln, dieser mittelbar, vermittelst ei-
nes Merkmals, was mehrerern Dingen gemein seyn kan.
Der Begriff ist entweder ein empirischer oder reiner Be-
griff, und der reine Begriff, so fern er lediglich im Ver-
stande seinen Ursprung hat (nicht im reinen Bilde der
Sinnlichkeit) heißt Notio. Ein Begriff aus Notionen,
der die Möglichkeit der Erfahrung übersteigt, ist die Idee,
oder der Vernunftbegriff. Dem, der sich einmal an
diese Unterscheidung gewöhnt hat, muß es unerträglich
fallen, die Vorstellung der rothen Farbe Idee nennen
zu hören. Sie ist nicht einmal Notion (Verstandes-
begriff) zu nennen.

[Abbildung]

Des

Elementarl. II. Th. II. Abth. I. Buch.
thum einer anderen einzugreiffen. Hier iſt eine Stufen-
leiter derſelben. Die Gattung iſt Vorſtellung uͤber-
haupt, (repræſentatio). Unter ihr ſteht die Vorſtellung
mit Bewuſtſeyn (perceptio). Eine Perception, die
ſich lediglich auf das Subiect, als die Modification ſei-
nes Zuſtandes bezieht, iſt Empfindung, (ſenſatio) ei-
ne obiective Perception iſt Erkentniß (cognitio). Die-
ſe iſt entweder Anſchauung oder Begriff (intuitus vel
conceptus). Jene bezieht ſich unmittelbar auf den Ge-
genſtand und iſt einzeln, dieſer mittelbar, vermittelſt ei-
nes Merkmals, was mehrerern Dingen gemein ſeyn kan.
Der Begriff iſt entweder ein empiriſcher oder reiner Be-
griff, und der reine Begriff, ſo fern er lediglich im Ver-
ſtande ſeinen Urſprung hat (nicht im reinen Bilde der
Sinnlichkeit) heißt Notio. Ein Begriff aus Notionen,
der die Moͤglichkeit der Erfahrung uͤberſteigt, iſt die Idee,
oder der Vernunftbegriff. Dem, der ſich einmal an
dieſe Unterſcheidung gewoͤhnt hat, muß es unertraͤglich
fallen, die Vorſtellung der rothen Farbe Idee nennen
zu hoͤren. Sie iſt nicht einmal Notion (Verſtandes-
begriff) zu nennen.

[Abbildung]

Des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0350" n="320"/><fw place="top" type="header">Elementarl. <hi rendition="#aq">II.</hi> Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> Abth. <hi rendition="#aq">I.</hi> Buch.</fw><lb/>
thum einer anderen einzugreiffen. Hier i&#x017F;t eine Stufen-<lb/>
leiter der&#x017F;elben. Die Gattung i&#x017F;t Vor&#x017F;tellung u&#x0364;ber-<lb/>
haupt, (<hi rendition="#aq">repræ&#x017F;entatio</hi>). Unter ihr &#x017F;teht die Vor&#x017F;tellung<lb/>
mit Bewu&#x017F;t&#x017F;eyn (<hi rendition="#aq">perceptio</hi>). Eine Perception, die<lb/>
&#x017F;ich lediglich auf das Subiect, als die Modification &#x017F;ei-<lb/>
nes Zu&#x017F;tandes bezieht, i&#x017F;t Empfindung, (<hi rendition="#aq">&#x017F;en&#x017F;atio</hi>) ei-<lb/>
ne obiective Perception i&#x017F;t Erkentniß (<hi rendition="#aq">cognitio</hi>). Die-<lb/>
&#x017F;e i&#x017F;t entweder An&#x017F;chauung oder Begriff (<hi rendition="#aq">intuitus vel<lb/>
conceptus</hi>). Jene bezieht &#x017F;ich unmittelbar auf den Ge-<lb/>
gen&#x017F;tand und i&#x017F;t einzeln, die&#x017F;er mittelbar, vermittel&#x017F;t ei-<lb/>
nes Merkmals, was mehrerern Dingen gemein &#x017F;eyn kan.<lb/>
Der Begriff i&#x017F;t entweder ein empiri&#x017F;cher oder reiner Be-<lb/>
griff, und der reine Begriff, &#x017F;o fern er lediglich im Ver-<lb/>
&#x017F;tande &#x017F;einen Ur&#x017F;prung hat (nicht im reinen Bilde der<lb/>
Sinnlichkeit) heißt <hi rendition="#aq">Notio</hi>. Ein Begriff aus Notionen,<lb/>
der die Mo&#x0364;glichkeit der Erfahrung u&#x0364;ber&#x017F;teigt, i&#x017F;t die Idee,<lb/>
oder der Vernunftbegriff. Dem, der &#x017F;ich einmal an<lb/>
die&#x017F;e Unter&#x017F;cheidung gewo&#x0364;hnt hat, muß es unertra&#x0364;glich<lb/>
fallen, die Vor&#x017F;tellung der rothen Farbe Idee nennen<lb/>
zu ho&#x0364;ren. Sie i&#x017F;t nicht einmal Notion (Ver&#x017F;tandes-<lb/>
begriff) zu nennen.</p><lb/>
                  <figure/>
                </div>
                <fw place="bottom" type="catch">Des</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0350] Elementarl. II. Th. II. Abth. I. Buch. thum einer anderen einzugreiffen. Hier iſt eine Stufen- leiter derſelben. Die Gattung iſt Vorſtellung uͤber- haupt, (repræſentatio). Unter ihr ſteht die Vorſtellung mit Bewuſtſeyn (perceptio). Eine Perception, die ſich lediglich auf das Subiect, als die Modification ſei- nes Zuſtandes bezieht, iſt Empfindung, (ſenſatio) ei- ne obiective Perception iſt Erkentniß (cognitio). Die- ſe iſt entweder Anſchauung oder Begriff (intuitus vel conceptus). Jene bezieht ſich unmittelbar auf den Ge- genſtand und iſt einzeln, dieſer mittelbar, vermittelſt ei- nes Merkmals, was mehrerern Dingen gemein ſeyn kan. Der Begriff iſt entweder ein empiriſcher oder reiner Be- griff, und der reine Begriff, ſo fern er lediglich im Ver- ſtande ſeinen Urſprung hat (nicht im reinen Bilde der Sinnlichkeit) heißt Notio. Ein Begriff aus Notionen, der die Moͤglichkeit der Erfahrung uͤberſteigt, iſt die Idee, oder der Vernunftbegriff. Dem, der ſich einmal an dieſe Unterſcheidung gewoͤhnt hat, muß es unertraͤglich fallen, die Vorſtellung der rothen Farbe Idee nennen zu hoͤren. Sie iſt nicht einmal Notion (Verſtandes- begriff) zu nennen. [Abbildung] Des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/350
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/350>, abgerufen am 22.11.2024.