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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Viertes Buch.
in den lezten Jahren ihres Verfals führten sie hier zu Nangasacki an Waaren ein, die sie
mit sehr großem Vortheil wieder verkauften, im Herbst des Jahrs 1636 mit sechs Galio-
ten 2, 317, 214 Thail: 9: 9; im Jahr 1637 mit sechs Galioten 2, 142, 365 Thail, 4: 1;
im Jahr 1638 mit zwei Galioten 1, 259, 023 Thail, 7: 3. Auch führte man zu eben
dieser Zeit mit vier Galioten 2350 Kisten Silber oder 350,000 Thail, nebst 287 portu-
giesischen Familien von Nangasackt nach Macao. Auch finde ich angezeigt, daß sie noch
wenige Jahre vorher nur mit einer Krake 100 Tonnen Goldes von hier wegge-
führt haben.

Was nun den endlichen Fal und die völlige Vertreibung der Portugiesen aus Ja-
pan
betrift, so habe ich aus dem Munde der Japaner erfahren, daß vornemlich zwei La-
ster, Hoffarth der Vornehmen und Geiz der Gemeinen, diese Nation verhast gemacht ha-
ben. Den Geiz, sagten sie, hätten selbst die bekehrten Christen nicht mehr ertragen kön-
nen, da sie bemerkt, daß die Geistlichen nicht nur das Heyl der Seelen, sondern auch Reich-
thum, äußern Glanz und Ehre eifrig suchten, und daß die Weltlichen in ihrem Handel
ganz über alle Billigkeit wucherten. Der Hochmuth aber sey bei ihnen mit der großen Aus-
breitung des Christenthums in Japan gestiegen. Die vornehmsten Geistlichen wolten nun
nicht mehr, wie Christus und die Apostel in Jerusalem, zu Fuße gehn, sondern wie der
Pabst und die Kardinäle in Rom in prächtigen Sänften getragen seyn; ja sie maßen sich sogar
gleiche Würde mit den weltlichen großen Herrn des Landes, oder wohl gar den Vorzug vor
denselben an. Wie einstens der christliche Bischof dem ersten Reichsrathe begegnete und ihm
der Gewohnheit des Landes nach, mit Stilhalten der Sänfte oder Austreten aus derselben,
seinen Respekt hätte bezeugen müssen, that er dieses nicht, sondern befahl seinen Trägern
fort und vorbei zu gehn. Dies veranlaste, daß dieser Reichsrath der portugiesischen Nation
Feind wurde, und sich über die erfahrne Jnsolenz bei dem Kaiser Taiko beschwerte, wel-
ches der Nation zu großem Nachtheil gereichte und zu der folgenden Ausrottung der Christen
eine sehr wirksame Veranlassung wurde. Schon gleich im folgenden Jahr (1597) wurde ein
blutiger Anfang dieser Ausrottung gemacht, da man auf einmal 26 Personen und unter den-
selben auch zwei fremde *) Jesuiten und verschiedne Franziskaner kreuzigen ließ.

Aus den angeführten Lastern der Portugiesen wurde diese Verfolgung auch noch
durch die Betrachtung veranlast, daß das eingeführte Christenthum mit allen einheimischen
uralten Religionen grundstreitig und schlechterdings nicht vereinbar war, und daher in der
öffentlichen Ruhe große Stöhrung und Verwirrung der Landesverfassung verursachte, und
man mit Recht befürchten muste, daß dieses Unheil künftig noch immer ärger werden würde.
Denn die neuen Christen pflegten ihre bei den väterlichen Religionen gebliebnen Landsleute

zu
*) Die andern waren vermuthlich alle eingebohrne Japaner.

