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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptst.
stand ist aber das Vermögen der Begriffe. Die Mathe-
matik hat dergleichen, aber ihre Anwendung auf Erfah-
rung, mithin ihre obiective Gültigkeit, ia die Möglichkeit
solcher synthetischer Erkentniß a priori (die Deduction
derselben) beruht doch immer auf dem reinen Verstande.

Daher werde ich unter meine Grundsätze die der
Mathematik nicht mitzählen, aber wol dieienige, worauf
sich dieser ihre Möglichkeit und obiective Gültigkeit a priori
gründet, und die mithin als Principium dieser Grundsätze
anzusehen seyn, und von Begriffen zur Anschauung, nicht
aber von der Anschauung zu Begriffen ausgehen.

In der Anwendung der reinen Verstandesbegriffe auf
mögliche Erfahrung ist der Gebrauch ihrer Synthesis ent-
weder mathematisch, oder dynamisch: denn sie geht theils
blos auf die Anschauung, theils auf das Daseyn einer
Erscheinung überhaupt. Die Bedingungen a priori der
Anschauung sind aber in Ansehung einer möglichen Erfah-
rung durchaus nothwendig, die des Daseyns der Obiecte
einer möglichen empirischen Anschauung an sich nur zufällig.
Daher werden die Grundsätze des mathematischen Gebrauchs
unbedingt nothwendig, d. i. apodictisch lauten, die aber
des dynamischen Gebrauchs werden zwar auch den Charac-
ter einer Nothwendigkeit a priori, aber nur unter der Be-
dingung des empirischen Denkens in einer Erfahrung, mit-
hin nur mittelbar und indirect bey sich führen, folglich die-
ienige unmittelbare Evidenz nicht enthalten, (obzwar ihrer auf
Erfahrung allgemein bezogenen Gewißheit unbeschadet)

die

Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt.
ſtand iſt aber das Vermoͤgen der Begriffe. Die Mathe-
matik hat dergleichen, aber ihre Anwendung auf Erfah-
rung, mithin ihre obiective Guͤltigkeit, ia die Moͤglichkeit
ſolcher ſynthetiſcher Erkentniß a priori (die Deduction
derſelben) beruht doch immer auf dem reinen Verſtande.

Daher werde ich unter meine Grundſaͤtze die der
Mathematik nicht mitzaͤhlen, aber wol dieienige, worauf
ſich dieſer ihre Moͤglichkeit und obiective Guͤltigkeit a priori
gruͤndet, und die mithin als Principium dieſer Grundſaͤtze
anzuſehen ſeyn, und von Begriffen zur Anſchauung, nicht
aber von der Anſchauung zu Begriffen ausgehen.

In der Anwendung der reinen Verſtandesbegriffe auf
moͤgliche Erfahrung iſt der Gebrauch ihrer Syntheſis ent-
weder mathematiſch, oder dynamiſch: denn ſie geht theils
blos auf die Anſchauung, theils auf das Daſeyn einer
Erſcheinung uͤberhaupt. Die Bedingungen a priori der
Anſchauung ſind aber in Anſehung einer moͤglichen Erfah-
rung durchaus nothwendig, die des Daſeyns der Obiecte
einer moͤglichen empiriſchen Anſchauung an ſich nur zufaͤllig.
Daher werden die Grundſaͤtze des mathematiſchen Gebrauchs
unbedingt nothwendig, d. i. apodictiſch lauten, die aber
des dynamiſchen Gebrauchs werden zwar auch den Charac-
ter einer Nothwendigkeit a priori, aber nur unter der Be-
dingung des empiriſchen Denkens in einer Erfahrung, mit-
hin nur mittelbar und indirect bey ſich fuͤhren, folglich die-
ienige unmittelbare Evidenz nicht enthalten, (obzwar ihrer auf
Erfahrung allgemein bezogenen Gewißheit unbeſchadet)

die
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[160/0190] Elementarl. II. Th. I. Abth. II. Buch. II. Hauptſt. ſtand iſt aber das Vermoͤgen der Begriffe. Die Mathe- matik hat dergleichen, aber ihre Anwendung auf Erfah- rung, mithin ihre obiective Guͤltigkeit, ia die Moͤglichkeit ſolcher ſynthetiſcher Erkentniß a priori (die Deduction derſelben) beruht doch immer auf dem reinen Verſtande. Daher werde ich unter meine Grundſaͤtze die der Mathematik nicht mitzaͤhlen, aber wol dieienige, worauf ſich dieſer ihre Moͤglichkeit und obiective Guͤltigkeit a priori gruͤndet, und die mithin als Principium dieſer Grundſaͤtze anzuſehen ſeyn, und von Begriffen zur Anſchauung, nicht aber von der Anſchauung zu Begriffen ausgehen. In der Anwendung der reinen Verſtandesbegriffe auf moͤgliche Erfahrung iſt der Gebrauch ihrer Syntheſis ent- weder mathematiſch, oder dynamiſch: denn ſie geht theils blos auf die Anſchauung, theils auf das Daſeyn einer Erſcheinung uͤberhaupt. Die Bedingungen a priori der Anſchauung ſind aber in Anſehung einer moͤglichen Erfah- rung durchaus nothwendig, die des Daſeyns der Obiecte einer moͤglichen empiriſchen Anſchauung an ſich nur zufaͤllig. Daher werden die Grundſaͤtze des mathematiſchen Gebrauchs unbedingt nothwendig, d. i. apodictiſch lauten, die aber des dynamiſchen Gebrauchs werden zwar auch den Charac- ter einer Nothwendigkeit a priori, aber nur unter der Be- dingung des empiriſchen Denkens in einer Erfahrung, mit- hin nur mittelbar und indirect bey ſich fuͤhren, folglich die- ienige unmittelbare Evidenz nicht enthalten, (obzwar ihrer auf Erfahrung allgemein bezogenen Gewißheit unbeſchadet) die

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/190>, abgerufen am 27.11.2024.