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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der übrigen Welt.
Verarbeitung innerhalb ihrer Gränzen fehlt, an der sie ihren Geist und Fleis üben konnte:
so hat sie auch keiner fremden Lehrer bedurft, vielmehr alle Völker in Arbeiten der Hände
und des Kopfes übertroffen, vorzüglich in Bearbeitung der verschiednen Erze, des Goldes,
Silbers und Kupfers. Jhre treflichen Waffen beweisen genug, wie sehr die Japaner bei
dem Eisen Härte und Glanz zu verbinden wissen. Das Sawaas, ein sehr kostbares
künstliches Metal, das aus einer Mischung von Gold und Kupfer entsteht, und eine glän-
zend schwarze Oberfläche hat, wird von keiner andern Nation des Orients mit so vielem Ver-
stand bearbeitet, vergoldet und zum Werth des allerfeinsten Goldes erhoben. Jhre seidne
Zeuge hahen eine Gleichheit und Feinheit der Fäden, die selbst den Sinesen unnachahmlich
ist. Dieses ist besonders eine Wirkung der Arbeit der Japanischen Großen, welche oft
ihrer Verbrechen wegen auf wüste Jnseln verwiesen werden, wo sie dann ihren Geist und
überflüssige Zeit auf die feinste Weberei wenden. Auch verfertigen die Japaner aus ihrem
Reis einen viel edlern und bessern Wein, als die Sineser. Sie nennen ihn Dsjaka.
Auch unter ihren Speisen sind diejenigen die besten, welche nur mit vaterländischen Ge-
würzen bereitet sind. Aus der Rinde des Morus sylvestris machen sie ein weit stärkeres
und weißeres Papier, als die Sineser aus Rohr und Baumwolle. Und wer bewundert
nicht den Glanz des Japanischen Fernisses in ihren Wohnungen, auf ihren Tischen und
Hausgeräthen? Aller Fleis und Bemühung der Sineser und Tunkineser hat es in lakirten
Arbeiten niemals zu der Volkommenheit der Japanischen bringen können, weder in Absicht
des Glanzes, noch der künstlichen Ueberziehung ihres Firnisses. Siam ist in dieser, so
wie in allen andern Künsten, in einem ewigen trägen Schlummer begraben. Jch übergehe
sehr viele andre Arbeiten, die theils zur Nothdurft des Lebens, theils zum Luxus gehören,
und in verschiedenen Provinzen, aber nicht mit gleicher Geschiklichkeit in gleichem Werth
und gleicher Menge verfertigt werden. Der gegenseitige Tausch aller dieser im Lande selbst
hervorgebrachter Dinge mus natürlich die Handlung auf eine ausnehmende Weise beleben,
und die mannichfaltigste Beschäftigung der Unterthanen hervorbringen. Daher giebt es so
viele reiche blühende Handelsorte in allen Theilen des Reichs, so viele mit Schiffen bestän-
dig angefülte Hafen. Man wird fast geneigt zu glauben, daß der Ocean an den Küsten
und die Meerbusen zwischen den Jnseln bewohnt seyen, so gros ist daselbst unaufhörlich der
Zusammenlauf der Menschen und die Durchkreuzung der Seegel. Die Japaner haben
sowohl Schiffe zur Pracht als auch zum Gebrauch. Doch ist eine besondere Eigenschaft
ihrer Schifbaukunst merkwürdiger. Alle ihre Schiffe nemlich haben das Hintertheil unbe-
dekt, daher auf hohem Meer das Wasser sogleich in das Schif trit. Man erkent leicht die
Absicht dieser Einrichtung, es den Unterthanen beinahe unmöglich zu machen, aus ihrer
Japanischen Welt zu entfliehen.

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E e e 2

II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt.
