Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.

Warum diese Critik nicht eine Critik der reinen
practischen, sondern schlechthin der practi-
schen Vernunft überhaupt betitelt wird, obgleich der
Parallelism derselben mit der speculativen das erstere
zu erfodern scheint, darüber giebt diese Abhandlung
hinreichenden Aufschluß. Sie soll blos darthun, daß
es reine practische Vernunft gebe,
und critisirt in
dieser Absicht ihr ganzes practisches Vermögen.
Wenn es ihr hiemit gelingt, so bedarf sie das reine
Vermögen selbst
nicht zu critisiren, um zu sehen,
ob sich die Vernunft mit einem solchen, als einer blo-
ßen Anmaßung, nicht übersteige (wie es wol mit
der speculativen geschieht). Denn wenn sie, als rei-
ne Vernunft, wirklich practisch ist, so beweiset sie ih-
re und ihrer Begriffe Realität durch die That, und al-
les Vernünfteln wider die Möglichkeit, es zu seyn, ist
vergeblich.

Mit
A 2

Vorrede.

Warum dieſe Critik nicht eine Critik der reinen
practiſchen, ſondern ſchlechthin der practi-
ſchen Vernunft uͤberhaupt betitelt wird, obgleich der
Parallelism derſelben mit der ſpeculativen das erſtere
zu erfodern ſcheint, daruͤber giebt dieſe Abhandlung
hinreichenden Aufſchluß. Sie ſoll blos darthun, daß
es reine practiſche Vernunft gebe,
und critiſirt in
dieſer Abſicht ihr ganzes practiſches Vermoͤgen.
Wenn es ihr hiemit gelingt, ſo bedarf ſie das reine
Vermoͤgen ſelbſt
nicht zu critiſiren, um zu ſehen,
ob ſich die Vernunft mit einem ſolchen, als einer blo-
ßen Anmaßung, nicht uͤberſteige (wie es wol mit
der ſpeculativen geſchieht). Denn wenn ſie, als rei-
ne Vernunft, wirklich practiſch iſt, ſo beweiſet ſie ih-
re und ihrer Begriffe Realitaͤt durch die That, und al-
les Vernuͤnfteln wider die Moͤglichkeit, es zu ſeyn, iſt
vergeblich.

Mit
A 2
<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0011" n="[3]"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">W</hi>arum die&#x017F;e Critik nicht eine Critik der <hi rendition="#fr">reinen</hi><lb/>
practi&#x017F;chen, &#x017F;ondern &#x017F;chlechthin der practi-<lb/>
&#x017F;chen Vernunft u&#x0364;berhaupt betitelt wird, obgleich der<lb/>
Parallelism der&#x017F;elben mit der &#x017F;peculativen das er&#x017F;tere<lb/>
zu erfodern &#x017F;cheint, daru&#x0364;ber giebt die&#x017F;e Abhandlung<lb/>
hinreichenden Auf&#x017F;chluß. Sie &#x017F;oll blos darthun, <hi rendition="#fr">daß<lb/>
es reine practi&#x017F;che Vernunft gebe,</hi> und criti&#x017F;irt in<lb/>
die&#x017F;er Ab&#x017F;icht ihr ganzes <hi rendition="#fr">practi&#x017F;ches Vermo&#x0364;gen.</hi><lb/>
Wenn es ihr hiemit gelingt, &#x017F;o bedarf &#x017F;ie das <hi rendition="#fr">reine<lb/>
Vermo&#x0364;gen &#x017F;elb&#x017F;t</hi> nicht zu criti&#x017F;iren, um zu &#x017F;ehen,<lb/>
ob &#x017F;ich die Vernunft mit einem &#x017F;olchen, als einer blo-<lb/>
ßen Anmaßung, nicht <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber&#x017F;teige</hi> (wie es wol mit<lb/>
der &#x017F;peculativen ge&#x017F;chieht). Denn wenn &#x017F;ie, als rei-<lb/>
ne Vernunft, wirklich practi&#x017F;ch i&#x017F;t, &#x017F;o bewei&#x017F;et &#x017F;ie ih-<lb/>
re und ihrer Begriffe Realita&#x0364;t durch die That, und al-<lb/>
les Vernu&#x0364;nfteln wider die Mo&#x0364;glichkeit, es zu &#x017F;eyn, i&#x017F;t<lb/>
vergeblich.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">A 2</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Mit</fw><lb/>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[[3]/0011] Vorrede. Warum dieſe Critik nicht eine Critik der reinen practiſchen, ſondern ſchlechthin der practi- ſchen Vernunft uͤberhaupt betitelt wird, obgleich der Parallelism derſelben mit der ſpeculativen das erſtere zu erfodern ſcheint, daruͤber giebt dieſe Abhandlung hinreichenden Aufſchluß. Sie ſoll blos darthun, daß es reine practiſche Vernunft gebe, und critiſirt in dieſer Abſicht ihr ganzes practiſches Vermoͤgen. Wenn es ihr hiemit gelingt, ſo bedarf ſie das reine Vermoͤgen ſelbſt nicht zu critiſiren, um zu ſehen, ob ſich die Vernunft mit einem ſolchen, als einer blo- ßen Anmaßung, nicht uͤberſteige (wie es wol mit der ſpeculativen geſchieht). Denn wenn ſie, als rei- ne Vernunft, wirklich practiſch iſt, ſo beweiſet ſie ih- re und ihrer Begriffe Realitaͤt durch die That, und al- les Vernuͤnfteln wider die Moͤglichkeit, es zu ſeyn, iſt vergeblich. Mit A 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/11
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. [3]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/11>, abgerufen am 22.12.2024.