Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
Veränderung kan daher nur an Substanzen wahrge- nommen werden, und das Entstehen oder Vergehen, schlechthin, ohne daß es blos eine Bestimmung des Beharr- lichen betreffe, kan gar keine mögliche Wahrnehmung seyn, weil eben dieses Beharrliche die Vorstellung von dem Ueber- gange aus einem Zustande in den andern, und von Nicht- seyn, zum Seyn, möglich macht, die also nur als wechselnde Bestimmungen dessen, was bleibt, empirisch erkant wer- den können. Nehmet an, daß etwas schlechthin anfange zu seyn; so müßt ihr einen Zeitpunct haben, indem es nicht war. Woran wollt ihr aber diesen heften, wenn nicht an demienigen, was schon da ist? Denn eine leere Zeit, die vorherginge, ist kein Gegenstand der Wahrneh- mung; knüpft ihr dieses Entstehen aber an Dinge, die vorher waren, und bis zu dem, was entsteht, fort- dauren, so war das leztere nur eine Bestimmung des er- steren, als des Beharrlichen. Eben so ist es auch mit dem Vergehen: denn dieses sezt die empirische Vorstellung einer Zeit voraus, da eine Erscheinung nicht mehr ist.
Substanzen (in der Erscheinung) sind die Substra- te aller Zeitbestimmungen. Das Entstehen einiger, und das Vergehen anderer derselbenwürde selbst die einzige Bedin- gung der empirischen Einheit der Zeit aufheben, und die Erscheinungen würden sich alsdenn auf zweyerley Zeit be- ziehen, in denen neben einander das Daseyn verflösse, welches ungereimt ist. Denn es ist nur eine Zeit, in
wel-
Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
Veraͤnderung kan daher nur an Subſtanzen wahrge- nommen werden, und das Entſtehen oder Vergehen, ſchlechthin, ohne daß es blos eine Beſtimmung des Beharr- lichen betreffe, kan gar keine moͤgliche Wahrnehmung ſeyn, weil eben dieſes Beharrliche die Vorſtellung von dem Ueber- gange aus einem Zuſtande in den andern, und von Nicht- ſeyn, zum Seyn, moͤglich macht, die alſo nur als wechſelnde Beſtimmungen deſſen, was bleibt, empiriſch erkant wer- den koͤnnen. Nehmet an, daß etwas ſchlechthin anfange zu ſeyn; ſo muͤßt ihr einen Zeitpunct haben, indem es nicht war. Woran wollt ihr aber dieſen heften, wenn nicht an demienigen, was ſchon da iſt? Denn eine leere Zeit, die vorherginge, iſt kein Gegenſtand der Wahrneh- mung; knuͤpft ihr dieſes Entſtehen aber an Dinge, die vorher waren, und bis zu dem, was entſteht, fort- dauren, ſo war das leztere nur eine Beſtimmung des er- ſteren, als des Beharrlichen. Eben ſo iſt es auch mit dem Vergehen: denn dieſes ſezt die empiriſche Vorſtellung einer Zeit voraus, da eine Erſcheinung nicht mehr iſt.
Subſtanzen (in der Erſcheinung) ſind die Subſtra- te aller Zeitbeſtimmungen. Das Entſtehen einiger, und das Vergehen anderer derſelbenwuͤrde ſelbſt die einzige Bedin- gung der empiriſchen Einheit der Zeit aufheben, und die Erſcheinungen wuͤrden ſich alsdenn auf zweyerley Zeit be- ziehen, in denen neben einander das Daſeyn verfloͤſſe, welches ungereimt iſt. Denn es iſt nur eine Zeit, in
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Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
Veraͤnderung kan daher nur an Subſtanzen wahrge-
nommen werden, und das Entſtehen oder Vergehen,
ſchlechthin, ohne daß es blos eine Beſtimmung des Beharr-
lichen betreffe, kan gar keine moͤgliche Wahrnehmung ſeyn,
weil eben dieſes Beharrliche die Vorſtellung von dem Ueber-
gange aus einem Zuſtande in den andern, und von Nicht-
ſeyn, zum Seyn, moͤglich macht, die alſo nur als wechſelnde
Beſtimmungen deſſen, was bleibt, empiriſch erkant wer-
den koͤnnen. Nehmet an, daß etwas ſchlechthin anfange
zu ſeyn; ſo muͤßt ihr einen Zeitpunct haben, indem es
nicht war. Woran wollt ihr aber dieſen heften, wenn
nicht an demienigen, was ſchon da iſt? Denn eine leere
Zeit, die vorherginge, iſt kein Gegenſtand der Wahrneh-
mung; knuͤpft ihr dieſes Entſtehen aber an Dinge,
die vorher waren, und bis zu dem, was entſteht, fort-
dauren, ſo war das leztere nur eine Beſtimmung des er-
ſteren, als des Beharrlichen. Eben ſo iſt es auch mit dem
Vergehen: denn dieſes ſezt die empiriſche Vorſtellung einer
Zeit voraus, da eine Erſcheinung nicht mehr iſt.
Subſtanzen (in der Erſcheinung) ſind die Subſtra-
te aller Zeitbeſtimmungen. Das Entſtehen einiger, und das
Vergehen anderer derſelbenwuͤrde ſelbſt die einzige Bedin-
gung der empiriſchen Einheit der Zeit aufheben, und die
Erſcheinungen wuͤrden ſich alsdenn auf zweyerley Zeit be-
ziehen, in denen neben einander das Daſeyn verfloͤſſe,
welches ungereimt iſt. Denn es iſt nur eine Zeit, in
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/218>, abgerufen am 25.11.2024.
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