widerspricht allem besondern was unter ienem Begriff enthalten ist; (dictum de Omni et Nullo) es wäre aber ungereimt, diesen logischen Grundsatz dahin zu verändern, daß er so lautete: was in einem allgemeinen Begriffe nicht enthalten ist, daß ist auch in den besonderen nicht enthal- ten, die unter demselben stehen; denn diese sind eben darum besondere Begriffe, weil sie mehr in sich enthalten, als im allgemeinen gedacht wird. Nun ist doch wirklich auf diesen lezteren Grundsatz, das ganze intellectuelle System Leibni- tzens erbauet: es fällt also zugleich mit demselben, samt al- ler aus ihm entspringenden Zweideutigkeit im Verstandes- gebrauche.
Der Satz des Nichtzuunterscheidenden gründete sich eigentlich auf der Voraussetzung: daß, wenn in dem Be- griffe von einem Dinge überhaupt eine gewisse Unterschei- dung nicht angetroffen wird, so sey sie auch nicht in den Dingen selbst anzutreffen, folglich seyn alle Dinge völlig einerley (numero eadem) die sich nicht schon in ihrem Begriffe (der Qualität oder Quantität nach) von einan- der unterscheiden. Weil aber bey dem blossen Begriffe von irgend einem Dinge von manchen nothwendigen Be- dingungen einer Anschauung abstrahirt worden, so wird, durch eine sonderbare Uebereilung, das, wovon abstrahirt wird, davor genommen, daß es überall nicht anzutreffen sey, und dem Dinge nichts eingeräumt, als was in sei- nem Begriffe enthalten ist.
Der
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Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe.
widerſpricht allem beſondern was unter ienem Begriff enthalten iſt; (dictum de Omni et Nullo) es waͤre aber ungereimt, dieſen logiſchen Grundſatz dahin zu veraͤndern, daß er ſo lautete: was in einem allgemeinen Begriffe nicht enthalten iſt, daß iſt auch in den beſonderen nicht enthal- ten, die unter demſelben ſtehen; denn dieſe ſind eben darum beſondere Begriffe, weil ſie mehr in ſich enthalten, als im allgemeinen gedacht wird. Nun iſt doch wirklich auf dieſen lezteren Grundſatz, das ganze intellectuelle Syſtem Leibni- tzens erbauet: es faͤllt alſo zugleich mit demſelben, ſamt al- ler aus ihm entſpringenden Zweideutigkeit im Verſtandes- gebrauche.
Der Satz des Nichtzuunterſcheidenden gruͤndete ſich eigentlich auf der Vorausſetzung: daß, wenn in dem Be- griffe von einem Dinge uͤberhaupt eine gewiſſe Unterſchei- dung nicht angetroffen wird, ſo ſey ſie auch nicht in den Dingen ſelbſt anzutreffen, folglich ſeyn alle Dinge voͤllig einerley (numero eadem) die ſich nicht ſchon in ihrem Begriffe (der Qualitaͤt oder Quantitaͤt nach) von einan- der unterſcheiden. Weil aber bey dem bloſſen Begriffe von irgend einem Dinge von manchen nothwendigen Be- dingungen einer Anſchauung abſtrahirt worden, ſo wird, durch eine ſonderbare Uebereilung, das, wovon abſtrahirt wird, davor genommen, daß es uͤberall nicht anzutreffen ſey, und dem Dinge nichts eingeraͤumt, als was in ſei- nem Begriffe enthalten iſt.
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Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe.
widerſpricht allem beſondern was unter ienem Begriff
enthalten iſt; (dictum de Omni et Nullo) es waͤre aber
ungereimt, dieſen logiſchen Grundſatz dahin zu veraͤndern,
daß er ſo lautete: was in einem allgemeinen Begriffe nicht
enthalten iſt, daß iſt auch in den beſonderen nicht enthal-
ten, die unter demſelben ſtehen; denn dieſe ſind eben darum
beſondere Begriffe, weil ſie mehr in ſich enthalten, als im
allgemeinen gedacht wird. Nun iſt doch wirklich auf dieſen
lezteren Grundſatz, das ganze intellectuelle Syſtem Leibni-
tzens erbauet: es faͤllt alſo zugleich mit demſelben, ſamt al-
ler aus ihm entſpringenden Zweideutigkeit im Verſtandes-
gebrauche.
Der Satz des Nichtzuunterſcheidenden gruͤndete ſich
eigentlich auf der Vorausſetzung: daß, wenn in dem Be-
griffe von einem Dinge uͤberhaupt eine gewiſſe Unterſchei-
dung nicht angetroffen wird, ſo ſey ſie auch nicht in den
Dingen ſelbſt anzutreffen, folglich ſeyn alle Dinge voͤllig
einerley (numero eadem) die ſich nicht ſchon in ihrem
Begriffe (der Qualitaͤt oder Quantitaͤt nach) von einan-
der unterſcheiden. Weil aber bey dem bloſſen Begriffe
von irgend einem Dinge von manchen nothwendigen Be-
dingungen einer Anſchauung abſtrahirt worden, ſo wird,
durch eine ſonderbare Uebereilung, das, wovon abſtrahirt
wird, davor genommen, daß es uͤberall nicht anzutreffen
ſey, und dem Dinge nichts eingeraͤumt, als was in ſei-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/311>, abgerufen am 25.11.2024.
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