mein innerer Sinn mir darbietet, nemlich das entweder, was selbst ein Denken, oder mit diesem analogisch ist. Daher machte Leibnitz aus allen Substanzen, weil er sie sich als Noümena vorstellete, selbst aus den Bestandthei- len der Materie, nachdem er ihnen alles, was äussere Re- lation bedeuten mag, mithin auch die Zusammensetzung, in Gedanken, genommen hatte, einfache Subiecte mit Vorstellungskräften begabt, mit einem Worte, Monaden.
4. Materie und Form. Dieses sind zwey Begriffe, welche aller andern Reflexion zum Grunde gelegt werden, so sehr sind sie mit iedem Gebrauch des Verstandes un- zertrenlich verbunden. Der erstere bedeutet das bestim- bare überhaupt, der zweite dessen Bestimmung, (beides in transscendentalem Verstande, da man von allem Unter- schiede dessen, was gegeben wird, und der Art, wie es bestimt wird, abstrahirt). Die Logiker nanten ehedem das Allgemeine die Materie, den specifischen Unterschied aber die Form. In iedem Urtheile kan man die gegebene Begriffe logische Materie (zum Urtheile), das Verhältniß derselben (vermittelst der Copula) die Form des Urtheils nennen. In iedem Wesen sind die Bestandstücke desselben (essentialia) die Materie, die Art, wie sie in einem Din- ge verknüpft sind, die wesentliche Form. Auch wurde in Ansehung der Dinge überhaupt unbegränzte Realität, als die Materie aller Möglichkeit, Einschränkung derselben aber (Negation) als dieienige Form angesehen, wodurch
sich
Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. Anhang.
mein innerer Sinn mir darbietet, nemlich das entweder, was ſelbſt ein Denken, oder mit dieſem analogiſch iſt. Daher machte Leibnitz aus allen Subſtanzen, weil er ſie ſich als Noümena vorſtellete, ſelbſt aus den Beſtandthei- len der Materie, nachdem er ihnen alles, was aͤuſſere Re- lation bedeuten mag, mithin auch die Zuſammenſetzung, in Gedanken, genommen hatte, einfache Subiecte mit Vorſtellungskraͤften begabt, mit einem Worte, Monaden.
4. Materie und Form. Dieſes ſind zwey Begriffe, welche aller andern Reflexion zum Grunde gelegt werden, ſo ſehr ſind ſie mit iedem Gebrauch des Verſtandes un- zertrenlich verbunden. Der erſtere bedeutet das beſtim- bare uͤberhaupt, der zweite deſſen Beſtimmung, (beides in transſcendentalem Verſtande, da man von allem Unter- ſchiede deſſen, was gegeben wird, und der Art, wie es beſtimt wird, abſtrahirt). Die Logiker nanten ehedem das Allgemeine die Materie, den ſpecifiſchen Unterſchied aber die Form. In iedem Urtheile kan man die gegebene Begriffe logiſche Materie (zum Urtheile), das Verhaͤltniß derſelben (vermittelſt der Copula) die Form des Urtheils nennen. In iedem Weſen ſind die Beſtandſtuͤcke deſſelben (eſſentialia) die Materie, die Art, wie ſie in einem Din- ge verknuͤpft ſind, die weſentliche Form. Auch wurde in Anſehung der Dinge uͤberhaupt unbegraͤnzte Realitaͤt, als die Materie aller Moͤglichkeit, Einſchraͤnkung derſelben aber (Negation) als dieienige Form angeſehen, wodurch
ſich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0296"n="266"/><fwplace="top"type="header">Elementarl. <hirendition="#aq">II.</hi> Th. <hirendition="#aq">I.</hi> Abth. <hirendition="#aq">II.</hi> Buch. Anhang.</fw><lb/>
mein innerer Sinn mir darbietet, nemlich das entweder,<lb/>
was ſelbſt ein Denken, oder mit dieſem analogiſch iſt.<lb/>
