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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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Richterstuhl sitzt." "Ja," sagte der Maler, "aber er ist kein hoher Richter und ist niemals auf einem solchen Thronsessel gesessen." "Und läßt sich doch in so feierlicher Haltung malen? Er sitzt ja da wie ein Gerichtspräsident." "Ja, eitel sind die Herren," sagte der Maler. "Aber sie haben die höhere Erlaubnis, sich so malen zu lassen. Jedem ist genau vorgeschrieben, wie er sich malen lassen darf. Nur kann man leider gerade nach diesem Bilde die Einzelheiten der Tracht und des Sitzes nicht beurteilen, die Pastellfarben sind für solche Darstellungen nicht geeignet." "Ja," sagte K., "es ist sonderbar, daß es in Pastellfarben gemalt ist." "Der Richter wünschte es so," sagte der Maler, "es ist für eine Dame bestimmt." Der Anblick des Bildes schien ihm Lust zur Arbeit gemacht zu haben, er krempelte die Hemdärmel aufwärts, nahm einige Stifte in die Hand und K. sah zu, wie unter den zitternden Spitzen der Stifte anschließend an den Kopf des Richters ein rötlicher Schatten sich bildete, der strahlenförmig gegen den Rand des Bildes verging. Allmählich umgab dieses Spiel des Schattens den Kopf wie ein Schmuck oder eine hohe Auszeichnung. Um die Figur der Gerechtigkeit

Richterstuhl sitzt.“ „Ja,“ sagte der Maler, „aber er ist kein hoher Richter und ist niemals auf einem solchen Thronsessel gesessen.“ „Und läßt sich doch in so feierlicher Haltung malen? Er sitzt ja da wie ein Gerichtspräsident.“ „Ja, eitel sind die Herren,“ sagte der Maler. „Aber sie haben die höhere Erlaubnis, sich so malen zu lassen. Jedem ist genau vorgeschrieben, wie er sich malen lassen darf. Nur kann man leider gerade nach diesem Bilde die Einzelheiten der Tracht und des Sitzes nicht beurteilen, die Pastellfarben sind für solche Darstellungen nicht geeignet.“ „Ja,“ sagte K., „es ist sonderbar, daß es in Pastellfarben gemalt ist.“ „Der Richter wünschte es so,“ sagte der Maler, „es ist für eine Dame bestimmt.“ Der Anblick des Bildes schien ihm Lust zur Arbeit gemacht zu haben, er krempelte die Hemdärmel aufwärts, nahm einige Stifte in die Hand und K. sah zu, wie unter den zitternden Spitzen der Stifte anschließend an den Kopf des Richters ein rötlicher Schatten sich bildete, der strahlenförmig gegen den Rand des Bildes verging. Allmählich umgab dieses Spiel des Schattens den Kopf wie ein Schmuck oder eine hohe Auszeichnung. Um die Figur der Gerechtigkeit

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[255/0257] Richterstuhl sitzt.“ „Ja,“ sagte der Maler, „aber er ist kein hoher Richter und ist niemals auf einem solchen Thronsessel gesessen.“ „Und läßt sich doch in so feierlicher Haltung malen? Er sitzt ja da wie ein Gerichtspräsident.“ „Ja, eitel sind die Herren,“ sagte der Maler. „Aber sie haben die höhere Erlaubnis, sich so malen zu lassen. Jedem ist genau vorgeschrieben, wie er sich malen lassen darf. Nur kann man leider gerade nach diesem Bilde die Einzelheiten der Tracht und des Sitzes nicht beurteilen, die Pastellfarben sind für solche Darstellungen nicht geeignet.“ „Ja,“ sagte K., „es ist sonderbar, daß es in Pastellfarben gemalt ist.“ „Der Richter wünschte es so,“ sagte der Maler, „es ist für eine Dame bestimmt.“ Der Anblick des Bildes schien ihm Lust zur Arbeit gemacht zu haben, er krempelte die Hemdärmel aufwärts, nahm einige Stifte in die Hand und K. sah zu, wie unter den zitternden Spitzen der Stifte anschließend an den Kopf des Richters ein rötlicher Schatten sich bildete, der strahlenförmig gegen den Rand des Bildes verging. Allmählich umgab dieses Spiel des Schattens den Kopf wie ein Schmuck oder eine hohe Auszeichnung. Um die Figur der Gerechtigkeit

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/257>, abgerufen am 25.11.2024.