Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der übrigen Welt. Bürger ist, und also den Neid aller übrigen Nationen der Erde vorachten kan. Denn wenin der Welt hat Japan zu fürchten, außer den ewigen Gott? Alle umliegende Jnseln, Liquejo, Jedso, Coräa, sind ihm unterworfen. Auch darf es Sina, obgleich ein Reich von unermeslichem Umfang, nicht fürchten, sondern kan ihm vielmehr Furcht ein- flößen. Denn die Sineser sind schwach uud weichlich, und ihr Ueberwinder, der Kaiser, aus tatarischem Stam, hat schon so viele und unterschiedne Länder und Nationen zu regie- ren, daß er wohl niemals seine Eroberungen bis nach Japan ausdehnen wird. Der izt regierende Monarch Tsinojos, (ein Sohn des Jjetzna, der nach dem Tode Genjujiin genant wurde, und ein Enkel des Teitoquini) ist ein großer und vortreflicher Herr, Erbe der väterlichen Tugend, zugleich strenger Beobachter der Gesetze und sehr gnädig gegen seine Unterthanen. Er ist von früher Jugend an in der Lehre des Konfucius erzogen, und führt den Zepter, so wie es seinem Volk und Lande angemessen ist. Unter ihm leben alle Bürger in der volkommensten Eintracht, ehren alle ihre Götter, gehorchen den Gesetzen, folgen ihren Obern, beweisen ihres Gleichen Höflichkeit und Liebe. Dies Volk übertrift alle andre der Welt an Sitten, Tugend, Künsten und feinem Betragen, und ist ausneh- mend glüklich durch seinen innern Handel, seinen fruchtbaren Boden, seinen gesunden und starken Körper, seine muthige Seele, seinen Ueberflus an allen Bedürfnissen des Lebens, seine ununterbrochne innere Ruhe. Gewis, wenn ein Bürger Japans seinen itzigen Zustand mit der ehmaligen Freiheit vergleicht, oder auch in die entfernteste Geschichte seines Vaterlan- des zurükgeht; so wird er keinen Zeitpunkt finden, in dem es sich glüklicher befunden hätte, als izt, da es durch den höchsten Willen eines Regenten regiert, und von der Gemeinschaft mit der ganzen übrigen Welt abgeschnitten und völlig verschlossen ist. Nacherinnerungen des Herausgebers. Jch hätte bei diesem Aufsaz öfter Anlas zu Berichtigung der Jdeen des Verfassers ge- schen
II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt. Buͤrger iſt, und alſo den Neid aller uͤbrigen Nationen der Erde vorachten kan. Denn wenin der Welt hat Japan zu fuͤrchten, außer den ewigen Gott? Alle umliegende Jnſeln, Liquejo, Jedſo, Coraͤa, ſind ihm unterworfen. Auch darf es Sina, obgleich ein Reich von unermeslichem Umfang, nicht fuͤrchten, ſondern kan ihm vielmehr Furcht ein- floͤßen. Denn die Sineſer ſind ſchwach uud weichlich, und ihr Ueberwinder, der Kaiſer, aus tatariſchem Stam, hat ſchon ſo viele und unterſchiedne Laͤnder und Nationen zu regie- ren, daß er wohl niemals ſeine Eroberungen bis nach Japan ausdehnen wird. Der izt regierende Monarch Tſinojos, (ein Sohn des Jjetzna, der nach dem Tode Genjujiin genant wurde, und ein Enkel des Teitoquini) iſt ein großer und vortreflicher Herr, Erbe der vaͤterlichen Tugend, zugleich ſtrenger Beobachter der Geſetze und ſehr gnaͤdig gegen ſeine Unterthanen. Er iſt von fruͤher Jugend an in der Lehre des Konfucius erzogen, und fuͤhrt den Zepter, ſo wie es ſeinem Volk und Lande angemeſſen iſt. Unter ihm leben alle Buͤrger in der volkommenſten Eintracht, ehren alle ihre Goͤtter, gehorchen den Geſetzen, folgen ihren Obern, beweiſen ihres Gleichen Hoͤflichkeit und Liebe. Dies Volk uͤbertrift alle andre der Welt an Sitten, Tugend, Kuͤnſten und feinem Betragen, und iſt ausneh- mend gluͤklich durch ſeinen innern Handel, ſeinen fruchtbaren Boden, ſeinen geſunden und ſtarken Koͤrper, ſeine muthige Seele, ſeinen Ueberflus an allen Beduͤrfniſſen des Lebens, ſeine ununterbrochne innere Ruhe. Gewis, wenn ein Buͤrger Japans ſeinen itzigen Zuſtand mit der ehmaligen Freiheit vergleicht, oder auch in die entfernteſte Geſchichte ſeines Vaterlan- des zuruͤkgeht; ſo wird er keinen Zeitpunkt finden, in dem es ſich gluͤklicher befunden haͤtte, als izt, da es durch den hoͤchſten Willen eines Regenten regiert, und von der Gemeinſchaft mit der ganzen uͤbrigen Welt abgeſchnitten und voͤllig verſchloſſen iſt. Nacherinnerungen des Herausgebers. Jch haͤtte bei dieſem Aufſaz oͤfter Anlas zu Berichtigung der Jdeen des Verfaſſers ge- ſchen
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II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt.
