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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Fünft. Kap. Von der Portugiesen und Castilianer Ankunft.
ihren auch entferntesten Verwandten das Land räumen, da der Hof sich nunmehr hinläng-
lich versichert hatte, daß die Niederländer das Reich mit allen Waaren, die man bisher
durch die Portugiesen erhalten, hinlänglich versehen würden. Man erklärte deshalb die
Portugiesen und Castilianer für Erbfeinde des Reichs, und verbot auf ewig ihren und aller
ihrer Freunde Eintrit ins Reich, auch die Einfuhr aller in Spanien und Portugal gezeugter
oder verarbeiteter Waaren, als Tücher, Leder, Wolle, und alle andre; nur allein die
spanischen Weine wurden zur Consumtion des kaiserlichen Hofes ausgenommen. Auf die
Art waren noch vor dem Ausgang des Jahrs 1639 alle Portugiesen und Spanier aus
Japan vertrieben.

Jn dem folgenden Jahr 1640 machte die Regierung zu Macao einen Versuch, ihre
Umstände zu verbessern. Allein die zwei Abgesandte, die sie in dieser Absicht hieher sandte,
wurden mit ihrem ganzen Gefolge, (das zusammen aus 73 Personen bestand) sobald sie in
den Hafen von Nangasacki eingelaufen, sogleich in Arrest gebracht, ob sie gleich gar keine
Waaren mitgebracht, und also nicht in Handelsabsichten kamen. Man meldete ihre An-
kunft sogleich nach Hofe und auf kaiserlichen Befehl wurden diese Personen wider alles Völ-
kerrecht enthauptet. Nur zwölf der geringsten Bedienten schikte man zurük, um von der
Behandlung, die ihre Herren und Gefährten erfahren, Nachricht zu geben, mit der Dro-
hung, man wolle es mit der Portugiesen König oder der Christen Gott nicht besser machen,
wenn sie sich jemals unterstünden, in Japan ans Land zu kommen. Diese unglüklichen
Boten sind niemals nach Macao gekommen, und vermuthlich zur See umgekommen, weil
sie ihr Schif nicht regieren konten.

Die Hinrichtung der übrigen geschahe nach Japanischer Manier so, daß jeder
einen eignen Büttel bekam, und also in einem Augenblik allen zugleich die Köpfe abge-
hauen wurden.

Jn einem Japanischen Mnscpt. eines Nangasackischen Bürgers habe ich auch
noch eine andre, noch vor der eben erzählten *) vorgefalne tragische Geschichte erzählt ge-
funden, da eine große spanische Krake mit drei Schifsböden, die in diesen Hafen **) ein-
gelaufen war, versenkt und alle darauf befindliche Manschaft durch ein ganz unerhörtes
Blutbad niedergemacht wurde. Jch finde zwar in den Journalen der damals schon in Fi-
rando
angeseßnen Holländer, welche aber zum Theil verloren gegangen, von dieser Bege-
benheit nichts erwähnt, kan aber doch an ihrer Wahrheit nicht zweiflen, und trage daher
kein Bedenken, sie nach der Japanischen Erzählung von Wort zu Wort hier einzurücken.

Unweit
*) Am Rande des Mnscpt. des Neffen steht: ist vor 80 Jahren, also etwa um das Jahr 1610 geschehn.
**) d. i. den von Nangasackt.
J 2

Fuͤnft. Kap. Von der Portugieſen und Caſtilianer Ankunft.
ihren auch entfernteſten Verwandten das Land raͤumen, da der Hof ſich nunmehr hinlaͤng-
lich verſichert hatte, daß die Niederlaͤnder das Reich mit allen Waaren, die man bisher
durch die Portugieſen erhalten, hinlaͤnglich verſehen wuͤrden. Man erklaͤrte deshalb die
Portugieſen und Caſtilianer fuͤr Erbfeinde des Reichs, und verbot auf ewig ihren und aller
ihrer Freunde Eintrit ins Reich, auch die Einfuhr aller in Spanien und Portugal gezeugter
oder verarbeiteter Waaren, als Tuͤcher, Leder, Wolle, und alle andre; nur allein die
ſpaniſchen Weine wurden zur Conſumtion des kaiſerlichen Hofes ausgenommen. Auf die
Art waren noch vor dem Ausgang des Jahrs 1639 alle Portugieſen und Spanier aus
Japan vertrieben.

Jn dem folgenden Jahr 1640 machte die Regierung zu Macao einen Verſuch, ihre
Umſtaͤnde zu verbeſſern. Allein die zwei Abgeſandte, die ſie in dieſer Abſicht hieher ſandte,
wurden mit ihrem ganzen Gefolge, (das zuſammen aus 73 Perſonen beſtand) ſobald ſie in
den Hafen von Nangaſacki eingelaufen, ſogleich in Arreſt gebracht, ob ſie gleich gar keine
Waaren mitgebracht, und alſo nicht in Handelsabſichten kamen. Man meldete ihre An-
kunft ſogleich nach Hofe und auf kaiſerlichen Befehl wurden dieſe Perſonen wider alles Voͤl-
kerrecht enthauptet. Nur zwoͤlf der geringſten Bedienten ſchikte man zuruͤk, um von der
Behandlung, die ihre Herren und Gefaͤhrten erfahren, Nachricht zu geben, mit der Dro-
hung, man wolle es mit der Portugieſen Koͤnig oder der Chriſten Gott nicht beſſer machen,
wenn ſie ſich jemals unterſtuͤnden, in Japan ans Land zu kommen. Dieſe ungluͤklichen
Boten ſind niemals nach Macao gekommen, und vermuthlich zur See umgekommen, weil
ſie ihr Schif nicht regieren konten.

