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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

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I. Th. I. B. III. Hauptst. Von den Triebfedern
lichen Ausgange, nemlich daß dieselbe Schwierigkeit
viel stärker (in der That, wie wir bald sehen werden,
allein,) das System drückt, in welchem die in Zeit und
Raum bestimmbare Existenz für die Existenz der Dinge
an sich selbst gehalten wird, sie uns also nicht nöthigt,
unsere vornehmste Voraussetzung von der Idealität der
Zeit, als bloßer Form sinnlicher Anschauung, folglich als
bloßer Vorstellungsart, die dem Subjecte als zur Sin-
nenwelt gehörig eigen ist, abzugehen, und also nur er-
fodert sie mit dieser Idee zu vereinigen.

Wenn man uns nemlich auch einräumt, daß das
intelligibele Subject in Ansehung einer gegebenen
Handlung noch frey seyn kann, obgleich es als Sub-
ject, das auch zur Sinnenwelt gehörig, in Ansehung
derselben mechanisch bedingt ist, so scheint es doch,
man müsse, so bald man annimmt, Gott, als allgemei-
nes Urwesen, sey die Ursache auch der Existenz der
Substanz
(ein Satz, der niemals aufgegeben werden
darf, ohne den Begriff von Gott als Wesen aller We-
sen, und hiemit seine Allgenugsamkeit, auf die alles in
der Theologie ankommt, zugleich mit aufzugeben), auch
einräumen. Die Handlungen des Menschen haben in
demjenigen ihren bestimmenden Grund, was gänzlich
außer ihrer Gewalt ist,
nemlich in der Causalität ei-
nes von ihm unterschiedenen höchsten Wesens, von
welchem das Daseyn des erstern, und die ganze Be-
stimmung seiner Causalität ganz und gar abhängt. In

der

I. Th. I. B. III. Hauptſt. Von den Triebfedern
lichen Ausgange, nemlich daß dieſelbe Schwierigkeit
viel ſtaͤrker (in der That, wie wir bald ſehen werden,
allein,) das Syſtem druͤckt, in welchem die in Zeit und
Raum beſtimmbare Exiſtenz fuͤr die Exiſtenz der Dinge
an ſich ſelbſt gehalten wird, ſie uns alſo nicht noͤthigt,
unſere vornehmſte Vorausſetzung von der Idealitaͤt der
Zeit, als bloßer Form ſinnlicher Anſchauung, folglich als
bloßer Vorſtellungsart, die dem Subjecte als zur Sin-
nenwelt gehoͤrig eigen iſt, abzugehen, und alſo nur er-
fodert ſie mit dieſer Idee zu vereinigen.

Wenn man uns nemlich auch einraͤumt, daß das
intelligibele Subject in Anſehung einer gegebenen
Handlung noch frey ſeyn kann, obgleich es als Sub-
ject, das auch zur Sinnenwelt gehoͤrig, in Anſehung
derſelben mechaniſch bedingt iſt, ſo ſcheint es doch,
man muͤſſe, ſo bald man annimmt, Gott, als allgemei-
nes Urweſen, ſey die Urſache auch der Exiſtenz der
Subſtanz
(ein Satz, der niemals aufgegeben werden
darf, ohne den Begriff von Gott als Weſen aller We-
ſen, und hiemit ſeine Allgenugſamkeit, auf die alles in
der Theologie ankommt, zugleich mit aufzugeben), auch
einraͤumen. Die Handlungen des Menſchen haben in
demjenigen ihren beſtimmenden Grund, was gaͤnzlich
außer ihrer Gewalt iſt,
nemlich in der Cauſalitaͤt ei-
nes von ihm unterſchiedenen hoͤchſten Weſens, von
welchem das Daſeyn des erſtern, und die ganze Be-
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[180/0188] I. Th. I. B. III. Hauptſt. Von den Triebfedern lichen Ausgange, nemlich daß dieſelbe Schwierigkeit viel ſtaͤrker (in der That, wie wir bald ſehen werden, allein,) das Syſtem druͤckt, in welchem die in Zeit und Raum beſtimmbare Exiſtenz fuͤr die Exiſtenz der Dinge an ſich ſelbſt gehalten wird, ſie uns alſo nicht noͤthigt, unſere vornehmſte Vorausſetzung von der Idealitaͤt der Zeit, als bloßer Form ſinnlicher Anſchauung, folglich als bloßer Vorſtellungsart, die dem Subjecte als zur Sin- nenwelt gehoͤrig eigen iſt, abzugehen, und alſo nur er- fodert ſie mit dieſer Idee zu vereinigen. Wenn man uns nemlich auch einraͤumt, daß das intelligibele Subject in Anſehung einer gegebenen Handlung noch frey ſeyn kann, obgleich es als Sub- ject, das auch zur Sinnenwelt gehoͤrig, in Anſehung derſelben mechaniſch bedingt iſt, ſo ſcheint es doch, man muͤſſe, ſo bald man annimmt, Gott, als allgemei- nes Urweſen, ſey die Urſache auch der Exiſtenz der Subſtanz (ein Satz, der niemals aufgegeben werden darf, ohne den Begriff von Gott als Weſen aller We- ſen, und hiemit ſeine Allgenugſamkeit, auf die alles in der Theologie ankommt, zugleich mit aufzugeben), auch einraͤumen. Die Handlungen des Menſchen haben in demjenigen ihren beſtimmenden Grund, was gaͤnzlich außer ihrer Gewalt iſt, nemlich in der Cauſalitaͤt ei- nes von ihm unterſchiedenen hoͤchſten Weſens, von welchem das Daſeyn des erſtern, und die ganze Be- ſtimmung ſeiner Cauſalitaͤt ganz und gar abhaͤngt. In der

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/188>, abgerufen am 24.11.2024.