Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

und Theorie des Himmels.
als die gegenwärtige ist, durch, wer weiß was vor
Ursachen, bis zu gegenwärtigem Grade aufgehal-
ten worden, oder daß man dem abwerts sinkenden
allgemeinen Grundstoffe es zutrauet, denselben nach
den Regeln, die wir oben erkläret, gebildet zu ha-
ben, welches man so genau nicht nehmen muß,
wenn man seine Neigung zum sonderbaren, ver-
gnügen will. Allein, was vor ein Vorrath
von schönen Erläuterungen und Folgen bietet uns
eine solche Jdee dar. Ein Ring um die Erde!
Welche Schönheit eines Anblicks vor diejenige, die
erschaffen waren, die Erde als ein Paradies zu be-
wohnen; wie viel Beqvemlichkeit vor diese, wel-
che die Natur von allen Seiten anlachen solte! Al-
lein dieses ist noch nichts gegen die Bestätigung, die
eine solche Hypothese aus der Urkunde der
Schöpfungsgeschichte entlehnen kan, und die vor
diejenige keine geringe Empfehlung zum Beyfalle
ist, welche die Ehre der Offenbarung nicht zu ent-
weihen, sondern zu bestätigen glauben, wenn sie
sich ihrer bedienen, den Ausschweifungen ihres Wi-
tzes dadurch ein Ansehen zu geben. Das Wasser
der Veste, deren die Mosaische Beschreibung erweh-
net, hat den Auslegern schon nicht wenig Mühe
verursachet. Könte man sich dieses Ringes nicht
bedienen, sich aus dieser Schwierigkeit heraus zu
helfen? Dieser Ring bestand ohne Zweifel aus
wäßrichten Dünsten; und man hat ausser dem
Vortheile, den er den ersten Bewohnern der Erde
verschaffen konte, noch diesen, ihn im benöthigten
Falle zerbrechen zu lassen, um die Welt, die solcher

Schön-

und Theorie des Himmels.
als die gegenwaͤrtige iſt, durch, wer weiß was vor
Urſachen, bis zu gegenwaͤrtigem Grade aufgehal-
ten worden, oder daß man dem abwerts ſinkenden
allgemeinen Grundſtoffe es zutrauet, denſelben nach
den Regeln, die wir oben erklaͤret, gebildet zu ha-
ben, welches man ſo genau nicht nehmen muß,
wenn man ſeine Neigung zum ſonderbaren, ver-
gnuͤgen will. Allein, was vor ein Vorrath
von ſchoͤnen Erlaͤuterungen und Folgen bietet uns
eine ſolche Jdee dar. Ein Ring um die Erde!
Welche Schoͤnheit eines Anblicks vor diejenige, die
erſchaffen waren, die Erde als ein Paradies zu be-
wohnen; wie viel Beqvemlichkeit vor dieſe, wel-
che die Natur von allen Seiten anlachen ſolte! Al-
lein dieſes iſt noch nichts gegen die Beſtaͤtigung, die
eine ſolche Hypotheſe aus der Urkunde der
Schoͤpfungsgeſchichte entlehnen kan, und die vor
diejenige keine geringe Empfehlung zum Beyfalle
iſt, welche die Ehre der Offenbarung nicht zu ent-
weihen, ſondern zu beſtaͤtigen glauben, wenn ſie
ſich ihrer bedienen, den Ausſchweifungen ihres Wi-
tzes dadurch ein Anſehen zu geben. Das Waſſer
der Veſte, deren die Moſaiſche Beſchreibung erweh-
net, hat den Auslegern ſchon nicht wenig Muͤhe
verurſachet. Koͤnte man ſich dieſes Ringes nicht
bedienen, ſich aus dieſer Schwierigkeit heraus zu
helfen? Dieſer Ring beſtand ohne Zweifel aus
waͤßrichten Duͤnſten; und man hat auſſer dem
Vortheile, den er den erſten Bewohnern der Erde
verſchaffen konte, noch dieſen, ihn im benoͤthigten
Falle zerbrechen zu laſſen, um die Welt, die ſolcher