Verarbeitung innerhalb ihrer Graͤnzen fehlt, an der ſie ihren Geiſt und Fleis uͤben konnte:
ſo hat ſie auch keiner fremden Lehrer bedurft, vielmehr alle Voͤlker in Arbeiten der Haͤnde
und des Kopfes uͤbertroffen, vorzuͤglich in Bearbeitung der verſchiednen Erze, des Goldes,
Silbers und Kupfers. Jhre treflichen Waffen beweiſen genug, wie ſehr die Japaner bei
dem Eiſen Haͤrte und Glanz zu verbinden wiſſen. Das Sawaas, ein ſehr koſtbares
kuͤnſtliches Metal, das aus einer Miſchung von Gold und Kupfer entſteht, und eine glaͤn-
zend ſchwarze Oberflaͤche hat, wird von keiner andern Nation des Orients mit ſo vielem Ver-
ſtand bearbeitet, vergoldet und zum Werth des allerfeinſten Goldes erhoben. Jhre ſeidne
Zeuge hahen eine Gleichheit und Feinheit der Faͤden, die ſelbſt den Sineſen unnachahmlich
iſt. Dieſes iſt beſonders eine Wirkung der Arbeit der Japaniſchen Großen, welche oft
ihrer Verbrechen wegen auf wuͤſte Jnſeln verwieſen werden, wo ſie dann ihren Geiſt und
uͤberfluͤſſige Zeit auf die feinſte Weberei wenden. Auch verfertigen die Japaner aus ihrem
Reis einen viel edlern und beſſern Wein, als die Sineſer. Sie nennen ihn Dſjaka.
Auch unter ihren Speiſen ſind diejenigen die beſten, welche nur mit vaterlaͤndiſchen Ge-
wuͤrzen bereitet ſind. Aus der Rinde des Morus ſylveſtris machen ſie ein weit ſtaͤrkeres
und weißeres Papier, als die Sineſer aus Rohr und Baumwolle. Und wer bewundert
nicht den Glanz des Japaniſchen Ferniſſes in ihren Wohnungen, auf ihren Tiſchen und
Hausgeraͤthen? Aller Fleis und Bemuͤhung der Sineſer und Tunkineſer hat es in lakirten
Arbeiten niemals zu der Volkommenheit der Japaniſchen bringen koͤnnen, weder in Abſicht
des Glanzes, noch der kuͤnſtlichen Ueberziehung ihres Firniſſes. Siam iſt in dieſer, ſo
wie in allen andern Kuͤnſten, in einem ewigen traͤgen Schlummer begraben. Jch uͤbergehe
ſehr viele andre Arbeiten, die theils zur Nothdurft des Lebens, theils zum Luxus gehoͤren,
und in verſchiedenen Provinzen, aber nicht mit gleicher Geſchiklichkeit in gleichem Werth
und gleicher Menge verfertigt werden. Der gegenſeitige Tauſch aller dieſer im Lande ſelbſt
hervorgebrachter Dinge mus natuͤrlich die Handlung auf eine ausnehmende Weiſe beleben,
und die mannichfaltigſte Beſchaͤftigung der Unterthanen hervorbringen. Daher giebt es ſo
viele reiche bluͤhende Handelsorte in allen Theilen des Reichs, ſo viele mit Schiffen beſtaͤn-
dig angefuͤlte Hafen. Man wird faſt geneigt zu glauben, daß der Ocean an den Kuͤſten
und die Meerbuſen zwiſchen den Jnſeln bewohnt ſeyen, ſo gros iſt daſelbſt unaufhoͤrlich der
Zuſammenlauf der Menſchen und die Durchkreuzung der Seegel. Die Japaner haben
ſowohl Schiffe zur Pracht als auch zum Gebrauch. Doch iſt eine beſondere Eigenſchaft
ihrer Schifbaukunſt merkwuͤrdiger. Alle ihre Schiffe nemlich haben das Hintertheil unbe-
dekt, daher auf hohem Meer das Waſſer ſogleich in das Schif trit. Man erkent leicht die
Abſicht dieſer Einrichtung, es den Unterthanen beinahe unmoͤglich zu machen, aus ihrer
Japaniſchen Welt zu entfliehen.

