Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.der reinen practischen Vernunft. einer Causalität mit Freyheit, d. i. die nicht nach Na-turgesetzen bestimmbar, folglich keiner empirischen An- schauung, als Beweises seiner Realität, fähig ist, den- noch aber in dem reinen practischen Gesetze a priori, seine objective Realität, doch (wie leicht einzusehen,) nicht zum Behufe des theoretischen, sondern blos pra- ctischen Gebrauchs der Vernunft vollkommen rechtfer- tigt. Nun ist der Begriff eines Wesens, das freyen Willen hat, der Begriff einer caussa noumenon und daß sich dieser Begriff nicht selbst widerspreche, dafür ist man schon dadurch gesichert, daß der Begriff einer Ursache als gänzlich vom reinen Verstande entsprungen, zugleich auch seiner objectiven Realität in Ansehung der Gegenstände überhaupt durch die Deduction gesichert, dabey seinem Ursprunge nach von allen sinnlichen Be- dingungen unabhängig, also für sich auf Phänomene nicht eingeschränkt, (es sey denn, wo ein theoretischer bestimmter Gebrauch davon gemacht werden wollte,) auf Dinge als reine Verstandeswesen allerdings ange- wandt werden könne. Weil aber dieser Anwendung keine Anschauung, als die jederzeit nur sinnlich seyn kann, untergelegt werden kann, so ist caussa noume- non in Ansehung des theoretischen Gebrauchs der Ver- nunft, obgleich ein möglicher, denkbarer, dennoch leerer Begriff. Nun verlange ich aber auch dadurch nicht die Beschaffenheit eines Wesens, so fern es einen reinen Willen hat, theoretisch zu kennen; es ist mir genug, Kants Crit. d. pract. Vern. G
der reinen practiſchen Vernunft. einer Cauſalitaͤt mit Freyheit, d. i. die nicht nach Na-turgeſetzen beſtimmbar, folglich keiner empiriſchen An- ſchauung, als Beweiſes ſeiner Realitaͤt, faͤhig iſt, den- noch aber in dem reinen practiſchen Geſetze a priori, ſeine objective Realitaͤt, doch (wie leicht einzuſehen,) nicht zum Behufe des theoretiſchen, ſondern blos pra- ctiſchen Gebrauchs der Vernunft vollkommen rechtfer- tigt. Nun iſt der Begriff eines Weſens, das freyen Willen hat, der Begriff einer cauſſa noumenon und daß ſich dieſer Begriff nicht ſelbſt widerſpreche, dafuͤr iſt man ſchon dadurch geſichert, daß der Begriff einer Urſache als gaͤnzlich vom reinen Verſtande entſprungen, zugleich auch ſeiner objectiven Realitaͤt in Anſehung der Gegenſtaͤnde uͤberhaupt durch die Deduction geſichert, dabey ſeinem Urſprunge nach von allen ſinnlichen Be- dingungen unabhaͤngig, alſo fuͤr ſich auf Phaͤnomene nicht eingeſchraͤnkt, (es ſey denn, wo ein theoretiſcher beſtimmter Gebrauch davon gemacht werden wollte,) auf Dinge als reine Verſtandesweſen allerdings ange- wandt werden koͤnne. Weil aber dieſer Anwendung keine Anſchauung, als die jederzeit nur ſinnlich ſeyn kann, untergelegt werden kann, ſo iſt cauſſa noume- non in Anſehung des theoretiſchen Gebrauchs der Ver- nunft, obgleich ein moͤglicher, denkbarer, dennoch leerer Begriff. Nun verlange ich aber auch dadurch nicht die Beſchaffenheit eines Weſens, ſo fern es einen reinen Willen hat, theoretiſch zu kennen; es iſt mir genug, Kants Crit. d. pract. Vern. G
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der reinen practiſchen Vernunft.
einer Cauſalitaͤt mit Freyheit, d. i. die nicht nach Na-
turgeſetzen beſtimmbar, folglich keiner empiriſchen An-
ſchauung, als Beweiſes ſeiner Realitaͤt, faͤhig iſt, den-
noch aber in dem reinen practiſchen Geſetze a priori,
ſeine objective Realitaͤt, doch (wie leicht einzuſehen,)
nicht zum Behufe des theoretiſchen, ſondern blos pra-
ctiſchen Gebrauchs der Vernunft vollkommen rechtfer-
tigt. Nun iſt der Begriff eines Weſens, das freyen
Willen hat, der Begriff einer cauſſa noumenon und
daß ſich dieſer Begriff nicht ſelbſt widerſpreche, dafuͤr
iſt man ſchon dadurch geſichert, daß der Begriff einer
Urſache als gaͤnzlich vom reinen Verſtande entſprungen,
zugleich auch ſeiner objectiven Realitaͤt in Anſehung der
Gegenſtaͤnde uͤberhaupt durch die Deduction geſichert,
dabey ſeinem Urſprunge nach von allen ſinnlichen Be-
dingungen unabhaͤngig, alſo fuͤr ſich auf Phaͤnomene
nicht eingeſchraͤnkt, (es ſey denn, wo ein theoretiſcher
beſtimmter Gebrauch davon gemacht werden wollte,)
auf Dinge als reine Verſtandesweſen allerdings ange-
wandt werden koͤnne. Weil aber dieſer Anwendung
keine Anſchauung, als die jederzeit nur ſinnlich ſeyn
kann, untergelegt werden kann, ſo iſt cauſſa noume-
non in Anſehung des theoretiſchen Gebrauchs der Ver-
nunft, obgleich ein moͤglicher, denkbarer, dennoch
leerer Begriff. Nun verlange ich aber auch dadurch
nicht die Beſchaffenheit eines Weſens, ſo fern es einen
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genug,
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