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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

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I. Th. II. B. II. Hauptst. Von der Dialectik
gesetzt werden muß, ein Wesen, das durch Verstand
und Willen die Ursache (folglich der Urheber) der Ra-
tur ist, d. i. Gott. Folglich ist das Postulat der
Möglichkeit des höchsten abgeleiteten Guts (der besten
Welt) zugleich das Postulat der Wirklichkeit eines höch-
sten ursprünglichen Guts,
nemlich der Existenz Got-
tes. Nun war es Pflicht für uns das höchste Gut zu
befördern, mithin nicht allein Befugniß, sondern auch
mit der Pflicht als Bedürfniß verbundene Nothwen-
digkeit, die Möglichkeit dieses höchsten Guts vorauszu-
setzen; welches, da es nur unter der Bedingung des
Daseyns Gottes stattfindet, die Voraussetzung desselben
mit der Pflicht unzertrennlich verbindet, d. i. es ist mo-
ralisch nothwendig, das Daseyn Gottes anzunehmen.

Hier ist nun wohl zu merken, daß diese moralische
Rothwendigkeit subjectiv, d. i. Bedürfniß, und nicht
objectiv, d. i. selbst Pflicht sey; denn es kann gar keine
Pflicht geben, die Existenz eines Dinges anzunehmen
(weil dieses blos den theoretischen Gebrauch der Ver-
nunft angeht). Auch wird hierunter nicht verstanden,
daß die Annehmung des Daseyns Gottes, als eines
Grundes aller Verbindlichkeit überhaupt,
nothwen-
dig sey (denn dieser beruht, wie hinreichend bewiesen
worden, lediglich auf der Avtonomie der Vernunft selbst).
Zur Pflicht gehört hier nur die Bearbeitung zu Her-
vorbringung und Beförderung des höchsten Guts in der
Welt, dessen Möglichkeit also postulirt werden kann,

die

I. Th. II. B. II. Hauptſt. Von der Dialectik
geſetzt werden muß, ein Weſen, das durch Verſtand
und Willen die Urſache (folglich der Urheber) der Ra-
tur iſt, d. i. Gott. Folglich iſt das Poſtulat der
Moͤglichkeit des hoͤchſten abgeleiteten Guts (der beſten
Welt) zugleich das Poſtulat der Wirklichkeit eines hoͤch-
ſten urſpruͤnglichen Guts,
nemlich der Exiſtenz Got-
tes. Nun war es Pflicht fuͤr uns das hoͤchſte Gut zu
befoͤrdern, mithin nicht allein Befugniß, ſondern auch
mit der Pflicht als Beduͤrfniß verbundene Nothwen-
digkeit, die Moͤglichkeit dieſes hoͤchſten Guts vorauszu-
ſetzen; welches, da es nur unter der Bedingung des
Daſeyns Gottes ſtattfindet, die Vorausſetzung deſſelben
mit der Pflicht unzertrennlich verbindet, d. i. es iſt mo-
raliſch nothwendig, das Daſeyn Gottes anzunehmen.

Hier iſt nun wohl zu merken, daß dieſe moraliſche
Rothwendigkeit ſubjectiv, d. i. Beduͤrfniß, und nicht
objectiv, d. i. ſelbſt Pflicht ſey; denn es kann gar keine
Pflicht geben, die Exiſtenz eines Dinges anzunehmen
(weil dieſes blos den theoretiſchen Gebrauch der Ver-
nunft angeht). Auch wird hierunter nicht verſtanden,
daß die Annehmung des Daſeyns Gottes, als eines
Grundes aller Verbindlichkeit uͤberhaupt,
nothwen-
dig ſey (denn dieſer beruht, wie hinreichend bewieſen
worden, lediglich auf der Avtonomie der Vernunft ſelbſt).
Zur Pflicht gehoͤrt hier nur die Bearbeitung zu Her-
vorbringung und Befoͤrderung des hoͤchſten Guts in der
Welt, deſſen Moͤglichkeit alſo poſtulirt werden kann,

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[226/0234] I. Th. II. B. II. Hauptſt. Von der Dialectik geſetzt werden muß, ein Weſen, das durch Verſtand und Willen die Urſache (folglich der Urheber) der Ra- tur iſt, d. i. Gott. Folglich iſt das Poſtulat der Moͤglichkeit des hoͤchſten abgeleiteten Guts (der beſten Welt) zugleich das Poſtulat der Wirklichkeit eines hoͤch- ſten urſpruͤnglichen Guts, nemlich der Exiſtenz Got- tes. Nun war es Pflicht fuͤr uns das hoͤchſte Gut zu befoͤrdern, mithin nicht allein Befugniß, ſondern auch mit der Pflicht als Beduͤrfniß verbundene Nothwen- digkeit, die Moͤglichkeit dieſes hoͤchſten Guts vorauszu- ſetzen; welches, da es nur unter der Bedingung des Daſeyns Gottes ſtattfindet, die Vorausſetzung deſſelben mit der Pflicht unzertrennlich verbindet, d. i. es iſt mo- raliſch nothwendig, das Daſeyn Gottes anzunehmen. Hier iſt nun wohl zu merken, daß dieſe moraliſche Rothwendigkeit ſubjectiv, d. i. Beduͤrfniß, und nicht objectiv, d. i. ſelbſt Pflicht ſey; denn es kann gar keine Pflicht geben, die Exiſtenz eines Dinges anzunehmen (weil dieſes blos den theoretiſchen Gebrauch der Ver- nunft angeht). Auch wird hierunter nicht verſtanden, daß die Annehmung des Daſeyns Gottes, als eines Grundes aller Verbindlichkeit uͤberhaupt, nothwen- dig ſey (denn dieſer beruht, wie hinreichend bewieſen worden, lediglich auf der Avtonomie der Vernunft ſelbſt). Zur Pflicht gehoͤrt hier nur die Bearbeitung zu Her- vorbringung und Befoͤrderung des hoͤchſten Guts in der Welt, deſſen Moͤglichkeit alſo poſtulirt werden kann, die

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/234>, abgerufen am 24.11.2024.