Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite


Sechstes Kapitel.
Von der Verfassung der Holländer in Japan
überhaupt.


Die Holländer wurden durch den blühenden Handel der Portugiesen auf dieses Land
bald aufmerksam gemacht, und fiengen gleich im Anfang ihrer asiatischen Fahrten
und bald nachdem ihre oftindische Compagnie aufgerichtet war, mit dem Anfang
dieses (siebzehnten) Jahrhunderts an, dies lezte Reich der Welt jährlich zu besuchen. Jhre
erste Anfurth war bei dem Lande und der Stadt Firando, wo sie desto eher zugelassen wur-
den, weil sie als erbitterte Feinde derer sich zeigten, von welchen die Regierung das Reich
zu befreien wünschte. Man erlaubte ihnen deshalb, auf einer durch eine Brücke mit der
Stadt verbundnen Jnsel ihr Comptoir und Wohnung anzulegen. Obgleich die Portugiesen
damals bei den Großen des Reichs noch sehr viel galten, und sich der Zulassung der Hol-
länder widersezten, so konten sie doch nicht hindern, daß diese 1611 von dem Kaiser Jjejas,
oder nach seinem Tode Gongen genant, die gesezliche Erlaubnis bekamen, das Reich zu
besuchen. Diese wurde ertheilt in einem Gosjunin, das heist nach dem Wortverstande, ein
hohes Zinnober Merkzeichen, worunter man einen kaiserlichen Freibrief versteht, der
von den Reichsräthen unterschrieben und mit dem kaiserlichen rothen Siegel (von dem er den
Namen führt) bekräftigt ist. Jn diesem wurde ihnen der freie Handel und Anfurth in allen
Theilen und Häfen des Reichs zugestanden, auch wurden sie sogar allen Unterthanen in den
vortheilhaftesten Ausdrücken aufs Beste empfohlen.

Nach des Jjejas Tode hielten die Holländer ganz wider Gewohnheit der japanischen
Nation, die ihre väterlichen Satzungen heilig zu halten pflegt, um Erneuerung ihrer Pri-
vilegien und einen neuen Freibrief an, der ihnen in äußerlicher Form mit dem vorigen gleich,

aber


Sechſtes Kapitel.
Von der Verfaſſung der Hollaͤnder in Japan
uͤberhaupt.


Die Hollaͤnder wurden durch den bluͤhenden Handel der Portugieſen auf dieſes Land
bald aufmerkſam gemacht, und fiengen gleich im Anfang ihrer aſiatiſchen Fahrten
und bald nachdem ihre oftindiſche Compagnie aufgerichtet war, mit dem Anfang
dieſes (ſiebzehnten) Jahrhunderts an, dies lezte Reich der Welt jaͤhrlich zu beſuchen. Jhre
erſte Anfurth war bei dem Lande und der Stadt Firando, wo ſie deſto eher zugelaſſen wur-
den, weil ſie als erbitterte Feinde derer ſich zeigten, von welchen die Regierung das Reich
zu befreien wuͤnſchte. Man erlaubte ihnen deshalb, auf einer durch eine Bruͤcke mit der
Stadt verbundnen Jnſel ihr Comptoir und Wohnung anzulegen. Obgleich die Portugieſen
damals bei den Großen des Reichs noch ſehr viel galten, und ſich der Zulaſſung der Hol-
laͤnder widerſezten, ſo konten ſie doch nicht hindern, daß dieſe 1611 von dem Kaiſer Jjejas,
oder nach ſeinem Tode Gongen genant, die geſezliche Erlaubnis bekamen, das Reich zu
beſuchen. Dieſe wurde ertheilt in einem Gosjunin, das heiſt nach dem Wortverſtande, ein
hohes Zinnober Merkzeichen, worunter man einen kaiſerlichen Freibrief verſteht, der
von den Reichsraͤthen unterſchrieben und mit dem kaiſerlichen rothen Siegel (von dem er den
Namen fuͤhrt) bekraͤftigt iſt. Jn dieſem wurde ihnen der freie Handel und Anfurth in allen
Theilen und Haͤfen des Reichs zugeſtanden, auch wurden ſie ſogar allen Unterthanen in den
vortheilhafteſten Ausdruͤcken aufs Beſte empfohlen.

Nach des Jjejas Tode hielten die Hollaͤnder ganz wider Gewohnheit der japaniſchen
Nation, die ihre vaͤterlichen Satzungen heilig zu halten pflegt, um Erneuerung ihrer Pri-
vilegien und einen neuen Freibrief an, der ihnen in aͤußerlicher Form mit dem vorigen gleich,

