dern die Unmöglichkeit beruht nicht auf dem Begriffe an sich, selbst, sondern der Construction desselben im Raume, d. i. den Bedingungen des Raumes und der Bestimmung desselben, diese haben aber wiederum ihre obiective Realität, d. i. sie gehen auf mögliche Dinge, weil sie die Form der Erfahrung überhaupt a priori in sich enthalten.
Und nun wollen wir den ausgebreiteten Nutzen und Einfluß dieses Postulats der Möglichkeit vor Augen legen. Wenn ich mir ein Ding vorstelle, das beharrlich ist, so, daß alles, was da wechselt, blos zu seinem Zustande gehört, so kan ich niemals aus einem solchen Begriffe allein erken- nen: daß ein dergleichen Ding möglich sey. Oder, ich stelle mir etwas vor, welches so beschaffen seyn soll, daß, wenn es gesezt wird, iederzeit und unausbleiblich etwas Anderes darauf erfolgt, so mag dieses allerdings ohne Wi- derspruch so gedacht werden können; ob aber dergleichen Eigenschaft (als Caussalität) an irgend einem möglichen Dinge angetroffen werde, kan dadurch nicht geurtheilt werden. Endlich kan ich mir verschiedene Dinge (Sub- stanzen) vorstellen, die so beschaffen sind, daß der Zustand des einen eine Folge im Zustande des andern nach sich zieht, und so wechselsweise, aber, ob dergleichen Verhält- niß irgend Dingen zukommen könne, kan aus diesen Be- griffen, welche eine blos willkührliche Synthesis enthalten, gar nicht abgenommen werden. Nur daran also, daß die- se Begriffe die Verhältnisse der Wahrnehmungen in ieder Erfahrung a priori ausdrücken, erkent man ihre obiective
Reali-
III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
dern die Unmoͤglichkeit beruht nicht auf dem Begriffe an ſich, ſelbſt, ſondern der Conſtruction deſſelben im Raume, d. i. den Bedingungen des Raumes und der Beſtimmung deſſelben, dieſe haben aber wiederum ihre obiective Realitaͤt, d. i. ſie gehen auf moͤgliche Dinge, weil ſie die Form der Erfahrung uͤberhaupt a priori in ſich enthalten.
Und nun wollen wir den ausgebreiteten Nutzen und Einfluß dieſes Poſtulats der Moͤglichkeit vor Augen legen. Wenn ich mir ein Ding vorſtelle, das beharrlich iſt, ſo, daß alles, was da wechſelt, blos zu ſeinem Zuſtande gehoͤrt, ſo kan ich niemals aus einem ſolchen Begriffe allein erken- nen: daß ein dergleichen Ding moͤglich ſey. Oder, ich ſtelle mir etwas vor, welches ſo beſchaffen ſeyn ſoll, daß, wenn es geſezt wird, iederzeit und unausbleiblich etwas Anderes darauf erfolgt, ſo mag dieſes allerdings ohne Wi- derſpruch ſo gedacht werden koͤnnen; ob aber dergleichen Eigenſchaft (als Cauſſalitaͤt) an irgend einem moͤglichen Dinge angetroffen werde, kan dadurch nicht geurtheilt werden. Endlich kan ich mir verſchiedene Dinge (Sub- ſtanzen) vorſtellen, die ſo beſchaffen ſind, daß der Zuſtand des einen eine Folge im Zuſtande des andern nach ſich zieht, und ſo wechſelsweiſe, aber, ob dergleichen Verhaͤlt- niß irgend Dingen zukommen koͤnne, kan aus dieſen Be- griffen, welche eine blos willkuͤhrliche Syntheſis enthalten, gar nicht abgenommen werden. Nur daran alſo, daß die- ſe Begriffe die Verhaͤltniſſe der Wahrnehmungen in ieder Erfahrung a priori ausdruͤcken, erkent man ihre obiective
Reali-
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III. Abſch. Syſtemat. Vorſtellung aller ꝛc.
dern die Unmoͤglichkeit beruht nicht auf dem Begriffe an
ſich, ſelbſt, ſondern der Conſtruction deſſelben im Raume,
d. i. den Bedingungen des Raumes und der Beſtimmung
deſſelben, dieſe haben aber wiederum ihre obiective Realitaͤt,
d. i. ſie gehen auf moͤgliche Dinge, weil ſie die Form der
Erfahrung uͤberhaupt a priori in ſich enthalten.
Und nun wollen wir den ausgebreiteten Nutzen und
Einfluß dieſes Poſtulats der Moͤglichkeit vor Augen legen.
Wenn ich mir ein Ding vorſtelle, das beharrlich iſt, ſo, daß
alles, was da wechſelt, blos zu ſeinem Zuſtande gehoͤrt,
ſo kan ich niemals aus einem ſolchen Begriffe allein erken-
nen: daß ein dergleichen Ding moͤglich ſey. Oder, ich
ſtelle mir etwas vor, welches ſo beſchaffen ſeyn ſoll, daß,
wenn es geſezt wird, iederzeit und unausbleiblich etwas
Anderes darauf erfolgt, ſo mag dieſes allerdings ohne Wi-
derſpruch ſo gedacht werden koͤnnen; ob aber dergleichen
Eigenſchaft (als Cauſſalitaͤt) an irgend einem moͤglichen
Dinge angetroffen werde, kan dadurch nicht geurtheilt
werden. Endlich kan ich mir verſchiedene Dinge (Sub-
ſtanzen) vorſtellen, die ſo beſchaffen ſind, daß der Zuſtand
des einen eine Folge im Zuſtande des andern nach ſich
zieht, und ſo wechſelsweiſe, aber, ob dergleichen Verhaͤlt-
niß irgend Dingen zukommen koͤnne, kan aus dieſen Be-
griffen, welche eine blos willkuͤhrliche Syntheſis enthalten,
gar nicht abgenommen werden. Nur daran alſo, daß die-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/251>, abgerufen am 22.11.2024.
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