stücken hergeleitet worden, ist eine Vollendung sol- cher Muthmassung, und giebt ihr einen Werth, der nicht mehr willkührlich ist.
Die Gewißheit einer mechanischen Lehrverfas- sung von dem Ursprunge des Weltgebäudes, vor- nemlich des unsrigen, wird auf den höchsten Gi- pfel der Ueberzeugung erhoben, wenn man die Bildung der Himmelskörper selber, die Wichtigkeit und Grösse ihrer Massen nach dem Verhältnissen erweget, die sie, in Ansehung ihres Abstandes von dem Mittelpunkte der Gravitation, haben. Denn erstlich ist die Dichtigkeit ihres Stoffes, wenn man sie im ganzen ihres Klumpens erweget, in beständigen Graden mit den Entfernungen von der Sonne abnehmend: eine Bestimmung, die so deutlich auf die mechanische Bestimmungen der ersten Bildung zielet, daß man nichts mehr ver- langen kan. Sie sind aus solchen Materien zu- sammengesetzet, deren die von schwererer Art einen tiefern Ort zu dem gemeinschaftlichen Senkungs- punkte; die von leichterer Art aber, einen entferne- teren Abstand bekommen haben: welche Bedingung, in aller Art der natürlichen Erzeugung, nothwendig ist. Aber bey einer unmittelbar aus dem göttli- chen Willen fliessenden Errichtung, ist nicht der mindeste Grund zu gedachten Verhältnisse anzutref- fen. Denn ob es gleich scheinen möchte, daß die entferneteren Kugeln aus leichterem Stoffe be- stehen müsten, damit sie von der geringern Kraft der Sonnenstrahlen die nöthige Wirkung verspü-
ren
Allgemeine Naturgeſchichte
ſtuͤcken hergeleitet worden, iſt eine Vollendung ſol- cher Muthmaſſung, und giebt ihr einen Werth, der nicht mehr willkuͤhrlich iſt.
Die Gewißheit einer mechaniſchen Lehrverfaſ- ſung von dem Urſprunge des Weltgebaͤudes, vor- nemlich des unſrigen, wird auf den hoͤchſten Gi- pfel der Ueberzeugung erhoben, wenn man die Bildung der Himmelskoͤrper ſelber, die Wichtigkeit und Groͤſſe ihrer Maſſen nach dem Verhaͤltniſſen erweget, die ſie, in Anſehung ihres Abſtandes von dem Mittelpunkte der Gravitation, haben. Denn erſtlich iſt die Dichtigkeit ihres Stoffes, wenn man ſie im ganzen ihres Klumpens erweget, in beſtaͤndigen Graden mit den Entfernungen von der Sonne abnehmend: eine Beſtimmung, die ſo deutlich auf die mechaniſche Beſtimmungen der erſten Bildung zielet, daß man nichts mehr ver- langen kan. Sie ſind aus ſolchen Materien zu- ſammengeſetzet, deren die von ſchwererer Art einen tiefern Ort zu dem gemeinſchaftlichen Senkungs- punkte; die von leichterer Art aber, einen entferne- teren Abſtand bekommen haben: welche Bedingung, in aller Art der natuͤrlichen Erzeugung, nothwendig iſt. Aber bey einer unmittelbar aus dem goͤttli- chen Willen flieſſenden Errichtung, iſt nicht der mindeſte Grund zu gedachten Verhaͤltniſſe anzutref- fen. Denn ob es gleich ſcheinen moͤchte, daß die entferneteren Kugeln aus leichterem Stoffe be- ſtehen muͤſten, damit ſie von der geringern Kraft der Sonnenſtrahlen die noͤthige Wirkung verſpuͤ-
ren
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0228"n="160"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Allgemeine Naturgeſchichte</hi></fw><lb/>ſtuͤcken hergeleitet worden, iſt eine Vollendung ſol-<lb/>
cher Muthmaſſung, und giebt ihr einen Werth,<lb/>