Die Hinrichtung der uͤbrigen geſchahe nach Japaniſcher Manier ſo, daß jeder
einen eignen Buͤttel bekam, und alſo in einem Augenblik allen zugleich die Koͤpfe abge-
hauen wurden.

Jn einem Japaniſchen Mnſcpt. eines Nangaſackiſchen Buͤrgers habe ich auch
noch eine andre, noch vor der eben erzaͤhlten *) vorgefalne tragiſche Geſchichte erzaͤhlt ge-
funden, da eine große ſpaniſche Krake mit drei Schifsboͤden, die in dieſen Hafen **) ein-
gelaufen war, verſenkt und alle darauf befindliche Manſchaft durch ein ganz unerhoͤrtes
Blutbad niedergemacht wurde. Jch finde zwar in den Journalen der damals ſchon in Fi-
rando
angeſeßnen Hollaͤnder, welche aber zum Theil verloren gegangen, von dieſer Bege-
benheit nichts erwaͤhnt, kan aber doch an ihrer Wahrheit nicht zweiflen, und trage daher
kein Bedenken, ſie nach der Japaniſchen Erzaͤhlung von Wort zu Wort hier einzuruͤcken.

Unweit
*) Am Rande des Mnſcpt. des Neffen ſteht: iſt vor 80 Jahren, alſo etwa um das Jahr 1610 geſchehn.
**) d. i. den von Nangaſackt.
J 2
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[67/0081] Fuͤnft. Kap. Von der Portugieſen und Caſtilianer Ankunft. ihren auch entfernteſten Verwandten das Land raͤumen, da der Hof ſich nunmehr hinlaͤng- lich verſichert hatte, daß die Niederlaͤnder das Reich mit allen Waaren, die man bisher durch die Portugieſen erhalten, hinlaͤnglich verſehen wuͤrden. Man erklaͤrte deshalb die Portugieſen und Caſtilianer fuͤr Erbfeinde des Reichs, und verbot auf ewig ihren und aller ihrer Freunde Eintrit ins Reich, auch die Einfuhr aller in Spanien und Portugal gezeugter oder verarbeiteter Waaren, als Tuͤcher, Leder, Wolle, und alle andre; nur allein die ſpaniſchen Weine wurden zur Conſumtion des kaiſerlichen Hofes ausgenommen. Auf die Art waren noch vor dem Ausgang des Jahrs 1639 alle Portugieſen und Spanier aus Japan vertrieben. Jn dem folgenden Jahr 1640 machte die Regierung zu Macao einen Verſuch, ihre Umſtaͤnde zu verbeſſern. Allein die zwei Abgeſandte, die ſie in dieſer Abſicht hieher ſandte, wurden mit ihrem ganzen Gefolge, (das zuſammen aus 73 Perſonen beſtand) ſobald ſie in den Hafen von Nangaſacki eingelaufen, ſogleich in Arreſt gebracht, ob ſie gleich gar keine Waaren mitgebracht, und alſo nicht in Handelsabſichten kamen. Man meldete ihre An- kunft ſogleich nach Hofe und auf kaiſerlichen Befehl wurden dieſe Perſonen wider alles Voͤl- kerrecht enthauptet. Nur zwoͤlf der geringſten Bedienten ſchikte man zuruͤk, um von der Behandlung, die ihre Herren und Gefaͤhrten erfahren, Nachricht zu geben, mit der Dro- hung, man wolle es mit der Portugieſen Koͤnig oder der Chriſten Gott nicht beſſer machen, wenn ſie ſich jemals unterſtuͤnden, in Japan ans Land zu kommen. Dieſe ungluͤklichen Boten ſind niemals nach Macao gekommen, und vermuthlich zur See umgekommen, weil ſie ihr Schif nicht regieren konten. Die Hinrichtung der uͤbrigen geſchahe nach Japaniſcher Manier ſo, daß jeder einen eignen Buͤttel bekam, und alſo in einem Augenblik allen zugleich die Koͤpfe abge- hauen wurden. Jn einem Japaniſchen Mnſcpt. eines Nangaſackiſchen Buͤrgers habe ich auch noch eine andre, noch vor der eben erzaͤhlten *) vorgefalne tragiſche Geſchichte erzaͤhlt ge- funden, da eine große ſpaniſche Krake mit drei Schifsboͤden, die in dieſen Hafen **) ein- gelaufen war, verſenkt und alle darauf befindliche Manſchaft durch ein ganz unerhoͤrtes Blutbad niedergemacht wurde. Jch finde zwar in den Journalen der damals ſchon in Fi- rando angeſeßnen Hollaͤnder, welche aber zum Theil verloren gegangen, von dieſer Bege- benheit nichts erwaͤhnt, kan aber doch an ihrer Wahrheit nicht zweiflen, und trage daher kein Bedenken, ſie nach der Japaniſchen Erzaͤhlung von Wort zu Wort hier einzuruͤcken. Unweit *) Am Rande des Mnſcpt. des Neffen ſteht: iſt vor 80 Jahren, alſo etwa um das Jahr 1610 geſchehn. **) d. i. den von Nangaſackt. J 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/81>, abgerufen am 29.11.2024.