Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.hinter Leni, beugte sich über ihre Schulter und fragte: "Wer ist der Mann?" Leni umfaßte K. mit einer Hand, die andere quirlte die Suppe, zog ihn nach vorn zu sich und sagte: "Es ist ein bedauernswerter Mensch, ein armer Kaufmann, ein gewisser Block. Sieh ihn nur an." Sie blickten beide zurück. Der Kaufmann saß auf dem Sessel, auf den ihn K. gewiesen hatte, er hatte die Kerze, deren Licht jetzt unnötig war, ausgepustet und drückte mit den Fingern den Docht, um den Rauch zu verhindern. "Du warst im Hemd," sagte K. und wendete ihren Kopf mit der Hand wieder dem Herd zu. Sie schwieg. "Er ist dein Geliebter?" fragte K. Sie wollte nach dem Suppentopf greifen, aber K. nahm ihre beiden Hände und sagte: "Nun antworte!" Sie sagte: "Komm ins Arbeitszimmer, ich werde dir alles erklären." "Nein," sagte K., "ich will, daß du es hier erklärst." Sie hing sich an ihn und wollte ihn küssen. K. wehrte sie aber ab und sagte: "Ich will nicht, daß du mich jetzt küßt." "Josef," sagte Leni und sah K. bittend und doch offen in die Augen, "du wirst doch nicht auf Herrn Block eifersüchtig sein." "Rudi," sagte sie dann, sich an den Kaufmann wendend, "so hilf mir doch, hinter Leni, beugte sich über ihre Schulter und fragte: „Wer ist der Mann?“ Leni umfaßte K. mit einer Hand, die andere quirlte die Suppe, zog ihn nach vorn zu sich und sagte: „Es ist ein bedauernswerter Mensch, ein armer Kaufmann, ein gewisser Block. Sieh ihn nur an.“ Sie blickten beide zurück. Der Kaufmann saß auf dem Sessel, auf den ihn K. gewiesen hatte, er hatte die Kerze, deren Licht jetzt unnötig war, ausgepustet und drückte mit den Fingern den Docht, um den Rauch zu verhindern. „Du warst im Hemd,“ sagte K. und wendete ihren Kopf mit der Hand wieder dem Herd zu. Sie schwieg. „Er ist dein Geliebter?“ fragte K. Sie wollte nach dem Suppentopf greifen, aber K. nahm ihre beiden Hände und sagte: „Nun antworte!“ Sie sagte: „Komm ins Arbeitszimmer, ich werde dir alles erklären.“ „Nein,“ sagte K., „ich will, daß du es hier erklärst.“ Sie hing sich an ihn und wollte ihn küssen. K. wehrte sie aber ab und sagte: „Ich will nicht, daß du mich jetzt küßt.“ „Josef,“ sagte Leni und sah K. bittend und doch offen in die Augen, „du wirst doch nicht auf Herrn Block eifersüchtig sein.“ „Rudi,“ sagte sie dann, sich an den Kaufmann wendend, „so hilf mir doch, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0298" n="296"/> hinter Leni, beugte sich über ihre Schulter und fragte: „Wer ist der Mann?“ Leni umfaßte K. mit einer Hand, die andere quirlte die Suppe, zog ihn nach vorn zu sich und sagte: „Es ist ein bedauernswerter Mensch, ein armer Kaufmann, ein gewisser Block. Sieh ihn nur an.“ Sie blickten beide zurück. Der Kaufmann saß auf dem Sessel, auf den ihn K. gewiesen hatte, er hatte die Kerze, deren Licht jetzt unnötig war, ausgepustet und drückte mit den Fingern den Docht, um den Rauch zu verhindern. „Du warst im Hemd,“ sagte K. und wendete ihren Kopf mit der Hand wieder dem Herd zu. Sie schwieg. „Er ist dein Geliebter?“ fragte K. Sie wollte nach dem Suppentopf greifen, aber K. nahm ihre beiden Hände und sagte: „Nun antworte!“ Sie sagte: „Komm ins Arbeitszimmer, ich werde dir alles erklären.“ „Nein,“ sagte K., „ich will, daß du es hier erklärst.“ Sie hing sich an ihn und wollte ihn küssen. K. wehrte sie aber ab und sagte: „Ich will nicht, daß du mich jetzt küßt.“ „Josef,“ sagte Leni und sah K. bittend und doch offen in die Augen, „du wirst doch nicht auf Herrn Block eifersüchtig sein.“ „Rudi,“ sagte sie dann, sich an den Kaufmann wendend, „so hilf mir doch, </p> </div> </body> </text> </TEI> [296/0298]
hinter Leni, beugte sich über ihre Schulter und fragte: „Wer ist der Mann?“ Leni umfaßte K. mit einer Hand, die andere quirlte die Suppe, zog ihn nach vorn zu sich und sagte: „Es ist ein bedauernswerter Mensch, ein armer Kaufmann, ein gewisser Block. Sieh ihn nur an.“ Sie blickten beide zurück. Der Kaufmann saß auf dem Sessel, auf den ihn K. gewiesen hatte, er hatte die Kerze, deren Licht jetzt unnötig war, ausgepustet und drückte mit den Fingern den Docht, um den Rauch zu verhindern. „Du warst im Hemd,“ sagte K. und wendete ihren Kopf mit der Hand wieder dem Herd zu. Sie schwieg. „Er ist dein Geliebter?“ fragte K. Sie wollte nach dem Suppentopf greifen, aber K. nahm ihre beiden Hände und sagte: „Nun antworte!“ Sie sagte: „Komm ins Arbeitszimmer, ich werde dir alles erklären.“ „Nein,“ sagte K., „ich will, daß du es hier erklärst.“ Sie hing sich an ihn und wollte ihn küssen. K. wehrte sie aber ab und sagte: „Ich will nicht, daß du mich jetzt küßt.“ „Josef,“ sagte Leni und sah K. bittend und doch offen in die Augen, „du wirst doch nicht auf Herrn Block eifersüchtig sein.“ „Rudi,“ sagte sie dann, sich an den Kaufmann wendend, „so hilf mir doch,
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