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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der übrigen Welt.
wüßte, oder, wenn sie gar nicht angebauet werden können, wo doch nicht das gemeine Volk,
welches gar kein Ackerland hat und nie müßig ist, die Waldpflanzen und das von andern
Nationen verachtete Unkraut zu samlen und zum Genus zuzubereiten wüste. Ja sie wissen
sogar die Wurzeln in Sümpfen, Wäldern und Wüsten, und das ganze Thier- und Pflan-
zenreich des Meers, Krebse, Schaalthiere, Schildkröten, und sogar auch giftige Fische,
nicht nur blos zur nothdürftigen Nahrung, sondern auch zum Nachtisch und zur Pracht auf
den Tafeln der Großen zu gebrauchen. Die Natur, scheint es, hat es ihnen an keiner
Art von Stoff mangeln lassen wollen, der ihre Tugend üben könte, wo sie ihre gegen die
Härte und Rauheit des Bodens einen harten Körper, gegen die Unfruchtbarkeit desselben
einen erfindrischen Geist gegeben hat; und sie hat auf alle Art zu verhüten gesucht, daß
ihre edlen Fähigkeiten nicht in schändlicher Trägheit verrosteten, dagegen die Schwarzen,
welche zwischen den Wendekreisen leben, ein langweiliges Leben gleich dem trägen Vieh
führen, da ihre Bäume sie mit freiwilliger Frucht umgeben. Man wird einwerfen, es
sey doch immer ein unglükliches Land, das seine Bürger beständig eingeschlossen hält, und
alle Gemeinschaft unter ihnen selbst so schwer macht, da es beinahe in eine unzählige Menge
kleiner Jnseln zerrissen und vertheilt ist. Aber auch hier ist wieder Wohlthat der Natur,
welche hier gleichsam die ganze übrige Erde im Kleinen hat nachahmen wollen, und durch
die Verschiedenheit der Lage und des Bodens dieser Länder auch eine Menge verschiedner
Produkte hervorgebracht hat. Denn nichts kan wohl vermisset werden, das nicht eine die-
ser Provinzen und Jnseln zum gemeinen Nutzen des Staats hervorbringt. Osju, Sado,
Syriga
und Satzuma haben Gold; Kitamaj und Bengo Silber; Syriga,
Atsingano
und Kii no kuni Kupfer; Bungo Zinn; Bitsju Eisen; Tsikusen Stein-
kohlen; Ono Holzkohlen;
der feuerspeiende Berg Jwogesima giebt beständig Schwe-
fel
von sich, und außerdem wird er an verschiednen Orten in Substanz gefunden; die Pro-
vinz Fisen hat verschiedne Arten Thonerde, die auch zum Porcellain gebraucht wird. Aus
Tossa, Ofarra, Aki wird Holz ausgeführt, aus Nagatto Ochsen, aus Osjo und
Satzuma Pferde. Cango hat einen großen Ueberflus an Reis, Tsikusen an Kasta-
nien; Wakosa
an Feigen und allen Arten von Früchten. Die Ufer der Provinz Oki
sind mit Schaalthieren, die von Nisji Jamma mit Meergras, die übrigen mit einer
Menge mannichfaltiger Fische gesegnet. Jch übergehe die vielen Arten von Getraide,
Gemüße und Pflanzen, die in Webereien verarbeitet werden, welche in mehrere Provin-
zen zugleich ausnehmend gut fortkommen, Omru hat Perlen in seinem Busen; Rjuku,
Satzuma, Kii no kuni Ambra
an seinem Ufer; Tsugeru Kristal und andre Edelge-
steine. Auch darf man keine Arzneimittel aus fremden Ländern holen, da hier die tiefen
Thäler, und die ausnehmend hohen Berge die Pflanzen der allerverschiedensten Klimate zu-
gleich hervorbringen. Und da es dieser edlen Nation in keiner Art von Kunst an Stoff zur

Verar-

II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt.