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch.
in den lezten Jahren ihres Verfals fuͤhrten ſie hier zu Nangaſacki an Waaren ein, die ſie
mit ſehr großem Vortheil wieder verkauften, im Herbſt des Jahrs 1636 mit ſechs Galio-
ten 2, 317, 214 Thail: 9: 9; im Jahr 1637 mit ſechs Galioten 2, 142, 365 Thail, 4: 1;
im Jahr 1638 mit zwei Galioten 1, 259, 023 Thail, 7: 3. Auch fuͤhrte man zu eben
dieſer Zeit mit vier Galioten 2350 Kiſten Silber oder 350,000 Thail, nebſt 287 portu-
gieſiſchen Familien von Nangaſackt nach Macao. Auch finde ich angezeigt, daß ſie noch
wenige Jahre vorher nur mit einer Krake 100 Tonnen Goldes von hier wegge-
fuͤhrt haben.

Was nun den endlichen Fal und die voͤllige Vertreibung der Portugieſen aus Ja-
pan
betrift, ſo habe ich aus dem Munde der Japaner erfahren, daß vornemlich zwei La-
ſter, Hoffarth der Vornehmen und Geiz der Gemeinen, dieſe Nation verhaſt gemacht ha-
ben. Den Geiz, ſagten ſie, haͤtten ſelbſt die bekehrten Chriſten nicht mehr ertragen koͤn-
nen, da ſie bemerkt, daß die Geiſtlichen nicht nur das Heyl der Seelen, ſondern auch Reich-
thum, aͤußern Glanz und Ehre eifrig ſuchten, und daß die Weltlichen in ihrem Handel
ganz uͤber alle Billigkeit wucherten. Der Hochmuth aber ſey bei ihnen mit der großen Aus-
breitung des Chriſtenthums in Japan geſtiegen. Die vornehmſten Geiſtlichen wolten nun
nicht mehr, wie Chriſtus und die Apoſtel in Jeruſalem, zu Fuße gehn, ſondern wie der
Pabſt und die Kardinaͤle in Rom in praͤchtigen Saͤnften getragen ſeyn; ja ſie maßen ſich ſogar
gleiche Wuͤrde mit den weltlichen großen Herrn des Landes, oder wohl gar den Vorzug vor
denſelben an. Wie einſtens der chriſtliche Biſchof dem erſten Reichsrathe begegnete und ihm
der Gewohnheit des Landes nach, mit Stilhalten der Saͤnfte oder Austreten aus derſelben,
ſeinen Reſpekt haͤtte bezeugen muͤſſen, that er dieſes nicht, ſondern befahl ſeinen Traͤgern
fort und vorbei zu gehn. Dies veranlaſte, daß dieſer Reichsrath der portugieſiſchen Nation
Feind wurde, und ſich uͤber die erfahrne Jnſolenz bei dem Kaiſer Taiko beſchwerte, wel-
ches der Nation zu großem Nachtheil gereichte und zu der folgenden Ausrottung der Chriſten
eine ſehr wirkſame Veranlaſſung wurde. Schon gleich im folgenden Jahr (1597) wurde ein
blutiger Anfang dieſer Ausrottung gemacht, da man auf einmal 26 Perſonen und unter den-
ſelben auch zwei fremde *) Jeſuiten und verſchiedne Franziskaner kreuzigen ließ.

Aus den angefuͤhrten Laſtern der Portugieſen wurde dieſe Verfolgung auch noch
durch die Betrachtung veranlaſt, daß das eingefuͤhrte Chriſtenthum mit allen einheimiſchen
uralten Religionen grundſtreitig und ſchlechterdings nicht vereinbar war, und daher in der
oͤffentlichen Ruhe große Stoͤhrung und Verwirrung der Landesverfaſſung verurſachte, und
man mit Recht befuͤrchten muſte, daß dieſes Unheil kuͤnftig noch immer aͤrger werden wuͤrde.
Denn die neuen Chriſten pflegten ihre bei den vaͤterlichen Religionen gebliebnen Landsleute

