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Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

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und Theorie des Himmels.

Bey einem auf solche Weise erfüllten Raume
dauert die allgemeine Ruhe nur einen Augenblick.
Die Elemente haben wesentliche Kräfte, einander
in Bewegung zu setzen, und sind sich selber eine
Qvelle des Lebens. Die Materie ist sofort in Be-
strebung, sich zu bilden. Die zerstreuten Elemen-
te dichterer Art sammlen, vermittelst der Anziehung,
aus einer Sphäre rund um sich alle Materie von
minder specifischer Schwere; sie selber aber, zu-
samt der Materie, die sie mit sich vereinigt haben,
sammlen sich in den Puncten, da die Theilchen von
noch dichterer Gattung befindlich seyn, diese glei-
chergestalt zu noch dichteren und so fortan. Jn-
dem man also dieser sich bildenden Natur in Gedan-
ken durch den ganzen Raum des Chaos nachgehet,
so wird man leichtlich inne: daß alle Folgen dieser
Wirkung zuletzt in der Zusammensetzung verschiede-
ner Klumpen bestehen würde, die nach Verrichtung
ihrer Bildungen durch die Gleichheit der Anziehung
ruhig und auf immer unbewegt seyn würden.

Allein die Natur hat noch andere Kräfte im
Vorrath, welche sich vornemlich äussern, wenn die
Materie in feine Theilchen aufgelöset ist, als wo-
durch selbige einander zurück stossen und durch ihren
Streit mit der Anziehung diejenige Bewegung her-
vor bringen, die gleichsam ein dauerhaftes Leben
der Natur ist. Durch diese Zurückstossungskraft,
die sich in der Elasticität der Dünste, dem Ausflus-
se starkriechender Körper und der Ausbreitung aller
geistigen Materien offenbaret, und die ein unstrei-

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und Theorie des Himmels.

Bey einem auf ſolche Weiſe erfuͤllten Raume
dauert die allgemeine Ruhe nur einen Augenblick.
Die Elemente haben weſentliche Kraͤfte, einander
in Bewegung zu ſetzen, und ſind ſich ſelber eine
Qvelle des Lebens. Die Materie iſt ſofort in Be-
ſtrebung, ſich zu bilden. Die zerſtreuten Elemen-
te dichterer Art ſammlen, vermittelſt der Anziehung,
aus einer Sphaͤre rund um ſich alle Materie von
minder ſpecifiſcher Schwere; ſie ſelber aber, zu-
ſamt der Materie, die ſie mit ſich vereinigt haben,
ſammlen ſich in den Puncten, da die Theilchen von
noch dichterer Gattung befindlich ſeyn, dieſe glei-
chergeſtalt zu noch dichteren und ſo fortan. Jn-
dem man alſo dieſer ſich bildenden Natur in Gedan-
ken durch den ganzen Raum des Chaos nachgehet,
ſo wird man leichtlich inne: daß alle Folgen dieſer
Wirkung zuletzt in der Zuſammenſetzung verſchiede-
ner Klumpen beſtehen wuͤrde, die nach Verrichtung
ihrer Bildungen durch die Gleichheit der Anziehung
ruhig und auf immer unbewegt ſeyn wuͤrden.

Allein die Natur hat noch andere Kraͤfte im
Vorrath, welche ſich vornemlich aͤuſſern, wenn die
Materie in feine Theilchen aufgeloͤſet iſt, als wo-
durch ſelbige einander zuruͤck ſtoſſen und durch ihren
Streit mit der Anziehung diejenige Bewegung her-
vor bringen, die gleichſam ein dauerhaftes Leben
der Natur iſt. Durch dieſe Zuruͤckſtoſſungskraft,
die ſich in der Elaſticitaͤt der Duͤnſte, dem Ausfluſ-
ſe ſtarkriechender Koͤrper und der Ausbreitung aller
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[29/0097] und Theorie des Himmels. Bey einem auf ſolche Weiſe erfuͤllten Raume dauert die allgemeine Ruhe nur einen Augenblick. Die Elemente haben weſentliche Kraͤfte, einander in Bewegung zu ſetzen, und ſind ſich ſelber eine Qvelle des Lebens. Die Materie iſt ſofort in Be- ſtrebung, ſich zu bilden. Die zerſtreuten Elemen- te dichterer Art ſammlen, vermittelſt der Anziehung, aus einer Sphaͤre rund um ſich alle Materie von minder ſpecifiſcher Schwere; ſie ſelber aber, zu- ſamt der Materie, die ſie mit ſich vereinigt haben, ſammlen ſich in den Puncten, da die Theilchen von noch dichterer Gattung befindlich ſeyn, dieſe glei- chergeſtalt zu noch dichteren und ſo fortan. Jn- dem man alſo dieſer ſich bildenden Natur in Gedan- ken durch den ganzen Raum des Chaos nachgehet, ſo wird man leichtlich inne: daß alle Folgen dieſer Wirkung zuletzt in der Zuſammenſetzung verſchiede- ner Klumpen beſtehen wuͤrde, die nach Verrichtung ihrer Bildungen durch die Gleichheit der Anziehung ruhig und auf immer unbewegt ſeyn wuͤrden. Allein die Natur hat noch andere Kraͤfte im Vorrath, welche ſich vornemlich aͤuſſern, wenn die Materie in feine Theilchen aufgeloͤſet iſt, als wo- durch ſelbige einander zuruͤck ſtoſſen und durch ihren Streit mit der Anziehung diejenige Bewegung her- vor bringen, die gleichſam ein dauerhaftes Leben der Natur iſt. Durch dieſe Zuruͤckſtoſſungskraft, die ſich in der Elaſticitaͤt der Duͤnſte, dem Ausfluſ- ſe ſtarkriechender Koͤrper und der Ausbreitung aller geiſtigen Materien offenbaret, und die ein unſtrei- ti-

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/97>, abgerufen am 22.11.2024.