II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der übrigen Welt.
andre Zeuge einführen können. Und die übrigen Waaren, als Catsju, Camphor von Barros, Putsju oder costus und Gewürze dienen nur zum Lurus.
Auch hielt man billig, die Sinesische Nation von dem neuen Gesetz auszuneh- men, da sie die ältesten Japaner zuerst gebildet, und die Nachahmung ihres Beyspiels die- ses Reich zu solchem Glanz emporgehoben hatte. Doch darf auch diese Nation nirgend an- ders als in Nangasacki [unleserliches Material - 2 Zeichen fehlen]landen und Handlung treiben. Anfangs lies man alle frey zu, die entweder aus Sina selbst oder den verschiednen Theilen von Jndien (wo die Sineser sich aufhalten) hieher kamen, bis einige derselben, welche die christliche Lehre angenommen hat- ten, dieselbe von neuem auszubreiten, und unter den sinesischen Büchern, welche jährlich hieher gebracht werden, auch einige von unsrer Religion heimlich einführten, die für die Wohlfarth des Staats äußerst nachtheilig gehalten wurde, und nur neuerlich erst mit so vieler Unruhe und Märtyrerblut vertilgt war. Da dieser religiöse Schleichhandel entdeckt wurde, verdamte man die Sineser zu gleichem Schicksal mit den Holländern, welches jetzt mit noch mehr Schimpf gemischt ist, wie das unsrige, da sie dem erniedrigenden Unrecht nicht so edel wie wir sich zu widersetzen wagen, welches durch die Verschiedenheit der innern Verfas- sung ihres und unsers Handels entsteht. Alle Sineser nämlich führen zwar einen Namen, aber sie sind Einwohner verschiedner Provinzen, und Nebenbuhler in Absicht des Handels. Die Begierde des Gewins befeuert sie also, sich durch geduldige Ertragung aller möglichen Beschimpfung einer vor dem andern auszuzeichnen.
§. 5.
Da auf diese Art das Reich auf ewig verschlossen ist, so finden nun die Kaiser in ihrer Macht und ihren Absichten keine Gränze und Hindernis mehr. Die Ehrfurcht der Landesfürsten ist niedergedrükt, die Halsstarrigkeit der Unterthanen gebändigt, die Unter- nehmungen und Einflüsse fremder Nationen abgeleitet. Sie können also izt alle Städte, Dörfer und Distrikte, alle Arten von Geselschaften und Kollegien, ja selbst die Zünfte der Handwerker in einer solchen strengen Ordnung halten, die in einem offenen Lande schlech- terdings nicht nachzuahmen ist. Sie können die Gewohnheiten des Landes nach Gefallen einschränken, andre an ihre Stelle setzen, ihre Arbeiten bestimmen und einschränken, durch Lob und Belohnung die Bürger zu Erfindungen in den Künsten anreitzen, überhaupt aber alle Bürger, durch die Aufseher, mit denen sie unaufhörlich umgeben sind, zur stren- gen Unterwürfigkeit, Fleis und ehrbaren Leben anhalten, und das ganze Land gleichsam in eine Schule der Höflichkeit verwandeln. So hat dieses erhabene Kaiserliche Haus die Glükseligkeit der alten Zeiten wieder hervorgebracht, da es, vor allem innern Aufstande gesichert, stolz auf die Vortreflichkeit seines Reichs und die unüberwindliche Stärke seiner
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II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt.
andre Zeuge einfuͤhren koͤnnen. Und die uͤbrigen Waaren, als Catsju, Camphor von Barros, Putsju oder coſtus und Gewuͤrze dienen nur zum Lurus.
Auch hielt man billig, die Sineſiſche Nation von dem neuen Geſetz auszuneh- men, da ſie die aͤlteſten Japaner zuerſt gebildet, und die Nachahmung ihres Beyſpiels die- ſes Reich zu ſolchem Glanz emporgehoben hatte. Doch darf auch dieſe Nation nirgend an- ders als in Nangaſacki [unleserliches Material – 2 Zeichen fehlen]landen und Handlung treiben. Anfangs lies man alle frey zu, die entweder aus Sina ſelbſt oder den verſchiednen Theilen von Jndien (wo die Sineſer ſich aufhalten) hieher kamen, bis einige derſelben, welche die chriſtliche Lehre angenommen hat- ten, dieſelbe von neuem auszubreiten, und unter den ſineſiſchen Buͤchern, welche jaͤhrlich hieher gebracht werden, auch einige von unſrer Religion heimlich einfuͤhrten, die fuͤr die Wohlfarth des Staats aͤußerſt nachtheilig gehalten wurde, und nur neuerlich erſt mit ſo vieler Unruhe und Maͤrtyrerblut vertilgt war. Da dieſer religioͤſe Schleichhandel entdeckt wurde, verdamte man die Sineſer zu gleichem Schickſal mit den Hollaͤndern, welches jetzt mit noch mehr Schimpf gemiſcht iſt, wie das unſrige, da ſie dem erniedrigenden Unrecht nicht ſo edel wie wir ſich zu widerſetzen wagen, welches durch die Verſchiedenheit der innern Verfaſ- ſung ihres und unſers Handels entſteht. Alle Sineſer naͤmlich fuͤhren zwar einen Namen, aber ſie ſind Einwohner verſchiedner Provinzen, und Nebenbuhler in Abſicht des Handels. Die Begierde des Gewins befeuert ſie alſo, ſich durch geduldige Ertragung aller moͤglichen Beſchimpfung einer vor dem andern auszuzeichnen.
§. 5.