zu
*) Die andern waren vermuthlich alle eingebohrne Japaner.
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[62/0076] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Viertes Buch. in den lezten Jahren ihres Verfals fuͤhrten ſie hier zu Nangaſacki an Waaren ein, die ſie mit ſehr großem Vortheil wieder verkauften, im Herbſt des Jahrs 1636 mit ſechs Galio- ten 2, 317, 214 Thail: 9: 9; im Jahr 1637 mit ſechs Galioten 2, 142, 365 Thail, 4: 1; im Jahr 1638 mit zwei Galioten 1, 259, 023 Thail, 7: 3. Auch fuͤhrte man zu eben dieſer Zeit mit vier Galioten 2350 Kiſten Silber oder 350,000 Thail, nebſt 287 portu- gieſiſchen Familien von Nangaſackt nach Macao. Auch finde ich angezeigt, daß ſie noch wenige Jahre vorher nur mit einer Krake 100 Tonnen Goldes von hier wegge- fuͤhrt haben. Was nun den endlichen Fal und die voͤllige Vertreibung der Portugieſen aus Ja- pan betrift, ſo habe ich aus dem Munde der Japaner erfahren, daß vornemlich zwei La- ſter, Hoffarth der Vornehmen und Geiz der Gemeinen, dieſe Nation verhaſt gemacht ha- ben. Den Geiz, ſagten ſie, haͤtten ſelbſt die bekehrten Chriſten nicht mehr ertragen koͤn- nen, da ſie bemerkt, daß die Geiſtlichen nicht nur das Heyl der Seelen, ſondern auch Reich- thum, aͤußern Glanz und Ehre eifrig ſuchten, und daß die Weltlichen in ihrem Handel ganz uͤber alle Billigkeit wucherten. Der Hochmuth aber ſey bei ihnen mit der großen Aus- breitung des Chriſtenthums in Japan geſtiegen. Die vornehmſten Geiſtlichen wolten nun nicht mehr, wie Chriſtus und die Apoſtel in Jeruſalem, zu Fuße gehn, ſondern wie der Pabſt und die Kardinaͤle in Rom in praͤchtigen Saͤnften getragen ſeyn; ja ſie maßen ſich ſogar gleiche Wuͤrde mit den weltlichen großen Herrn des Landes, oder wohl gar den Vorzug vor denſelben an. Wie einſtens der chriſtliche Biſchof dem erſten Reichsrathe begegnete und ihm der Gewohnheit des Landes nach, mit Stilhalten der Saͤnfte oder Austreten aus derſelben, ſeinen Reſpekt haͤtte bezeugen muͤſſen, that er dieſes nicht, ſondern befahl ſeinen Traͤgern fort und vorbei zu gehn. Dies veranlaſte, daß dieſer Reichsrath der portugieſiſchen Nation Feind wurde, und ſich uͤber die erfahrne Jnſolenz bei dem Kaiſer Taiko beſchwerte, wel- ches der Nation zu großem Nachtheil gereichte und zu der folgenden Ausrottung der Chriſten eine ſehr wirkſame Veranlaſſung wurde. Schon gleich im folgenden Jahr (1597) wurde ein blutiger Anfang dieſer Ausrottung gemacht, da man auf einmal 26 Perſonen und unter den- ſelben auch zwei fremde *) Jeſuiten und verſchiedne Franziskaner kreuzigen ließ. Aus den angefuͤhrten Laſtern der Portugieſen wurde dieſe Verfolgung auch noch durch die Betrachtung veranlaſt, daß das eingefuͤhrte Chriſtenthum mit allen einheimiſchen uralten Religionen grundſtreitig und ſchlechterdings nicht vereinbar war, und daher in der oͤffentlichen Ruhe große Stoͤhrung und Verwirrung der Landesverfaſſung verurſachte, und man mit Recht befuͤrchten muſte, daß dieſes Unheil kuͤnftig noch immer aͤrger werden wuͤrde. Denn die neuen Chriſten pflegten ihre bei den vaͤterlichen Religionen gebliebnen Landsleute zu *) Die andern waren vermuthlich alle eingebohrne Japaner.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/76>, abgerufen am 27.11.2024.