Kant, Immanuel: Über Pädagogik. Königsberg, 1803.und so ihm Anlaß geben, seinen Witz, sein Gedächtniß u. s. w. zu üben. Der Ausspruch tantum scimus, quantum memoria tenemus hat freylich seine Richtigkeit, und daher ist die Kultur des Gedächtnisses sehr nothwendig. Alle Dinge sind so beschaffen, daß der Verstand erst den sinnlichen Eindrücken folgt, und das Gedächtniß diese aufbehalten muß. So z. E. verhält es sich bey den Sprachen. Man kann sie entweder durch förmliches Memoriren, oder durch den Umgang lernen, und diese letztere ist bey lebenden Sprachen die beste Methode. Das Vocabelnlernen ist würklich nöthig, aber am besten thut man wohl, wenn man diejenigen Wörter lernen läßt, die bey dem Autor, den man mit der Jugend gerade liest, vorkommen. Die Jugend muß ihr gewisses und bestimmtes Pensum haben. So lernt man auch die Geographie durch einen gewissen Mechanism am besten. Das Gedächtniß vorzüglich liebt diesen Mechanism und in einer Menge von Fällen ist er auch sehr nützlich. Für die Geschichte ist bis jetzt noch kein recht geschickter Mechanism erfunden worden; man hat es zwar mit Tabellen versucht, doch scheint es auch mit denen nicht recht gehen zu wollen *). Geschichte aber ist ein treffliches Mittel, den Verstand in der Beurtheilung zu üben. Das Memoriren ist sehr nöthig, aber das zur bloßen Uebung taugt gar nichts, z. E. daß man Reden auswendig lernen läßt. Allenfalls *) Diesen Endzweck hat auch Schlözers Geschichtstafel. Selbst Pestalozzi's Idee und Verfahren scheint auf einen solchen Mechanism gewissermaßen herauszugehen.
A. d. H. und so ihm Anlaß geben, seinen Witz, sein Gedächtniß u. s. w. zu üben. Der Ausspruch tantum scimus, quantum memoria tenemus hat freylich seine Richtigkeit, und daher ist die Kultur des Gedächtnisses sehr nothwendig. Alle Dinge sind so beschaffen, daß der Verstand erst den sinnlichen Eindrücken folgt, und das Gedächtniß diese aufbehalten muß. So z. E. verhält es sich bey den Sprachen. Man kann sie entweder durch förmliches Memoriren, oder durch den Umgang lernen, und diese letztere ist bey lebenden Sprachen die beste Methode. Das Vocabelnlernen ist würklich nöthig, aber am besten thut man wohl, wenn man diejenigen Wörter lernen läßt, die bey dem Autor, den man mit der Jugend gerade liest, vorkommen. Die Jugend muß ihr gewisses und bestimmtes Pensum haben. So lernt man auch die Geographie durch einen gewissen Mechanism am besten. Das Gedächtniß vorzüglich liebt diesen Mechanism und in einer Menge von Fällen ist er auch sehr nützlich. Für die Geschichte ist bis jetzt noch kein recht geschickter Mechanism erfunden worden; man hat es zwar mit Tabellen versucht, doch scheint es auch mit denen nicht recht gehen zu wollen *). Geschichte aber ist ein treffliches Mittel, den Verstand in der Beurtheilung zu üben. Das Memoriren ist sehr nöthig, aber das zur bloßen Uebung taugt gar nichts, z. E. daß man Reden auswendig lernen läßt. Allenfalls *) Diesen Endzweck hat auch Schlözers Geschichtstafel. Selbst Pestalozzi’s Idee und Verfahren scheint auf einen solchen Mechanism gewissermaßen herauszugehen.
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und so ihm Anlaß geben, seinen Witz, sein Gedächtniß u. s. w. zu üben.
Der Ausspruch tantum scimus, quantum memoria tenemus hat freylich seine Richtigkeit, und daher ist die Kultur des Gedächtnisses sehr nothwendig. Alle Dinge sind so beschaffen, daß der Verstand erst den sinnlichen Eindrücken folgt, und das Gedächtniß diese aufbehalten muß. So z. E. verhält es sich bey den Sprachen. Man kann sie entweder durch förmliches Memoriren, oder durch den Umgang lernen, und diese letztere ist bey lebenden Sprachen die beste Methode. Das Vocabelnlernen ist würklich nöthig, aber am besten thut man wohl, wenn man diejenigen Wörter lernen läßt, die bey dem Autor, den man mit der Jugend gerade liest, vorkommen. Die Jugend muß ihr gewisses und bestimmtes Pensum haben. So lernt man auch die Geographie durch einen gewissen Mechanism am besten. Das Gedächtniß vorzüglich liebt diesen Mechanism und in einer Menge von Fällen ist er auch sehr nützlich. Für die Geschichte ist bis jetzt noch kein recht geschickter Mechanism erfunden worden; man hat es zwar mit Tabellen versucht, doch scheint es auch mit denen nicht recht gehen zu wollen *). Geschichte aber ist ein treffliches Mittel, den Verstand in der Beurtheilung zu üben. Das Memoriren ist sehr nöthig, aber das zur bloßen Uebung taugt gar nichts, z. E. daß man Reden auswendig lernen läßt. Allenfalls
*) Diesen Endzweck hat auch Schlözers Geschichtstafel. Selbst Pestalozzi’s Idee und Verfahren scheint auf einen solchen Mechanism gewissermaßen herauszugehen.
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