Die dritte Art von Bereitung ist endlich das Kochen, welches fast den ganzen Tag durch bei den gemeinen Bürgern und Bauern üblich ist. Einer von den Hausgenos- sen nämlich mus noch vor Tages Anbruch aufstehn, und auf dem Heerde einen eisernen Kes- sel auf hängen, der mit Wasser angefült ist. Entweder ehe dasselbe gekocht hat, oder nach- her wirft man zwei, drei, und (nach der Zahl der Hausgenossen) noch mehr Handvol Blät- ter Ban Tsja hinein; auf diese wird alsdenn ein Korb von der Figur und Größe des Kes- sels gestelt, der diesen ganz ausfült und die Blätter auf den Boden prest, damit sie hernach bei dem Ausschöpfen nicht hinderlich werden. Dieser Kessel ist nur für alle Hausgenossen die algemeine Quelle, um den Durst zu löschen; zu der Jeder, nach Belieben, freyen Zu- trit hat. Ein Schöpflöffel mit einem kleinen Teller hängt daneben. Auch ist kalt Wasser zur Hand, daß man damit immer die Theeinfusion unterhalten, und sie nach Gefallen schwächer auch bei heftigem Durst einen starken Trunk ohne Zeitverlust nehmen könne. Andre lassen den Korb ganz weg, und kochen den Thee in einem kleinen Sacke, welches denn in Absicht der Wirkung auf eines hinauskömt. Man kocht aber so keine andre Gat- tung von Thee, als die| Bantsja, weil die Kräfte derselben mehr in den faserigten Theilen enthalten sind, und nicht wohl anders, als durch ein starkes Kochen herausgeprest werden können.
Man erfodert eine ganz besondre Kentnis zum Theebereiten, und zum Präsentiren desselben in einer guten Geselschaft einen gewissen eignen Anstand, wobei es in der That nicht sowohl auf die Sache selbst, als auf die Mode und das Herkommen ankömt. Diese Kunst heist Sado oder Tsjanoi, uud es giebt ganz eigne Lehrer, welche die Kinder beiderlei Ge- schlechts in dem Tsjanosj unterrichten. Dies Wort bedeutet: einer Theegeselschaft bei- wohnen, und auf eine wohlanständige und lobenswürdige Art den Thee präsen- tiren. Dies mus in Japan erlernt werden, so wie man in Europa etwa tranchiren, auf eine gute Art Gerichte präsentiren, Tanzen u. d. gl. lernt.
Die armen Handwerker (besonders in der Provinz Nara) pflegen auch wohl mit dem Theewasser (sowohl dem gekochten, als blos aufgegosnen) ihren Reis, das Hauptnah- rungsmittel dieser Nation, zu kochen. Man sagt, daß er dadurch mehr Nährendes und Sättigendes bekomme, so daß man mit einer Portion des auf diese Art verbesserten Reises so weit reiche, als sonst mit drei.
Von den Theeblättern der schlechtesten Sorten macht man auch noch einen äußern Gebrauch, wenn sie zum innern zu alt und verderbt sind. Man färbt nämlich seidne Zeuge damit kastanienbraun. Blos in dieser Absicht wird jährlich eine große Menge Theeblätter aus Sina nach Gutscherat (in Ostindien) gebracht.
§. 10.
V. Geſchichte des Japaniſchen Thees.
Die dritte Art von Bereitung iſt endlich das Kochen, welches faſt den ganzen Tag durch bei den gemeinen Buͤrgern und Bauern uͤblich iſt. Einer von den Hausgenoſ- ſen naͤmlich mus noch vor Tages Anbruch aufſtehn, und auf dem Heerde einen eiſernen Keſ- ſel auf haͤngen, der mit Waſſer angefuͤlt iſt. Entweder ehe daſſelbe gekocht hat, oder nach- her wirft man zwei, drei, und (nach der Zahl der Hausgenoſſen) noch mehr Handvol Blaͤt- ter Ban Tſja hinein; auf dieſe wird alsdenn ein Korb von der Figur und Groͤße des Keſ- ſels geſtelt, der dieſen ganz ausfuͤlt und die Blaͤtter auf den Boden preſt, damit ſie hernach bei dem Ausſchoͤpfen nicht hinderlich werden. Dieſer Keſſel iſt nur fuͤr alle Hausgenoſſen die algemeine Quelle, um den Durſt zu loͤſchen; zu der Jeder, nach Belieben, freyen Zu- trit hat. Ein Schoͤpfloͤffel mit einem kleinen Teller haͤngt daneben. Auch iſt kalt Waſſer zur Hand, daß man damit immer die Theeinfuſion unterhalten, und ſie nach Gefallen ſchwaͤcher auch bei heftigem Durſt einen ſtarken Trunk ohne Zeitverluſt nehmen koͤnne. Andre laſſen den Korb ganz weg, und kochen den Thee in einem kleinen Sacke, welches denn in Abſicht der Wirkung auf eines hinauskoͤmt. Man kocht aber ſo keine andre Gat- tung von Thee, als die| Bantſja, weil die Kraͤfte derſelben mehr in den faſerigten Theilen enthalten ſind, und nicht wohl anders, als durch ein ſtarkes Kochen herausgepreſt werden koͤnnen.
