Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.großes Dreieck von Kerzenlichtern, K. hätte nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob er sie schon früher gesehen hatte. Vielleicht waren sie erst jetzt angezündet worden. Die Kirchendiener sind berufsmäßige Schleicher, man bemerkt sie nicht. Als sich K. zufällig umdrehte, sah er nicht weit hinter sich eine hohe starke an einer Säule befestigte Kerze gleichfalls brennen. So schön das war, zur Beleuchtung der Altarbilder, die meistens in der Finsternis der Seitenaltäre hingen, war das gänzlich unzureichend, es vermehrte vielmehr die Finsternis. Es war vom Italiener ebenso vernünftig als unhöflich gehandelt, daß er nicht gekommen war, es wäre nichts zu sehen gewesen, man hätte sich damit begnügen müssen, mit K.s elektrischer Taschenlampe einige Bilder zollweise abzusuchen. Um zu versuchen, was man davon erwarten könnte, ging K. zu einer nahen kleinen Seitenkapelle, stieg ein paar Stufen bis zu einer niedrigen Marmorbrüstung, und über sie vorgebeugt beleuchtete er mit der Lampe das Altarbild. Störend schwebte das ewige Licht davor. Das Erste, was K. sah und zum Teil erriet, war ein großer gepanzerter Ritter, der am äußersten Rande des Bildes großes Dreieck von Kerzenlichtern, K. hätte nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob er sie schon früher gesehen hatte. Vielleicht waren sie erst jetzt angezündet worden. Die Kirchendiener sind berufsmäßige Schleicher, man bemerkt sie nicht. Als sich K. zufällig umdrehte, sah er nicht weit hinter sich eine hohe starke an einer Säule befestigte Kerze gleichfalls brennen. So schön das war, zur Beleuchtung der Altarbilder, die meistens in der Finsternis der Seitenaltäre hingen, war das gänzlich unzureichend, es vermehrte vielmehr die Finsternis. Es war vom Italiener ebenso vernünftig als unhöflich gehandelt, daß er nicht gekommen war, es wäre nichts zu sehen gewesen, man hätte sich damit begnügen müssen, mit K.s elektrischer Taschenlampe einige Bilder zollweise abzusuchen. Um zu versuchen, was man davon erwarten könnte, ging K. zu einer nahen kleinen Seitenkapelle, stieg ein paar Stufen bis zu einer niedrigen Marmorbrüstung, und über sie vorgebeugt beleuchtete er mit der Lampe das Altarbild. Störend schwebte das ewige Licht davor. Das Erste, was K. sah und zum Teil erriet, war ein großer gepanzerter Ritter, der am äußersten Rande des Bildes <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0362" n="360"/> großes Dreieck von Kerzenlichtern, K. hätte nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob er sie schon früher gesehen hatte. Vielleicht waren sie erst jetzt angezündet worden. Die Kirchendiener sind berufsmäßige Schleicher, man bemerkt sie nicht. Als sich K. zufällig umdrehte, sah er nicht weit hinter sich eine hohe starke an einer Säule befestigte Kerze gleichfalls brennen. So schön das war, zur Beleuchtung der Altarbilder, die meistens in der Finsternis der Seitenaltäre hingen, war das gänzlich unzureichend, es vermehrte vielmehr die Finsternis. Es war vom Italiener ebenso vernünftig als unhöflich gehandelt, daß er nicht gekommen war, es wäre nichts zu sehen gewesen, man hätte sich damit begnügen müssen, mit K.s elektrischer Taschenlampe einige Bilder zollweise abzusuchen. Um zu versuchen, was man davon erwarten könnte, ging K. zu einer nahen kleinen Seitenkapelle, stieg ein paar Stufen bis zu einer niedrigen Marmorbrüstung, und über sie vorgebeugt beleuchtete er mit der Lampe das Altarbild. Störend schwebte das ewige Licht davor. Das Erste, was K. sah und zum Teil erriet, war ein großer gepanzerter Ritter, der am äußersten Rande des Bildes </p> </div> </body> </text> </TEI> [360/0362]
großes Dreieck von Kerzenlichtern, K. hätte nicht mit Bestimmtheit sagen können, ob er sie schon früher gesehen hatte. Vielleicht waren sie erst jetzt angezündet worden. Die Kirchendiener sind berufsmäßige Schleicher, man bemerkt sie nicht. Als sich K. zufällig umdrehte, sah er nicht weit hinter sich eine hohe starke an einer Säule befestigte Kerze gleichfalls brennen. So schön das war, zur Beleuchtung der Altarbilder, die meistens in der Finsternis der Seitenaltäre hingen, war das gänzlich unzureichend, es vermehrte vielmehr die Finsternis. Es war vom Italiener ebenso vernünftig als unhöflich gehandelt, daß er nicht gekommen war, es wäre nichts zu sehen gewesen, man hätte sich damit begnügen müssen, mit K.s elektrischer Taschenlampe einige Bilder zollweise abzusuchen. Um zu versuchen, was man davon erwarten könnte, ging K. zu einer nahen kleinen Seitenkapelle, stieg ein paar Stufen bis zu einer niedrigen Marmorbrüstung, und über sie vorgebeugt beleuchtete er mit der Lampe das Altarbild. Störend schwebte das ewige Licht davor. Das Erste, was K. sah und zum Teil erriet, war ein großer gepanzerter Ritter, der am äußersten Rande des Bildes
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