Buͤrger iſt, und alſo den Neid aller uͤbrigen Nationen der Erde vorachten kan. Denn wen
in der Welt hat Japan zu fuͤrchten, außer den ewigen Gott? Alle umliegende Jnſeln,
Liquejo, Jedſo, Coraͤa, ſind ihm unterworfen. Auch darf es Sina, obgleich ein
Reich von unermeslichem Umfang, nicht fuͤrchten, ſondern kan ihm vielmehr Furcht ein-
floͤßen. Denn die Sineſer ſind ſchwach uud weichlich, und ihr Ueberwinder, der Kaiſer,
aus tatariſchem Stam, hat ſchon ſo viele und unterſchiedne Laͤnder und Nationen zu regie-
ren, daß er wohl niemals ſeine Eroberungen bis nach Japan ausdehnen wird. Der izt
regierende Monarch Tſinojos, (ein Sohn des Jjetzna, der nach dem Tode Genjujiin
genant wurde, und ein Enkel des Teitoquini) iſt ein großer und vortreflicher Herr, Erbe
der vaͤterlichen Tugend, zugleich ſtrenger Beobachter der Geſetze und ſehr gnaͤdig gegen
ſeine Unterthanen. Er iſt von fruͤher Jugend an in der Lehre des Konfucius erzogen, und
fuͤhrt den Zepter, ſo wie es ſeinem Volk und Lande angemeſſen iſt. Unter ihm leben alle
Buͤrger in der volkommenſten Eintracht, ehren alle ihre Goͤtter, gehorchen den Geſetzen,
folgen ihren Obern, beweiſen ihres Gleichen Hoͤflichkeit und Liebe. Dies Volk uͤbertrift
alle andre der Welt an Sitten, Tugend, Kuͤnſten und feinem Betragen, und iſt ausneh-
mend gluͤklich durch ſeinen innern Handel, ſeinen fruchtbaren Boden, ſeinen geſunden und
ſtarken Koͤrper, ſeine muthige Seele, ſeinen Ueberflus an allen Beduͤrfniſſen des Lebens,
ſeine ununterbrochne innere Ruhe. Gewis, wenn ein Buͤrger Japans ſeinen itzigen Zuſtand mit
der ehmaligen Freiheit vergleicht, oder auch in die entfernteſte Geſchichte ſeines Vaterlan-
des zuruͤkgeht; ſo wird er keinen Zeitpunkt finden, in dem es ſich gluͤklicher befunden haͤtte,
als izt, da es durch den hoͤchſten Willen eines Regenten regiert, und von der Gemeinſchaft
mit der ganzen uͤbrigen Welt abgeſchnitten und voͤllig verſchloſſen iſt.
Nacherinnerungen des Herausgebers.
Jch haͤtte bei dieſem Aufſaz oͤfter Anlas zu Berichtigung der Jdeen des Verfaſſers ge-
habt, aber ich habe ſie in Anmerkungen zu bringen unterlaſſen, weil ich es beſſer hielt, die
Leſer erſt in den Geſichtspunkt zu ſtellen, aus dem dieſe Abhandlung mus betrachtet werden,
und in welchem die Berichtigungen leichter und deutlicher erſcheinen werden. Dieſe Ab-
handlung iſt hoͤchſtwahrſcheinlich vom Kaͤmpfer bald nach ſeiner Ruͤkkunft in Europa ge-
ſchrieben, und vermuthlich der erſte Aufſaz, in dem er eine etwas volſtaͤndige Jdee von
dem algemeinen Zuſtande Japans zu geben ſuchte. So ſehr wir ihn als einen unpartheyi-
ſchen
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