saltus) aber auch in dem Inbegriff aller empirischen An- schauungen im Raume alle Lücke oder Kluft zwischen zwey Erscheinungen (non datur hiatus); denn so kan man den Satz ausdrücken: daß in die Erfahrung nichts hinein kommen kan, was ein vacuum bewiese, oder auch nur als einen Theil der empirischen Synthesis zuliesse. Denn was das leere betrift, welches man sich ausserhalb dem Felde möglicher Erfahrung (der Welt) denken mag, so gehört dieses nicht vor die Gerichtsbarkeit des blossen Ver- standes, welcher nur über die Fragen entscheidet, die die Nutzung gegebener Erscheinungen zur empirischen Erkent- niß betreffen, und ist eine Aufgabe vor die idealische Ver- nunft, die noch über die Spähre einer möglichen Erfah- rung hinausgeht, und von dem urtheilen will, was diese selbst umgiebt und begränzet, muß daher in der transscen- dentalen Dialectik erwogen werden. Diese vier Sätze (in mundo non datur hiatus, non datur saltus, non datur casus, non datur fatum,) könten wir leicht, so wie alle Grundsätze transscendentalen Ursprungs, nach ihrer Ordnung, gemäß der Ordnung der Categorien vorstellig machen, und iedem seine Stelle beweisen, allein der schon geübte Leser wird dieses von selbst thun, oder den Leitfaden dazu leicht entdecken. Sie vereinigen sich aber alle ledig- lich dahin, um in der empirischen Synthesis nichts zuzu- lassen, was dem Verstande und dem continuirlichen Zu- sammenhange aller Erscheinungen, d. i. der Einheit seiner Begriffe, Abbruch oder Eintrag thun könte. Denn er ist
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III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
ſaltus) aber auch in dem Inbegriff aller empiriſchen An- ſchauungen im Raume alle Luͤcke oder Kluft zwiſchen zwey Erſcheinungen (non datur hiatus); denn ſo kan man den Satz ausdruͤcken: daß in die Erfahrung nichts hinein kommen kan, was ein vacuum bewieſe, oder auch nur als einen Theil der empiriſchen Syntheſis zulieſſe. Denn was das leere betrift, welches man ſich auſſerhalb dem Felde moͤglicher Erfahrung (der Welt) denken mag, ſo gehoͤrt dieſes nicht vor die Gerichtsbarkeit des bloſſen Ver- ſtandes, welcher nur uͤber die Fragen entſcheidet, die die Nutzung gegebener Erſcheinungen zur empiriſchen Erkent- niß betreffen, und iſt eine Aufgabe vor die idealiſche Ver- nunft, die noch uͤber die Spaͤhre einer moͤglichen Erfah- rung hinausgeht, und von dem urtheilen will, was dieſe ſelbſt umgiebt und begraͤnzet, muß daher in der transſcen- dentalen Dialectik erwogen werden. Dieſe vier Saͤtze (in mundo non datur hiatus, non datur ſaltus, non datur caſus, non datur fatum,) koͤnten wir leicht, ſo wie alle Grundſaͤtze transſcendentalen Urſprungs, nach ihrer Ordnung, gemaͤß der Ordnung der Categorien vorſtellig machen, und iedem ſeine Stelle beweiſen, allein der ſchon geuͤbte Leſer wird dieſes von ſelbſt thun, oder den Leitfaden dazu leicht entdecken. Sie vereinigen ſich aber alle ledig- lich dahin, um in der empiriſchen Syntheſis nichts zuzu- laſſen, was dem Verſtande und dem continuirlichen Zu- ſammenhange aller Erſcheinungen, d. i. der Einheit ſeiner Begriffe, Abbruch oder Eintrag thun koͤnte. Denn er iſt
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III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
ſaltus) aber auch in dem Inbegriff aller empiriſchen An-
ſchauungen im Raume alle Luͤcke oder Kluft zwiſchen zwey
Erſcheinungen (non datur hiatus); denn ſo kan man
den Satz ausdruͤcken: daß in die Erfahrung nichts hinein
kommen kan, was ein vacuum bewieſe, oder auch nur
als einen Theil der empiriſchen Syntheſis zulieſſe. Denn
was das leere betrift, welches man ſich auſſerhalb dem
Felde moͤglicher Erfahrung (der Welt) denken mag, ſo
gehoͤrt dieſes nicht vor die Gerichtsbarkeit des bloſſen Ver-
ſtandes, welcher nur uͤber die Fragen entſcheidet, die die
Nutzung gegebener Erſcheinungen zur empiriſchen Erkent-
niß betreffen, und iſt eine Aufgabe vor die idealiſche Ver-
nunft, die noch uͤber die Spaͤhre einer moͤglichen Erfah-
rung hinausgeht, und von dem urtheilen will, was dieſe
ſelbſt umgiebt und begraͤnzet, muß daher in der transſcen-
dentalen Dialectik erwogen werden. Dieſe vier Saͤtze
(in mundo non datur hiatus, non datur ſaltus, non
datur caſus, non datur fatum,) koͤnten wir leicht, ſo
wie alle Grundſaͤtze transſcendentalen Urſprungs, nach ihrer
Ordnung, gemaͤß der Ordnung der Categorien vorſtellig
machen, und iedem ſeine Stelle beweiſen, allein der ſchon
geuͤbte Leſer wird dieſes von ſelbſt thun, oder den Leitfaden
dazu leicht entdecken. Sie vereinigen ſich aber alle ledig-
lich dahin, um in der empiriſchen Syntheſis nichts zuzu-
laſſen, was dem Verſtande und dem continuirlichen Zu-
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Begriffe, Abbruch oder Eintrag thun koͤnte. Denn er iſt
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/259>, abgerufen am 25.11.2024.
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