aber
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0084" n="70"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Sech&#x017F;tes Kapitel</hi>.<lb/>
Von der Verfa&#x017F;&#x017F;ung der Holla&#x0364;nder in Japan<lb/>
u&#x0364;berhaupt.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Holla&#x0364;nder wurden durch den blu&#x0364;henden Handel der Portugie&#x017F;en auf die&#x017F;es Land<lb/>
bald aufmerk&#x017F;am gemacht, und fiengen gleich im Anfang ihrer a&#x017F;iati&#x017F;chen Fahrten<lb/>
und bald nachdem ihre oftindi&#x017F;che Compagnie aufgerichtet war, mit dem Anfang<lb/>
die&#x017F;es (&#x017F;iebzehnten) Jahrhunderts an, dies lezte Reich der Welt ja&#x0364;hrlich zu be&#x017F;uchen. Jhre<lb/>
er&#x017F;te Anfurth war bei dem Lande und der Stadt <hi rendition="#fr">Firando,</hi> wo &#x017F;ie de&#x017F;to eher zugela&#x017F;&#x017F;en wur-<lb/>
den, weil &#x017F;ie als erbitterte Feinde derer &#x017F;ich zeigten, von welchen die Regierung das Reich<lb/>
zu befreien wu&#x0364;n&#x017F;chte. Man erlaubte ihnen deshalb, auf einer durch eine Bru&#x0364;cke mit der<lb/>
Stadt verbundnen Jn&#x017F;el ihr Comptoir und Wohnung anzulegen. Obgleich die Portugie&#x017F;en<lb/>
damals bei den Großen des Reichs noch &#x017F;ehr viel galten, und &#x017F;ich der Zula&#x017F;&#x017F;ung der Hol-<lb/>
la&#x0364;nder wider&#x017F;ezten, &#x017F;o konten &#x017F;ie doch nicht hindern, daß die&#x017F;e 1611 von dem Kai&#x017F;er <hi rendition="#fr">Jjejas,</hi><lb/>
oder nach &#x017F;einem Tode <hi rendition="#fr">Gongen</hi> genant, die ge&#x017F;ezliche Erlaubnis bekamen, das Reich zu<lb/>
be&#x017F;uchen. Die&#x017F;e wurde ertheilt in einem <hi rendition="#fr">Gosjunin,</hi> das hei&#x017F;t nach dem Wortver&#x017F;tande, ein<lb/><hi rendition="#fr">hohes Zinnober Merkzeichen,</hi> worunter man einen kai&#x017F;erlichen Freibrief ver&#x017F;teht, der<lb/>
von den Reichsra&#x0364;then unter&#x017F;chrieben und mit dem kai&#x017F;erlichen rothen Siegel (von dem er den<lb/>
Namen fu&#x0364;hrt) bekra&#x0364;ftigt i&#x017F;t. Jn die&#x017F;em wurde ihnen der freie Handel und Anfurth in allen<lb/>
Theilen und Ha&#x0364;fen des Reichs zuge&#x017F;tanden, auch wurden &#x017F;ie &#x017F;ogar allen Unterthanen in den<lb/>
vortheilhafte&#x017F;ten Ausdru&#x0364;cken aufs Be&#x017F;te empfohlen.</p><lb/>
          <p>Nach des Jjejas Tode hielten die Holla&#x0364;nder ganz wider Gewohnheit der japani&#x017F;chen<lb/>
Nation, die ihre va&#x0364;terlichen Satzungen heilig zu halten pflegt, um Erneuerung ihrer Pri-<lb/>
vilegien und einen neuen Freibrief an, der ihnen in a&#x0364;ußerlicher Form mit dem vorigen gleich,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">aber</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0084] Sechſtes Kapitel. Von der Verfaſſung der Hollaͤnder in Japan uͤberhaupt. Die Hollaͤnder wurden durch den bluͤhenden Handel der Portugieſen auf dieſes Land bald aufmerkſam gemacht, und fiengen gleich im Anfang ihrer aſiatiſchen Fahrten und bald nachdem ihre oftindiſche Compagnie aufgerichtet war, mit dem Anfang dieſes (ſiebzehnten) Jahrhunderts an, dies lezte Reich der Welt jaͤhrlich zu beſuchen. Jhre erſte Anfurth war bei dem Lande und der Stadt Firando, wo ſie deſto eher zugelaſſen wur- den, weil ſie als erbitterte Feinde derer ſich zeigten, von welchen die Regierung das Reich zu befreien wuͤnſchte. Man erlaubte ihnen deshalb, auf einer durch eine Bruͤcke mit der Stadt verbundnen Jnſel ihr Comptoir und Wohnung anzulegen. Obgleich die Portugieſen damals bei den Großen des Reichs noch ſehr viel galten, und ſich der Zulaſſung der Hol- laͤnder widerſezten, ſo konten ſie doch nicht hindern, daß dieſe 1611 von dem Kaiſer Jjejas, oder nach ſeinem Tode Gongen genant, die geſezliche Erlaubnis bekamen, das Reich zu beſuchen. Dieſe wurde ertheilt in einem Gosjunin, das heiſt nach dem Wortverſtande, ein hohes Zinnober Merkzeichen, worunter man einen kaiſerlichen Freibrief verſteht, der von den Reichsraͤthen unterſchrieben und mit dem kaiſerlichen rothen Siegel (von dem er den Namen fuͤhrt) bekraͤftigt iſt. Jn dieſem wurde ihnen der freie Handel und Anfurth in allen Theilen und Haͤfen des Reichs zugeſtanden, auch wurden ſie ſogar allen Unterthanen in den vortheilhafteſten Ausdruͤcken aufs Beſte empfohlen. Nach des Jjejas Tode hielten die Hollaͤnder ganz wider Gewohnheit der japaniſchen Nation, die ihre vaͤterlichen Satzungen heilig zu halten pflegt, um Erneuerung ihrer Pri- vilegien und einen neuen Freibrief an, der ihnen in aͤußerlicher Form mit dem vorigen gleich, aber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/84
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/84>, abgerufen am 03.12.2024.