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[403/0459] II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt. Verarbeitung innerhalb ihrer Graͤnzen fehlt, an der ſie ihren Geiſt und Fleis uͤben konnte: ſo hat ſie auch keiner fremden Lehrer bedurft, vielmehr alle Voͤlker in Arbeiten der Haͤnde und des Kopfes uͤbertroffen, vorzuͤglich in Bearbeitung der verſchiednen Erze, des Goldes, Silbers und Kupfers. Jhre treflichen Waffen beweiſen genug, wie ſehr die Japaner bei dem Eiſen Haͤrte und Glanz zu verbinden wiſſen. Das Sawaas, ein ſehr koſtbares kuͤnſtliches Metal, das aus einer Miſchung von Gold und Kupfer entſteht, und eine glaͤn- zend ſchwarze Oberflaͤche hat, wird von keiner andern Nation des Orients mit ſo vielem Ver- ſtand bearbeitet, vergoldet und zum Werth des allerfeinſten Goldes erhoben. Jhre ſeidne Zeuge hahen eine Gleichheit und Feinheit der Faͤden, die ſelbſt den Sineſen unnachahmlich iſt. Dieſes iſt beſonders eine Wirkung der Arbeit der Japaniſchen Großen, welche oft ihrer Verbrechen wegen auf wuͤſte Jnſeln verwieſen werden, wo ſie dann ihren Geiſt und uͤberfluͤſſige Zeit auf die feinſte Weberei wenden. Auch verfertigen die Japaner aus ihrem Reis einen viel edlern und beſſern Wein, als die Sineſer. Sie nennen ihn Dſjaka. Auch unter ihren Speiſen ſind diejenigen die beſten, welche nur mit vaterlaͤndiſchen Ge- wuͤrzen bereitet ſind. Aus der Rinde des Morus ſylveſtris machen ſie ein weit ſtaͤrkeres und weißeres Papier, als die Sineſer aus Rohr und Baumwolle. Und wer bewundert nicht den Glanz des Japaniſchen Ferniſſes in ihren Wohnungen, auf ihren Tiſchen und Hausgeraͤthen? Aller Fleis und Bemuͤhung der Sineſer und Tunkineſer hat es in lakirten Arbeiten niemals zu der Volkommenheit der Japaniſchen bringen koͤnnen, weder in Abſicht des Glanzes, noch der kuͤnſtlichen Ueberziehung ihres Firniſſes. Siam iſt in dieſer, ſo wie in allen andern Kuͤnſten, in einem ewigen traͤgen Schlummer begraben. Jch uͤbergehe ſehr viele andre Arbeiten, die theils zur Nothdurft des Lebens, theils zum Luxus gehoͤren, und in verſchiedenen Provinzen, aber nicht mit gleicher Geſchiklichkeit in gleichem Werth und gleicher Menge verfertigt werden. Der gegenſeitige Tauſch aller dieſer im Lande ſelbſt hervorgebrachter Dinge mus natuͤrlich die Handlung auf eine ausnehmende Weiſe beleben, und die mannichfaltigſte Beſchaͤftigung der Unterthanen hervorbringen. Daher giebt es ſo viele reiche bluͤhende Handelsorte in allen Theilen des Reichs, ſo viele mit Schiffen beſtaͤn- dig angefuͤlte Hafen. Man wird faſt geneigt zu glauben, daß der Ocean an den Kuͤſten und die Meerbuſen zwiſchen den Jnſeln bewohnt ſeyen, ſo gros iſt daſelbſt unaufhoͤrlich der Zuſammenlauf der Menſchen und die Durchkreuzung der Seegel. Die Japaner haben ſowohl Schiffe zur Pracht als auch zum Gebrauch. Doch iſt eine beſondere Eigenſchaft ihrer Schifbaukunſt merkwuͤrdiger. Alle ihre Schiffe nemlich haben das Hintertheil unbe- dekt, daher auf hohem Meer das Waſſer ſogleich in das Schif trit. Man erkent leicht die Abſicht dieſer Einrichtung, es den Unterthanen beinahe unmoͤglich zu machen, aus ihrer Japaniſchen Welt zu entfliehen. Jn E e e 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/459>, abgerufen am 23.11.2024.