wuͤßte, oder, wenn ſie gar nicht angebauet werden koͤnnen, wo doch nicht das gemeine Volk,
welches gar kein Ackerland hat und nie muͤßig iſt, die Waldpflanzen und das von andern
Nationen verachtete Unkraut zu ſamlen und zum Genus zuzubereiten wuͤſte. Ja ſie wiſſen
ſogar die Wurzeln in Suͤmpfen, Waͤldern und Wuͤſten, und das ganze Thier- und Pflan-
zenreich des Meers, Krebſe, Schaalthiere, Schildkroͤten, und ſogar auch giftige Fiſche,
nicht nur blos zur nothduͤrftigen Nahrung, ſondern auch zum Nachtiſch und zur Pracht auf
den Tafeln der Großen zu gebrauchen. Die Natur, ſcheint es, hat es ihnen an keiner
Art von Stoff mangeln laſſen wollen, der ihre Tugend uͤben koͤnte, wo ſie ihre gegen die
Haͤrte und Rauheit des Bodens einen harten Koͤrper, gegen die Unfruchtbarkeit deſſelben
einen erfindriſchen Geiſt gegeben hat; und ſie hat auf alle Art zu verhuͤten geſucht, daß
ihre edlen Faͤhigkeiten nicht in ſchaͤndlicher Traͤgheit verroſteten, dagegen die Schwarzen,
welche zwiſchen den Wendekreiſen leben, ein langweiliges Leben gleich dem traͤgen Vieh
fuͤhren, da ihre Baͤume ſie mit freiwilliger Frucht umgeben. Man wird einwerfen, es
ſey doch immer ein ungluͤkliches Land, das ſeine Buͤrger beſtaͤndig eingeſchloſſen haͤlt, und
alle Gemeinſchaft unter ihnen ſelbſt ſo ſchwer macht, da es beinahe in eine unzaͤhlige Menge
kleiner Jnſeln zerriſſen und vertheilt iſt. Aber auch hier iſt wieder Wohlthat der Natur,
welche hier gleichſam die ganze uͤbrige Erde im Kleinen hat nachahmen wollen, und durch
die Verſchiedenheit der Lage und des Bodens dieſer Laͤnder auch eine Menge verſchiedner
Produkte hervorgebracht hat. Denn nichts kan wohl vermiſſet werden, das nicht eine die-
ſer Provinzen und Jnſeln zum gemeinen Nutzen des Staats hervorbringt. Osju, Sado,
Syriga
und Satzuma haben Gold; Kitamaj und Bengo Silber; Syriga,
Atſingano
und Kii no kuni Kupfer; Bungo Zinn; Bitsju Eiſen; Tſikuſen Stein-
kohlen; Ono Holzkohlen;
der feuerſpeiende Berg Jwogeſima giebt beſtaͤndig Schwe-
fel
von ſich, und außerdem wird er an verſchiednen Orten in Subſtanz gefunden; die Pro-
vinz Fiſen hat verſchiedne Arten Thonerde, die auch zum Porcellain gebraucht wird. Aus
Toſſa, Ofarra, Aki wird Holz ausgefuͤhrt, aus Nagatto Ochſen, aus Osjo und
Satzuma Pferde. Cango hat einen großen Ueberflus an Reis, Tſikuſen an Kaſta-
nien; Wakoſa
an Feigen und allen Arten von Fruͤchten. Die Ufer der Provinz Oki
ſind mit Schaalthieren, die von Nisji Jamma mit Meergras, die uͤbrigen mit einer
Menge mannichfaltiger Fiſche geſegnet. Jch uͤbergehe die vielen Arten von Getraide,
Gemuͤße und Pflanzen, die in Webereien verarbeitet werden, welche in mehrere Provin-
zen zugleich ausnehmend gut fortkommen, Omru hat Perlen in ſeinem Buſen; Rjuku,
Satzuma, Kii no kuni Ambra
an ſeinem Ufer; Tſugeru Kriſtal und andre Edelge-
ſteine. Auch darf man keine Arzneimittel aus fremden Laͤndern holen, da hier die tiefen
Thaͤler, und die ausnehmend hohen Berge die Pflanzen der allerverſchiedenſten Klimate zu-
gleich hervorbringen. Und da es dieſer edlen Nation in keiner Art von Kunſt an Stoff zur

Verar-