Schoͤn-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0163" n="95"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und Theorie des Himmels.</hi></fw><lb/>
als die gegenwa&#x0364;rtige i&#x017F;t, durch, wer weiß was vor<lb/>
Ur&#x017F;achen, bis zu gegenwa&#x0364;rtigem Grade aufgehal-<lb/>
ten worden, oder daß man dem abwerts &#x017F;inkenden<lb/>
allgemeinen Grund&#x017F;toffe es zutrauet, den&#x017F;elben nach<lb/>
den Regeln, die wir oben erkla&#x0364;ret, gebildet zu ha-<lb/>
ben, welches man &#x017F;o genau nicht nehmen muß,<lb/>
wenn man &#x017F;eine Neigung zum &#x017F;onderbaren, ver-<lb/>
gnu&#x0364;gen will. Allein, was vor ein Vorrath<lb/>
von &#x017F;cho&#x0364;nen Erla&#x0364;uterungen und Folgen bietet uns<lb/>
eine &#x017F;olche Jdee dar. Ein Ring um die Erde!<lb/>
Welche Scho&#x0364;nheit eines Anblicks vor diejenige, die<lb/>
er&#x017F;chaffen waren, die Erde als ein Paradies zu be-<lb/>
wohnen; wie viel Beqvemlichkeit vor die&#x017F;e, wel-<lb/>
che die Natur von allen Seiten anlachen &#x017F;olte! Al-<lb/>
lein die&#x017F;es i&#x017F;t noch nichts gegen die Be&#x017F;ta&#x0364;tigung, die<lb/>
eine &#x017F;olche Hypothe&#x017F;e aus der Urkunde der<lb/>
Scho&#x0364;pfungsge&#x017F;chichte entlehnen kan, und die vor<lb/>
diejenige keine geringe Empfehlung zum Beyfalle<lb/>
i&#x017F;t, welche die Ehre der Offenbarung nicht zu ent-<lb/>
weihen, &#x017F;ondern zu be&#x017F;ta&#x0364;tigen glauben, wenn &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich ihrer bedienen, den Aus&#x017F;chweifungen ihres Wi-<lb/>
tzes dadurch ein An&#x017F;ehen zu geben. Das Wa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
der Ve&#x017F;te, deren die Mo&#x017F;ai&#x017F;che Be&#x017F;chreibung erweh-<lb/>
net, hat den Auslegern &#x017F;chon nicht wenig Mu&#x0364;he<lb/>
verur&#x017F;achet. Ko&#x0364;nte man &#x017F;ich die&#x017F;es Ringes nicht<lb/>
bedienen, &#x017F;ich aus die&#x017F;er Schwierigkeit heraus zu<lb/>
helfen? Die&#x017F;er Ring be&#x017F;tand ohne Zweifel aus<lb/>
wa&#x0364;ßrichten Du&#x0364;n&#x017F;ten; und man hat au&#x017F;&#x017F;er dem<lb/>
Vortheile, den er den er&#x017F;ten Bewohnern der Erde<lb/>
ver&#x017F;chaffen konte, noch die&#x017F;en, ihn im beno&#x0364;thigten<lb/>
Falle zerbrechen zu la&#x017F;&#x017F;en, um die Welt, die &#x017F;olcher<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Scho&#x0364;n-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0163] und Theorie des Himmels. als die gegenwaͤrtige iſt, durch, wer weiß was vor Urſachen, bis zu gegenwaͤrtigem Grade aufgehal- ten worden, oder daß man dem abwerts ſinkenden allgemeinen Grundſtoffe es zutrauet, denſelben nach den Regeln, die wir oben erklaͤret, gebildet zu ha- ben, welches man ſo genau nicht nehmen muß, wenn man ſeine Neigung zum ſonderbaren, ver- gnuͤgen will. Allein, was vor ein Vorrath von ſchoͤnen Erlaͤuterungen und Folgen bietet uns eine ſolche Jdee dar. Ein Ring um die Erde! Welche Schoͤnheit eines Anblicks vor diejenige, die erſchaffen waren, die Erde als ein Paradies zu be- wohnen; wie viel Beqvemlichkeit vor dieſe, wel- che die Natur von allen Seiten anlachen ſolte! Al- lein dieſes iſt noch nichts gegen die Beſtaͤtigung, die eine ſolche Hypotheſe aus der Urkunde der Schoͤpfungsgeſchichte entlehnen kan, und die vor diejenige keine geringe Empfehlung zum Beyfalle iſt, welche die Ehre der Offenbarung nicht zu ent- weihen, ſondern zu beſtaͤtigen glauben, wenn ſie ſich ihrer bedienen, den Ausſchweifungen ihres Wi- tzes dadurch ein Anſehen zu geben. Das Waſſer der Veſte, deren die Moſaiſche Beſchreibung erweh- net, hat den Auslegern ſchon nicht wenig Muͤhe verurſachet. Koͤnte man ſich dieſes Ringes nicht bedienen, ſich aus dieſer Schwierigkeit heraus zu helfen? Dieſer Ring beſtand ohne Zweifel aus waͤßrichten Duͤnſten; und man hat auſſer dem Vortheile, den er den erſten Bewohnern der Erde verſchaffen konte, noch dieſen, ihn im benoͤthigten Falle zerbrechen zu laſſen, um die Welt, die ſolcher Schoͤn-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/163
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/163>, abgerufen am 22.11.2024.