Daseyn, gleichwol aber auch alsdenn nur auf dieienige Existenz kommen kan, die irgendwo in dem Zusammen- hange der Erfahrung, davon die gegebene Wahrnehmung ein Theil ist, enthalten seyn muß: so kan die Nothwen- digkeit der Existenz, niemals aus Begriffen, sondern ie- derzeit nur aus der Verknüpfung mit demienigen, was wahrgenommen wird, nach allgemeinen Gesetzen der Er- fahrung erkant werden können. Da ist nun kein Daseyn, was unter der Bedingung anderer gegebener Erscheinungen, als nothwendig erkant werden könte, als das Daseyn der Wirkungen aus gegebenen Ursachen nach Gesetzen der Caus- salität. Also ist es nicht das Daseyn der Dinge, (Sub- stanzen) sondern ihres Zustandes, wovon wir allein die Nothwendigkeit erkennen können, und zwar aus anderen Zuständen, die in der Wahrnehmung gegeben sind, nach empirischen Gesetzen der Caussalität. Hieraus folgt: daß das Criterium der Nothwendigkeit lediglich in dem Ge- setze der möglichen Erfahrung liege: daß alles, was ge- schieht, durch ihre Ursache in der Erscheinung a priori bestimt sey. Daher erkennen wir nur die Nothwendigkeit der Wirkungen in der Natur, deren Ursachen uns gege- ben sind, und das Merkmal der Nothwendigkeit im Da- seyn reicht nicht weiter, als das Feld möglicher Erfahrung, und selbst in diesem gilt es nicht von der Existenz der Din- ge, als Substanzen, weil diese niemals, als empirische Wirkungen, oder etwas, das geschieht, und entsteht, können angesehen werden. Die Nothwendigkeit betrift
also
P 2
III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
Daſeyn, gleichwol aber auch alsdenn nur auf dieienige Exiſtenz kommen kan, die irgendwo in dem Zuſammen- hange der Erfahrung, davon die gegebene Wahrnehmung ein Theil iſt, enthalten ſeyn muß: ſo kan die Nothwen- digkeit der Exiſtenz, niemals aus Begriffen, ſondern ie- derzeit nur aus der Verknuͤpfung mit demienigen, was wahrgenommen wird, nach allgemeinen Geſetzen der Er- fahrung erkant werden koͤnnen. Da iſt nun kein Daſeyn, was unter der Bedingung anderer gegebener Erſcheinungen, als nothwendig erkant werden koͤnte, als das Daſeyn der Wirkungen aus gegebenen Urſachen nach Geſetzen der Cauſ- ſalitaͤt. Alſo iſt es nicht das Daſeyn der Dinge, (Sub- ſtanzen) ſondern ihres Zuſtandes, wovon wir allein die Nothwendigkeit erkennen koͤnnen, und zwar aus anderen Zuſtaͤnden, die in der Wahrnehmung gegeben ſind, nach empiriſchen Geſetzen der Cauſſalitaͤt. Hieraus folgt: daß das Criterium der Nothwendigkeit lediglich in dem Ge- ſetze der moͤglichen Erfahrung liege: daß alles, was ge- ſchieht, durch ihre Urſache in der Erſcheinung a priori beſtimt ſey. Daher erkennen wir nur die Nothwendigkeit der Wirkungen in der Natur, deren Urſachen uns gege- ben ſind, und das Merkmal der Nothwendigkeit im Da- ſeyn reicht nicht weiter, als das Feld moͤglicher Erfahrung, und ſelbſt in dieſem gilt es nicht von der Exiſtenz der Din- ge, als Subſtanzen, weil dieſe niemals, als empiriſche Wirkungen, oder etwas, das geſchieht, und entſteht, koͤnnen angeſehen werden. Die Nothwendigkeit betrift
alſo
P 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0257"n="227"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">III.</hi> Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.</fw><lb/>
Daſeyn, gleichwol aber auch alsdenn nur auf dieienige<lb/>
Exiſtenz kommen kan, die irgendwo in dem Zuſammen-<lb/>