der nicht mehr willkuͤhrlich iſt.</p><lb/><p>Die Gewißheit einer mechaniſchen Lehrverfaſ-<lb/>ſung von dem Urſprunge des Weltgebaͤudes, vor-<lb/>
nemlich des unſrigen, wird auf den hoͤchſten Gi-<lb/>
pfel der Ueberzeugung erhoben, wenn man die<lb/>
Bildung der Himmelskoͤrper ſelber, die Wichtigkeit<lb/>
und Groͤſſe ihrer Maſſen nach dem Verhaͤltniſſen<lb/>
erweget, die ſie, in Anſehung ihres Abſtandes von<lb/>
dem Mittelpunkte der Gravitation, haben. Denn<lb/>
erſtlich iſt die Dichtigkeit ihres Stoffes, wenn<lb/>
man ſie im ganzen ihres Klumpens erweget, in<lb/>
beſtaͤndigen Graden mit den Entfernungen von<lb/>
der Sonne abnehmend: eine Beſtimmung, die ſo<lb/>
deutlich auf die mechaniſche Beſtimmungen der<lb/>
erſten Bildung zielet, daß man nichts mehr ver-<lb/>
langen kan. Sie ſind aus ſolchen Materien zu-<lb/>ſammengeſetzet, deren die von ſchwererer Art einen<lb/>
tiefern Ort zu dem gemeinſchaftlichen Senkungs-<lb/>
punkte; die von leichterer Art aber, einen entferne-<lb/>
teren Abſtand bekommen haben: welche Bedingung,<lb/>
in aller Art der natuͤrlichen Erzeugung, nothwendig<lb/>
iſt. Aber bey einer unmittelbar aus dem goͤttli-<lb/>
chen Willen flieſſenden Errichtung, iſt nicht der<lb/>
mindeſte Grund zu gedachten Verhaͤltniſſe anzutref-<lb/>
fen. Denn ob es gleich ſcheinen moͤchte, daß<lb/>
die entferneteren Kugeln aus leichterem Stoffe be-<lb/>ſtehen muͤſten, damit ſie von der geringern Kraft<lb/>
der Sonnenſtrahlen die noͤthige Wirkung verſpuͤ-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ren</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[160/0228]
Allgemeine Naturgeſchichte
ſtuͤcken hergeleitet worden, iſt eine Vollendung ſol-
cher Muthmaſſung, und giebt ihr einen Werth,
der nicht mehr willkuͤhrlich iſt.
Die Gewißheit einer mechaniſchen Lehrverfaſ-
ſung von dem Urſprunge des Weltgebaͤudes, vor-
nemlich des unſrigen, wird auf den hoͤchſten Gi-
pfel der Ueberzeugung erhoben, wenn man die
Bildung der Himmelskoͤrper ſelber, die Wichtigkeit
und Groͤſſe ihrer Maſſen nach dem Verhaͤltniſſen
erweget, die ſie, in Anſehung ihres Abſtandes von
dem Mittelpunkte der Gravitation, haben. Denn
erſtlich iſt die Dichtigkeit ihres Stoffes, wenn
man ſie im ganzen ihres Klumpens erweget, in
beſtaͤndigen Graden mit den Entfernungen von
der Sonne abnehmend: eine Beſtimmung, die ſo
deutlich auf die mechaniſche Beſtimmungen der
erſten Bildung zielet, daß man nichts mehr ver-
langen kan. Sie ſind aus ſolchen Materien zu-
ſammengeſetzet, deren die von ſchwererer Art einen
tiefern Ort zu dem gemeinſchaftlichen Senkungs-
punkte; die von leichterer Art aber, einen entferne-
teren Abſtand bekommen haben: welche Bedingung,
in aller Art der natuͤrlichen Erzeugung, nothwendig
iſt. Aber bey einer unmittelbar aus dem goͤttli-
chen Willen flieſſenden Errichtung, iſt nicht der
mindeſte Grund zu gedachten Verhaͤltniſſe anzutref-
fen. Denn ob es gleich ſcheinen moͤchte, daß
die entferneteren Kugeln aus leichterem Stoffe be-
ſtehen muͤſten, damit ſie von der geringern Kraft
der Sonnenſtrahlen die noͤthige Wirkung verſpuͤ-
ren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/228>, abgerufen am 18.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.