Da auf dieſe Art das Reich auf ewig verſchloſſen iſt, ſo finden nun die Kaiſer in ihrer Macht und ihren Abſichten keine Graͤnze und Hindernis mehr. Die Ehrfurcht der Landesfuͤrſten iſt niedergedruͤkt, die Halsſtarrigkeit der Unterthanen gebaͤndigt, die Unter- nehmungen und Einfluͤſſe fremder Nationen abgeleitet. Sie koͤnnen alſo izt alle Staͤdte, Doͤrfer und Diſtrikte, alle Arten von Geſelſchaften und Kollegien, ja ſelbſt die Zuͤnfte der Handwerker in einer ſolchen ſtrengen Ordnung halten, die in einem offenen Lande ſchlech- terdings nicht nachzuahmen iſt. Sie koͤnnen die Gewohnheiten des Landes nach Gefallen einſchraͤnken, andre an ihre Stelle ſetzen, ihre Arbeiten beſtimmen und einſchraͤnken, durch Lob und Belohnung die Buͤrger zu Erfindungen in den Kuͤnſten anreitzen, uͤberhaupt aber alle Buͤrger, durch die Aufſeher, mit denen ſie unaufhoͤrlich umgeben ſind, zur ſtren- gen Unterwuͤrfigkeit, Fleis und ehrbaren Leben anhalten, und das ganze Land gleichſam in eine Schule der Hoͤflichkeit verwandeln. So hat dieſes erhabene Kaiſerliche Haus die Gluͤkſeligkeit der alten Zeiten wieder hervorgebracht, da es, vor allem innern Aufſtande geſichert, ſtolz auf die Vortreflichkeit ſeines Reichs und die unuͤberwindliche Staͤrke ſeiner
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II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt.
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Barros, Putsju oder coſtus und Gewuͤrze dienen nur zum Lurus.
Auch hielt man billig, die Sineſiſche Nation von dem neuen Geſetz auszuneh-
men, da ſie die aͤlteſten Japaner zuerſt gebildet, und die Nachahmung ihres Beyſpiels die-
ſes Reich zu ſolchem Glanz emporgehoben hatte. Doch darf auch dieſe Nation nirgend an-
ders als in Nangaſacki __landen und Handlung treiben. Anfangs lies man alle frey zu,
die entweder aus Sina ſelbſt oder den verſchiednen Theilen von Jndien (wo die Sineſer ſich
aufhalten) hieher kamen, bis einige derſelben, welche die chriſtliche Lehre angenommen hat-
ten, dieſelbe von neuem auszubreiten, und unter den ſineſiſchen Buͤchern, welche jaͤhrlich
hieher gebracht werden, auch einige von unſrer Religion heimlich einfuͤhrten, die fuͤr die
Wohlfarth des Staats aͤußerſt nachtheilig gehalten wurde, und nur neuerlich erſt mit ſo vieler
Unruhe und Maͤrtyrerblut vertilgt war. Da dieſer religioͤſe Schleichhandel entdeckt wurde,
verdamte man die Sineſer zu gleichem Schickſal mit den Hollaͤndern, welches jetzt mit noch
mehr Schimpf gemiſcht iſt, wie das unſrige, da ſie dem erniedrigenden Unrecht nicht ſo edel
wie wir ſich zu widerſetzen wagen, welches durch die Verſchiedenheit der innern Verfaſ-
ſung ihres und unſers Handels entſteht. Alle Sineſer naͤmlich fuͤhren zwar einen Namen,
aber ſie ſind Einwohner verſchiedner Provinzen, und Nebenbuhler in Abſicht des Handels.
Die Begierde des Gewins befeuert ſie alſo, ſich durch geduldige Ertragung aller moͤglichen
Beſchimpfung einer vor dem andern auszuzeichnen.
§. 5.
Da auf dieſe Art das Reich auf ewig verſchloſſen iſt, ſo finden nun die Kaiſer in
ihrer Macht und ihren Abſichten keine Graͤnze und Hindernis mehr. Die Ehrfurcht der
Landesfuͤrſten iſt niedergedruͤkt, die Halsſtarrigkeit der Unterthanen gebaͤndigt, die Unter-
nehmungen und Einfluͤſſe fremder Nationen abgeleitet. Sie koͤnnen alſo izt alle Staͤdte,
Doͤrfer und Diſtrikte, alle Arten von Geſelſchaften und Kollegien, ja ſelbſt die Zuͤnfte der
Handwerker in einer ſolchen ſtrengen Ordnung halten, die in einem offenen Lande ſchlech-
terdings nicht nachzuahmen iſt. Sie koͤnnen die Gewohnheiten des Landes nach Gefallen
einſchraͤnken, andre an ihre Stelle ſetzen, ihre Arbeiten beſtimmen und einſchraͤnken,
durch Lob und Belohnung die Buͤrger zu Erfindungen in den Kuͤnſten anreitzen, uͤberhaupt
aber alle Buͤrger, durch die Aufſeher, mit denen ſie unaufhoͤrlich umgeben ſind, zur ſtren-
gen Unterwuͤrfigkeit, Fleis und ehrbaren Leben anhalten, und das ganze Land gleichſam
in eine Schule der Hoͤflichkeit verwandeln. So hat dieſes erhabene Kaiſerliche Haus die
Gluͤkſeligkeit der alten Zeiten wieder hervorgebracht, da es, vor allem innern Aufſtande
geſichert, ſtolz auf die Vortreflichkeit ſeines Reichs und die unuͤberwindliche Staͤrke ſeiner
Buͤr-
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/469>, abgerufen am 21.11.2024.
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