Synthesis in einem empirischen Bewustseyn überhaupt. In dem innern Sinn nemlich kan das empirische Be- wustseyn von 0 bis zu iedem grössern Grade erhöhet wer- den, so daß eben dieselbe extensive Grösse der Anschauung (z. B. erleuchtete Fläche) so grosse Empfindung erregt, als ein Aggregat von vielem andern (minder erleuchteten) zusammen. Man kan also von der extensiven Grösse der Erscheinung gänzlich abstrahiren, und sich doch an der blossen Empfindung in einem Moment eine Synthesis der gleichförmigen Steigerung von 0 bis zu dem gegebenen empirischen Bewustsey[n] vorstellen. Alle Empfindungen werden daher, als solche, zwar nur a priori gegeben, aber die Eigenschaft derselben, daß sie einen Grad haben, kan a priori erkant werden. Es ist merkwür- dig, daß wir an Grössen überhaupt a priori nur eine einzige Qualität, nemlich die Continuität, an aller Qualität aber (dem Realen der Erscheinungen) nichts weiter a priori, als die intensive Quantität derselben, nemlich, daß sie einen Grad haben, erkennen können, alles übrige bleibt der Erfahrung überlassen.
3. Die Analogien der Erfahrung.
Der allgemeine Grundsatz derselben ist: Alle Er- scheinungen stehen, ihrem Daseyn nach, a priori unter
Regeln
Elementl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
Syntheſis in einem empiriſchen Bewuſtſeyn uͤberhaupt. In dem innern Sinn nemlich kan das empiriſche Be- wuſtſeyn von 0 bis zu iedem groͤſſern Grade erhoͤhet wer- den, ſo daß eben dieſelbe extenſive Groͤſſe der Anſchauung (z. B. erleuchtete Flaͤche) ſo groſſe Empfindung erregt, als ein Aggregat von vielem andern (minder erleuchteten) zuſammen. Man kan alſo von der extenſiven Groͤſſe der Erſcheinung gaͤnzlich abſtrahiren, und ſich doch an der bloſſen Empfindung in einem Moment eine Syntheſis der gleichfoͤrmigen Steigerung von 0 bis zu dem gegebenen empiriſchen Bewuſtſey[n] vorſtellen. Alle Empfindungen werden daher, als ſolche, zwar nur a priori gegeben, aber die Eigenſchaft derſelben, daß ſie einen Grad haben, kan a priori erkant werden. Es iſt merkwuͤr- dig, daß wir an Groͤſſen uͤberhaupt a priori nur eine einzige Qualitaͤt, nemlich die Continuitaͤt, an aller Qualitaͤt aber (dem Realen der Erſcheinungen) nichts weiter a priori, als die intenſive Quantitaͤt derſelben, nemlich, daß ſie einen Grad haben, erkennen koͤnnen, alles uͤbrige bleibt der Erfahrung uͤberlaſſen.
3. Die Analogien der Erfahrung.
Der allgemeine Grundſatz derſelben iſt: Alle Er- ſcheinungen ſtehen, ihrem Daſeyn nach, a priori unter
Regeln
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Elementl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
Syntheſis in einem empiriſchen Bewuſtſeyn uͤberhaupt.
In dem innern Sinn nemlich kan das empiriſche Be-
wuſtſeyn von 0 bis zu iedem groͤſſern Grade erhoͤhet wer-
den, ſo daß eben dieſelbe extenſive Groͤſſe der Anſchauung
(z. B. erleuchtete Flaͤche) ſo groſſe Empfindung erregt,
als ein Aggregat von vielem andern (minder erleuchteten)
zuſammen. Man kan alſo von der extenſiven Groͤſſe der
Erſcheinung gaͤnzlich abſtrahiren, und ſich doch an der
bloſſen Empfindung in einem Moment eine Syntheſis der
gleichfoͤrmigen Steigerung von 0 bis zu dem gegebenen
empiriſchen Bewuſtſeyn vorſtellen. Alle Empfindungen
werden daher, als ſolche, zwar nur a priori gegeben,
aber die Eigenſchaft derſelben, daß ſie einen Grad
haben, kan a priori erkant werden. Es iſt merkwuͤr-
dig, daß wir an Groͤſſen uͤberhaupt a priori nur eine
einzige Qualitaͤt, nemlich die Continuitaͤt, an aller
Qualitaͤt aber (dem Realen der Erſcheinungen) nichts
weiter a priori, als die intenſive Quantitaͤt derſelben,
nemlich, daß ſie einen Grad haben, erkennen koͤnnen,
alles uͤbrige bleibt der Erfahrung uͤberlaſſen.
3.
Die
Analogien der Erfahrung.
Der allgemeine Grundſatz derſelben iſt: Alle Er-
ſcheinungen ſtehen, ihrem Daſeyn nach, a priori unter
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/206>, abgerufen am 24.11.2024.
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