Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

[Abbildung]
Vorrede.

Die menschliche Vernunft hat das besonde-
re Schicksal in einer Gattung ihrer Er-
kentnisse: daß sie durch Fragen belästigt
wird, die sie nicht a weisen kan; denn sie sind ihr durch
die Natur der Vernunft selbst aufgegeben, die sie aber
auch nicht beantworten kan, denn sie übersteigen alles
Vermögen der menschlichen Vernunft.

In diese Verlegenheit geräth sie ohne ihre
Schuld. Sie fängt von Grundsätzen an, deren Ge-
brauch im Laufe der Erfahrung unvermeidlich und zu-
gleich durch diese hinreichend bewährt ist. Mit die-
sen steigt sie (wie es auch ihre Natur mit sich bringt)
immer höher, zu entferneteren Bedingungen. Da

sie
a 4

[Abbildung]
Vorrede.

Die menſchliche Vernunft hat das beſonde-
re Schickſal in einer Gattung ihrer Er-
kentniſſe: daß ſie durch Fragen belaͤſtigt
wird, die ſie nicht a weiſen kan; denn ſie ſind ihr durch
die Natur der Vernunft ſelbſt aufgegeben, die ſie aber
auch nicht beantworten kan, denn ſie uͤberſteigen alles
Vermoͤgen der menſchlichen Vernunft.

In dieſe Verlegenheit geraͤth ſie ohne ihre
Schuld. Sie faͤngt von Grundſaͤtzen an, deren Ge-
brauch im Laufe der Erfahrung unvermeidlich und zu-
gleich durch dieſe hinreichend bewaͤhrt iſt. Mit die-
ſen ſteigt ſie (wie es auch ihre Natur mit ſich bringt)
immer hoͤher, zu entferneteren Bedingungen. Da

ſie
a 4
<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0013"/>
      <figure/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>ie men&#x017F;chliche Vernunft hat das be&#x017F;onde-<lb/>
re Schick&#x017F;al in einer Gattung ihrer Er-<lb/>
kentni&#x017F;&#x017F;e: daß &#x017F;ie durch Fragen bela&#x0364;&#x017F;tigt<lb/>
wird, die &#x017F;ie nicht a wei&#x017F;en kan; denn &#x017F;ie &#x017F;ind ihr durch<lb/>
die Natur der Vernunft &#x017F;elb&#x017F;t aufgegeben, die &#x017F;ie aber<lb/>
auch nicht beantworten kan, denn &#x017F;ie u&#x0364;ber&#x017F;teigen alles<lb/>
Vermo&#x0364;gen der men&#x017F;chlichen Vernunft.</p><lb/>
        <p>In die&#x017F;e Verlegenheit gera&#x0364;th &#x017F;ie ohne ihre<lb/>
Schuld. Sie fa&#x0364;ngt von Grund&#x017F;a&#x0364;tzen an, deren Ge-<lb/>
brauch im Laufe der Erfahrung unvermeidlich und zu-<lb/>
gleich durch die&#x017F;e hinreichend bewa&#x0364;hrt i&#x017F;t. Mit die-<lb/>
&#x017F;en &#x017F;teigt &#x017F;ie (wie es auch ihre Natur mit &#x017F;ich bringt)<lb/>
immer ho&#x0364;her, zu entferneteren Bedingungen. Da<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">a 4</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0013] [Abbildung] Vorrede. Die menſchliche Vernunft hat das beſonde- re Schickſal in einer Gattung ihrer Er- kentniſſe: daß ſie durch Fragen belaͤſtigt wird, die ſie nicht a weiſen kan; denn ſie ſind ihr durch die Natur der Vernunft ſelbſt aufgegeben, die ſie aber auch nicht beantworten kan, denn ſie uͤberſteigen alles Vermoͤgen der menſchlichen Vernunft. In dieſe Verlegenheit geraͤth ſie ohne ihre Schuld. Sie faͤngt von Grundſaͤtzen an, deren Ge- brauch im Laufe der Erfahrung unvermeidlich und zu- gleich durch dieſe hinreichend bewaͤhrt iſt. Mit die- ſen ſteigt ſie (wie es auch ihre Natur mit ſich bringt) immer hoͤher, zu entferneteren Bedingungen. Da ſie a 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/13
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/13>, abgerufen am 21.11.2024.