Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.und meinen Schlaf hätte die Verbesserungsbedürftigkeit dieses Gerichtswesens niemals gestört. Aber ich bin dadurch, daß ich angeblich verhaftet wurde - ich bin nämlich verhaftet - gezwungen worden, hier einzugreifen, und zwar um meinetwillen. Wenn ich aber dabei auch Ihnen irgendwie nützlich sein kann, werde ich es natürlich sehr gerne tun. Nicht etwa nur aus Nächstenliebe, sondern außerdem deshalb, weil auch Sie mir helfen können." "Wie könnte ich denn das," fragte die Frau. "Indem Sie mir z. B. jetzt die Bücher dort auf dem Tisch zeigen." "Aber gewiß," rief die Frau und zog ihn eiligst hinter sich her. Es waren alte, abgegriffene Bücher, ein Einbanddeckel war in der Mitte fast zerbrochen, die Stücke hingen nur durch Fasern zusammen. "Wie schmutzig hier alles ist," sagte K. kopfschüttelnd und die Frau wischte mit ihrer Schürze, ehe K. nach den Büchern greifen konnte, wenigstens oberflächlich den Staub weg. K. schlug das erste Buch auf, es erschien ein unanständiges Bild. Ein Mann und eine Frau saßen nackt auf dem Kanapee, die gemeine Absicht des Zeichners war deutlich zu erkennen, aber seine Ungeschicklichkeit war so groß und meinen Schlaf hätte die Verbesserungsbedürftigkeit dieses Gerichtswesens niemals gestört. Aber ich bin dadurch, daß ich angeblich verhaftet wurde – ich bin nämlich verhaftet – gezwungen worden, hier einzugreifen, und zwar um meinetwillen. Wenn ich aber dabei auch Ihnen irgendwie nützlich sein kann, werde ich es natürlich sehr gerne tun. Nicht etwa nur aus Nächstenliebe, sondern außerdem deshalb, weil auch Sie mir helfen können.“ „Wie könnte ich denn das,“ fragte die Frau. „Indem Sie mir z. B. jetzt die Bücher dort auf dem Tisch zeigen.“ „Aber gewiß,“ rief die Frau und zog ihn eiligst hinter sich her. Es waren alte, abgegriffene Bücher, ein Einbanddeckel war in der Mitte fast zerbrochen, die Stücke hingen nur durch Fasern zusammen. „Wie schmutzig hier alles ist,“ sagte K. kopfschüttelnd und die Frau wischte mit ihrer Schürze, ehe K. nach den Büchern greifen konnte, wenigstens oberflächlich den Staub weg. K. schlug das erste Buch auf, es erschien ein unanständiges Bild. Ein Mann und eine Frau saßen nackt auf dem Kanapee, die gemeine Absicht des Zeichners war deutlich zu erkennen, aber seine Ungeschicklichkeit war so groß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0090" n="88"/> und meinen Schlaf hätte die Verbesserungsbedürftigkeit dieses Gerichtswesens niemals gestört. Aber ich bin dadurch, daß ich angeblich verhaftet wurde – ich bin nämlich verhaftet – gezwungen worden, hier einzugreifen, und zwar um meinetwillen. Wenn ich aber dabei auch Ihnen irgendwie nützlich sein kann, werde ich es natürlich sehr gerne tun. Nicht etwa nur aus Nächstenliebe, sondern außerdem deshalb, weil auch Sie mir helfen können.“ „Wie könnte ich denn das,“ fragte die Frau. „Indem Sie mir z. B. jetzt die Bücher dort auf dem Tisch zeigen.“ „Aber gewiß,“ rief die Frau und zog ihn eiligst hinter sich her. Es waren alte, abgegriffene Bücher, ein Einbanddeckel war in der Mitte fast zerbrochen, die Stücke hingen nur durch Fasern zusammen. „Wie schmutzig hier alles ist,“ sagte K. kopfschüttelnd und die Frau wischte mit ihrer Schürze, ehe K. nach den Büchern greifen konnte, wenigstens oberflächlich den Staub weg. K. schlug das erste Buch auf, es erschien ein unanständiges Bild. Ein Mann und eine Frau saßen nackt auf dem Kanapee, die gemeine Absicht des Zeichners war deutlich zu erkennen, aber seine Ungeschicklichkeit war so groß </p> </div> </body> </text> </TEI> [88/0090]
und meinen Schlaf hätte die Verbesserungsbedürftigkeit dieses Gerichtswesens niemals gestört. Aber ich bin dadurch, daß ich angeblich verhaftet wurde – ich bin nämlich verhaftet – gezwungen worden, hier einzugreifen, und zwar um meinetwillen. Wenn ich aber dabei auch Ihnen irgendwie nützlich sein kann, werde ich es natürlich sehr gerne tun. Nicht etwa nur aus Nächstenliebe, sondern außerdem deshalb, weil auch Sie mir helfen können.“ „Wie könnte ich denn das,“ fragte die Frau. „Indem Sie mir z. B. jetzt die Bücher dort auf dem Tisch zeigen.“ „Aber gewiß,“ rief die Frau und zog ihn eiligst hinter sich her. Es waren alte, abgegriffene Bücher, ein Einbanddeckel war in der Mitte fast zerbrochen, die Stücke hingen nur durch Fasern zusammen. „Wie schmutzig hier alles ist,“ sagte K. kopfschüttelnd und die Frau wischte mit ihrer Schürze, ehe K. nach den Büchern greifen konnte, wenigstens oberflächlich den Staub weg. K. schlug das erste Buch auf, es erschien ein unanständiges Bild. Ein Mann und eine Frau saßen nackt auf dem Kanapee, die gemeine Absicht des Zeichners war deutlich zu erkennen, aber seine Ungeschicklichkeit war so groß
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