Daher machte Leibnitz aus allen Subſtanzen, weil er ſie<lb/>ſich als <hirendition="#aq">Noümena</hi> vorſtellete, ſelbſt aus den Beſtandthei-<lb/>
len der Materie, nachdem er ihnen alles, was aͤuſſere Re-<lb/>
lation bedeuten mag, mithin auch die Zuſammenſetzung,<lb/>
in Gedanken, genommen hatte, einfache Subiecte mit<lb/>
Vorſtellungskraͤften begabt, mit einem Worte, <hirendition="#fr">Monaden.</hi></p><lb/><p>4. Materie und Form. Dieſes ſind zwey Begriffe,<lb/>
welche aller andern Reflexion zum Grunde gelegt werden,<lb/>ſo ſehr ſind ſie mit iedem Gebrauch des Verſtandes un-<lb/>
zertrenlich verbunden. Der erſtere bedeutet das beſtim-<lb/>
bare uͤberhaupt, der zweite deſſen Beſtimmung, (beides<lb/>
in transſcendentalem Verſtande, da man von allem Unter-<lb/>ſchiede deſſen, was gegeben wird, und der Art, wie es<lb/>
beſtimt wird, abſtrahirt). Die Logiker nanten ehedem<lb/>
das Allgemeine die Materie, den ſpecifiſchen Unterſchied<lb/>
aber die Form. In iedem Urtheile kan man die gegebene<lb/>
Begriffe logiſche Materie (zum Urtheile), das Verhaͤltniß<lb/>
derſelben (vermittelſt der Copula) die Form des Urtheils<lb/>
nennen. In iedem Weſen ſind die Beſtandſtuͤcke deſſelben<lb/>
(<hirendition="#aq">eſſentialia</hi>) die Materie, die Art, wie ſie in einem Din-<lb/>
ge verknuͤpft ſind, die weſentliche Form. Auch wurde in<lb/>
Anſehung der Dinge uͤberhaupt unbegraͤnzte Realitaͤt, als<lb/>
die Materie aller Moͤglichkeit, Einſchraͤnkung derſelben<lb/>
aber (Negation) als dieienige Form angeſehen, wodurch<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſich</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[266/0296]
Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. Anhang.
mein innerer Sinn mir darbietet, nemlich das entweder,
was ſelbſt ein Denken, oder mit dieſem analogiſch iſt.
Daher machte Leibnitz aus allen Subſtanzen, weil er ſie
ſich als Noümena vorſtellete, ſelbſt aus den Beſtandthei-
len der Materie, nachdem er ihnen alles, was aͤuſſere Re-
lation bedeuten mag, mithin auch die Zuſammenſetzung,
in Gedanken, genommen hatte, einfache Subiecte mit
Vorſtellungskraͤften begabt, mit einem Worte, Monaden.
4. Materie und Form. Dieſes ſind zwey Begriffe,
welche aller andern Reflexion zum Grunde gelegt werden,
ſo ſehr ſind ſie mit iedem Gebrauch des Verſtandes un-
zertrenlich verbunden. Der erſtere bedeutet das beſtim-
bare uͤberhaupt, der zweite deſſen Beſtimmung, (beides
in transſcendentalem Verſtande, da man von allem Unter-
ſchiede deſſen, was gegeben wird, und der Art, wie es
beſtimt wird, abſtrahirt). Die Logiker nanten ehedem
das Allgemeine die Materie, den ſpecifiſchen Unterſchied
aber die Form. In iedem Urtheile kan man die gegebene
Begriffe logiſche Materie (zum Urtheile), das Verhaͤltniß
derſelben (vermittelſt der Copula) die Form des Urtheils
nennen. In iedem Weſen ſind die Beſtandſtuͤcke deſſelben
(eſſentialia) die Materie, die Art, wie ſie in einem Din-
ge verknuͤpft ſind, die weſentliche Form. Auch wurde in
Anſehung der Dinge uͤberhaupt unbegraͤnzte Realitaͤt, als
die Materie aller Moͤglichkeit, Einſchraͤnkung derſelben
aber (Negation) als dieienige Form angeſehen, wodurch
ſich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/296>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.