hange der Erfahrung, davon die gegebene Wahrnehmung<lb/>
ein Theil iſt, enthalten ſeyn muß: ſo kan die Nothwen-<lb/>
digkeit der Exiſtenz, niemals aus Begriffen, ſondern ie-<lb/>
derzeit nur aus der Verknuͤpfung mit demienigen, was<lb/>
wahrgenommen wird, nach allgemeinen Geſetzen der Er-<lb/>
fahrung erkant werden koͤnnen. Da iſt nun kein Daſeyn,<lb/>
was unter der Bedingung anderer gegebener Erſcheinungen,<lb/>
als nothwendig erkant werden koͤnte, als das Daſeyn der<lb/>
Wirkungen aus gegebenen Urſachen nach Geſetzen der Cauſ-<lb/>ſalitaͤt. Alſo iſt es nicht das Daſeyn der Dinge, (Sub-<lb/>ſtanzen) ſondern ihres Zuſtandes, wovon wir allein die<lb/>
Nothwendigkeit erkennen koͤnnen, und zwar aus anderen<lb/>
Zuſtaͤnden, die in der Wahrnehmung gegeben ſind, nach<lb/>
empiriſchen Geſetzen der Cauſſalitaͤt. Hieraus folgt: daß<lb/>
das Criterium der Nothwendigkeit lediglich in dem Ge-<lb/>ſetze der moͤglichen Erfahrung liege: daß alles, was ge-<lb/>ſchieht, durch ihre Urſache in der Erſcheinung <hirendition="#aq">a priori</hi><lb/>
beſtimt ſey. Daher erkennen wir nur die Nothwendigkeit<lb/>
der Wirkungen in der Natur, deren Urſachen uns gege-<lb/>
ben ſind, und das Merkmal der Nothwendigkeit im Da-<lb/>ſeyn reicht nicht weiter, als das Feld moͤglicher Erfahrung,<lb/>
und ſelbſt in dieſem gilt es nicht von der Exiſtenz der Din-<lb/>
ge, als Subſtanzen, weil dieſe niemals, als empiriſche<lb/>
Wirkungen, oder etwas, das geſchieht, und entſteht,<lb/>
koͤnnen angeſehen werden. Die Nothwendigkeit betrift<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">alſo</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[227/0257]
III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
Daſeyn, gleichwol aber auch alsdenn nur auf dieienige
Exiſtenz kommen kan, die irgendwo in dem Zuſammen-
hange der Erfahrung, davon die gegebene Wahrnehmung
ein Theil iſt, enthalten ſeyn muß: ſo kan die Nothwen-
digkeit der Exiſtenz, niemals aus Begriffen, ſondern ie-
derzeit nur aus der Verknuͤpfung mit demienigen, was
wahrgenommen wird, nach allgemeinen Geſetzen der Er-
fahrung erkant werden koͤnnen. Da iſt nun kein Daſeyn,
was unter der Bedingung anderer gegebener Erſcheinungen,
als nothwendig erkant werden koͤnte, als das Daſeyn der
Wirkungen aus gegebenen Urſachen nach Geſetzen der Cauſ-
ſalitaͤt. Alſo iſt es nicht das Daſeyn der Dinge, (Sub-
ſtanzen) ſondern ihres Zuſtandes, wovon wir allein die
Nothwendigkeit erkennen koͤnnen, und zwar aus anderen
Zuſtaͤnden, die in der Wahrnehmung gegeben ſind, nach
empiriſchen Geſetzen der Cauſſalitaͤt. Hieraus folgt: daß
das Criterium der Nothwendigkeit lediglich in dem Ge-
ſetze der moͤglichen Erfahrung liege: daß alles, was ge-
ſchieht, durch ihre Urſache in der Erſcheinung a priori
beſtimt ſey. Daher erkennen wir nur die Nothwendigkeit
der Wirkungen in der Natur, deren Urſachen uns gege-
ben ſind, und das Merkmal der Nothwendigkeit im Da-
ſeyn reicht nicht weiter, als das Feld moͤglicher Erfahrung,
und ſelbſt in dieſem gilt es nicht von der Exiſtenz der Din-
ge, als Subſtanzen, weil dieſe niemals, als empiriſche
Wirkungen, oder etwas, das geſchieht, und entſteht,
koͤnnen angeſehen werden. Die Nothwendigkeit betrift
alſo
P 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/257>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.