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[402/0458] II. Beweis der nothwendigen Trennung Japans von der uͤbrigen Welt. wuͤßte, oder, wenn ſie gar nicht angebauet werden koͤnnen, wo doch nicht das gemeine Volk, welches gar kein Ackerland hat und nie muͤßig iſt, die Waldpflanzen und das von andern Nationen verachtete Unkraut zu ſamlen und zum Genus zuzubereiten wuͤſte. Ja ſie wiſſen ſogar die Wurzeln in Suͤmpfen, Waͤldern und Wuͤſten, und das ganze Thier- und Pflan- zenreich des Meers, Krebſe, Schaalthiere, Schildkroͤten, und ſogar auch giftige Fiſche, nicht nur blos zur nothduͤrftigen Nahrung, ſondern auch zum Nachtiſch und zur Pracht auf den Tafeln der Großen zu gebrauchen. Die Natur, ſcheint es, hat es ihnen an keiner Art von Stoff mangeln laſſen wollen, der ihre Tugend uͤben koͤnte, wo ſie ihre gegen die Haͤrte und Rauheit des Bodens einen harten Koͤrper, gegen die Unfruchtbarkeit deſſelben einen erfindriſchen Geiſt gegeben hat; und ſie hat auf alle Art zu verhuͤten geſucht, daß ihre edlen Faͤhigkeiten nicht in ſchaͤndlicher Traͤgheit verroſteten, dagegen die Schwarzen, welche zwiſchen den Wendekreiſen leben, ein langweiliges Leben gleich dem traͤgen Vieh fuͤhren, da ihre Baͤume ſie mit freiwilliger Frucht umgeben. Man wird einwerfen, es ſey doch immer ein ungluͤkliches Land, das ſeine Buͤrger beſtaͤndig eingeſchloſſen haͤlt, und alle Gemeinſchaft unter ihnen ſelbſt ſo ſchwer macht, da es beinahe in eine unzaͤhlige Menge kleiner Jnſeln zerriſſen und vertheilt iſt. Aber auch hier iſt wieder Wohlthat der Natur, welche hier gleichſam die ganze uͤbrige Erde im Kleinen hat nachahmen wollen, und durch die Verſchiedenheit der Lage und des Bodens dieſer Laͤnder auch eine Menge verſchiedner Produkte hervorgebracht hat. Denn nichts kan wohl vermiſſet werden, das nicht eine die- ſer Provinzen und Jnſeln zum gemeinen Nutzen des Staats hervorbringt. Osju, Sado, Syriga und Satzuma haben Gold; Kitamaj und Bengo Silber; Syriga, Atſingano und Kii no kuni Kupfer; Bungo Zinn; Bitsju Eiſen; Tſikuſen Stein- kohlen; Ono Holzkohlen; der feuerſpeiende Berg Jwogeſima giebt beſtaͤndig Schwe- fel von ſich, und außerdem wird er an verſchiednen Orten in Subſtanz gefunden; die Pro- vinz Fiſen hat verſchiedne Arten Thonerde, die auch zum Porcellain gebraucht wird. Aus Toſſa, Ofarra, Aki wird Holz ausgefuͤhrt, aus Nagatto Ochſen, aus Osjo und Satzuma Pferde. Cango hat einen großen Ueberflus an Reis, Tſikuſen an Kaſta- nien; Wakoſa an Feigen und allen Arten von Fruͤchten. Die Ufer der Provinz Oki ſind mit Schaalthieren, die von Nisji Jamma mit Meergras, die uͤbrigen mit einer Menge mannichfaltiger Fiſche geſegnet. Jch uͤbergehe die vielen Arten von Getraide, Gemuͤße und Pflanzen, die in Webereien verarbeitet werden, welche in mehrere Provin- zen zugleich ausnehmend gut fortkommen, Omru hat Perlen in ſeinem Buſen; Rjuku, Satzuma, Kii no kuni Ambra an ſeinem Ufer; Tſugeru Kriſtal und andre Edelge- ſteine. Auch darf man keine Arzneimittel aus fremden Laͤndern holen, da hier die tiefen Thaͤler, und die ausnehmend hohen Berge die Pflanzen der allerverſchiedenſten Klimate zu- gleich hervorbringen. Und da es dieſer edlen Nation in keiner Art von Kunſt an Stoff zur Verar-

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/458>, abgerufen am 23.11.2024.