altes System vor Augen haben, und bey denen schon vorher beschlossen ist, was gebilligt oder mißbilligt wer- den soll, verlangen doch keine Erörterung, die ihrer Privatabsicht im Wege seyn könnte;) und so werde ich es auch fernerhin halten.
Wenn es um die Bestimmung eines besonde- ren Vermögens der menschlichen Seele, nach seinen Quellen, Inhalte und Grenzen zu thun ist, so kann man zwar, nach der Natur des menschlichen Erkennt- nisses, nicht anders als von den Theilen derselben, ihrer genauen und (so viel als nach der jetzigen Lage unserer schon erworbenen Elemente derselben möglich ist) vollständigen Darstellung anfangen. Aber es ist noch eine zweyte Aufmerksamkeit, die mehr philo- sophisch und architectonisch ist; nemlich, die Idee des Ganzen richtig zu fassen, und aus derselben alle jene Theile in ihrer wechselseitigen Beziehung auf ein- ander, vermittelst der Ableitung derselben von dem Begriffe jenes Ganzen, in einem reinen Vernunftver- mögen ins Auge zu fassen. Diese Prüfung und Ge-
währ-
Vorrede.
altes Syſtem vor Augen haben, und bey denen ſchon vorher beſchloſſen iſt, was gebilligt oder mißbilligt wer- den ſoll, verlangen doch keine Eroͤrterung, die ihrer Privatabſicht im Wege ſeyn koͤnnte;) und ſo werde ich es auch fernerhin halten.
Wenn es um die Beſtimmung eines beſonde- ren Vermoͤgens der menſchlichen Seele, nach ſeinen Quellen, Inhalte und Grenzen zu thun iſt, ſo kann man zwar, nach der Natur des menſchlichen Erkennt- niſſes, nicht anders als von den Theilen derſelben, ihrer genauen und (ſo viel als nach der jetzigen Lage unſerer ſchon erworbenen Elemente derſelben moͤglich iſt) vollſtaͤndigen Darſtellung anfangen. Aber es iſt noch eine zweyte Aufmerkſamkeit, die mehr philo- ſophiſch und architectoniſch iſt; nemlich, die Idee des Ganzen richtig zu faſſen, und aus derſelben alle jene Theile in ihrer wechſelſeitigen Beziehung auf ein- ander, vermittelſt der Ableitung derſelben von dem Begriffe jenes Ganzen, in einem reinen Vernunftver- moͤgen ins Auge zu faſſen. Dieſe Pruͤfung und Ge-
waͤhr-
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Vorrede.
altes Syſtem vor Augen haben, und bey denen ſchon
vorher beſchloſſen iſt, was gebilligt oder mißbilligt wer-
den ſoll, verlangen doch keine Eroͤrterung, die ihrer
Privatabſicht im Wege ſeyn koͤnnte;) und ſo werde ich
es auch fernerhin halten.
Wenn es um die Beſtimmung eines beſonde-
ren Vermoͤgens der menſchlichen Seele, nach ſeinen
Quellen, Inhalte und Grenzen zu thun iſt, ſo kann
man zwar, nach der Natur des menſchlichen Erkennt-
niſſes, nicht anders als von den Theilen derſelben,
ihrer genauen und (ſo viel als nach der jetzigen Lage
unſerer ſchon erworbenen Elemente derſelben moͤglich
iſt) vollſtaͤndigen Darſtellung anfangen. Aber es
iſt noch eine zweyte Aufmerkſamkeit, die mehr philo-
ſophiſch und architectoniſch iſt; nemlich, die Idee
des Ganzen richtig zu faſſen, und aus derſelben alle
jene Theile in ihrer wechſelſeitigen Beziehung auf ein-
ander, vermittelſt der Ableitung derſelben von dem
Begriffe jenes Ganzen, in einem reinen Vernunftver-
moͤgen ins Auge zu faſſen. Dieſe Pruͤfung und Ge-
waͤhr-
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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/26>, abgerufen am 16.07.2024.
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