Man erfodert eine ganz beſondre Kentnis zum Theebereiten, und zum Praͤſentiren deſſelben in einer guten Geſelſchaft einen gewiſſen eignen Anſtand, wobei es in der That nicht ſowohl auf die Sache ſelbſt, als auf die Mode und das Herkommen ankoͤmt. Dieſe Kunſt heiſt Sado oder Tſjanoi, uud es giebt ganz eigne Lehrer, welche die Kinder beiderlei Ge- ſchlechts in dem Tſjanoſj unterrichten. Dies Wort bedeutet: einer Theegeſelſchaft bei- wohnen, und auf eine wohlanſtaͤndige und lobenswuͤrdige Art den Thee praͤſen- tiren. Dies mus in Japan erlernt werden, ſo wie man in Europa etwa tranchiren, auf eine gute Art Gerichte praͤſentiren, Tanzen u. d. gl. lernt.
Die armen Handwerker (beſonders in der Provinz Nara) pflegen auch wohl mit dem Theewaſſer (ſowohl dem gekochten, als blos aufgegosnen) ihren Reis, das Hauptnah- rungsmittel dieſer Nation, zu kochen. Man ſagt, daß er dadurch mehr Naͤhrendes und Saͤttigendes bekomme, ſo daß man mit einer Portion des auf dieſe Art verbeſſerten Reiſes ſo weit reiche, als ſonſt mit drei.
Von den Theeblaͤttern der ſchlechteſten Sorten macht man auch noch einen aͤußern Gebrauch, wenn ſie zum innern zu alt und verderbt ſind. Man faͤrbt naͤmlich ſeidne Zeuge damit kaſtanienbraun. Blos in dieſer Abſicht wird jaͤhrlich eine große Menge Theeblaͤtter aus Sina nach Gutſcherat (in Oſtindien) gebracht.
§. 10.
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her wirft man zwei, drei, und (nach der Zahl der Hausgenoſſen) noch mehr Handvol Blaͤt-
ter Ban Tſja hinein; auf dieſe wird alsdenn ein Korb von der Figur und Groͤße des Keſ-
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bei dem Ausſchoͤpfen nicht hinderlich werden. Dieſer Keſſel iſt nur fuͤr alle Hausgenoſſen
die algemeine Quelle, um den Durſt zu loͤſchen; zu der Jeder, nach Belieben, freyen Zu-
trit hat. Ein Schoͤpfloͤffel mit einem kleinen Teller haͤngt daneben. Auch iſt kalt Waſſer
zur Hand, daß man damit immer die Theeinfuſion unterhalten, und ſie nach Gefallen
ſchwaͤcher auch bei heftigem Durſt einen ſtarken Trunk ohne Zeitverluſt nehmen koͤnne.
Andre laſſen den Korb ganz weg, und kochen den Thee in einem kleinen Sacke, welches
denn in Abſicht der Wirkung auf eines hinauskoͤmt. Man kocht aber ſo keine andre Gat-
tung von Thee, als die| Bantſja, weil die Kraͤfte derſelben mehr in den faſerigten Theilen
enthalten ſind, und nicht wohl anders, als durch ein ſtarkes Kochen herausgepreſt werden
koͤnnen.
Man erfodert eine ganz beſondre Kentnis zum Theebereiten, und zum Praͤſentiren
deſſelben in einer guten Geſelſchaft einen gewiſſen eignen Anſtand, wobei es in der That nicht
ſowohl auf die Sache ſelbſt, als auf die Mode und das Herkommen ankoͤmt. Dieſe Kunſt
heiſt Sado oder Tſjanoi, uud es giebt ganz eigne Lehrer, welche die Kinder beiderlei Ge-
ſchlechts in dem Tſjanoſj unterrichten. Dies Wort bedeutet: einer Theegeſelſchaft bei-
wohnen, und auf eine wohlanſtaͤndige und lobenswuͤrdige Art den Thee praͤſen-
tiren. Dies mus in Japan erlernt werden, ſo wie man in Europa etwa tranchiren,
auf eine gute Art Gerichte praͤſentiren, Tanzen u. d. gl. lernt.
Die armen Handwerker (beſonders in der Provinz Nara) pflegen auch wohl mit
dem Theewaſſer (ſowohl dem gekochten, als blos aufgegosnen) ihren Reis, das Hauptnah-
rungsmittel dieſer Nation, zu kochen. Man ſagt, daß er dadurch mehr Naͤhrendes und
Saͤttigendes bekomme, ſo daß man mit einer Portion des auf dieſe Art verbeſſerten Reiſes
ſo weit reiche, als ſonſt mit drei.
Von den Theeblaͤttern der ſchlechteſten Sorten macht man auch noch einen aͤußern
Gebrauch, wenn ſie zum innern zu alt und verderbt ſind. Man faͤrbt naͤmlich ſeidne Zeuge
damit kaſtanienbraun. Blos in dieſer Abſicht wird jaͤhrlich eine große Menge Theeblaͤtter
aus Sina nach Gutſcherat (in Oſtindien) gebracht.
§. 10.
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/520>, abgerufen am 28.11.2024.
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