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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Funfzehntes Kap. Rükreise von Jedo bis Nagasacki.
chem wir neulich, nemlich am 8 April, den großen Sturm in Jedo gehabt hatten, ein
starker Brand gewesen, wiewol bereits viele Hütten dermalen wiederum neu auferbauet wa-
ren: nach anderthalb Meilen von diesem fast wieder aufgerichteten Dorfe Farra*) passir-
ten wir über eine große Brücke und demnächst durch einige Dörfer, als Josjiwara, Fu-
sikawa, Nawa:
in Khambara machten wir Mittag, giengen sodann zu Fus über das
Gebürge, und langten durch Kansawa, Juji, Jmadsikku und einige andere Dörfer,
auch durch Okitz, alwo man den Ort des Kosju zeiget, um 51/2 Uhr Abends zur Nacht-
herberge in Jeseri an. Eine Meile von hier besahen wir einen schönen und überaus ange-
nehm gelegenen Tempel an dem Fuße eines Berges: man muste etwa 60 Treppen zu dem-
selben hinansteigen: das Wasser stürzete von oben herunter und formirte unten einen natürli-
chen Teich, über welchen hin Bäume hiengen; die übrige Höhe des Gebürges war ebenfals
steil und von allerhand Bäumen, (fürnemlich vom Spahrbaum**)) dicht besezt. Man
bringt in Jeseri überaus fein geflochtenes Korbwerk, vielleicht von Abikawa oder Syriga,
zu Kaufe. Wir sahen heute einen ganz weißen See-Ygel.

Den 1 Mai verließen wir Jeseri mit anbrechendem Tage, um dem Regen zu ent-
gehen, den ein Jedoischer Schiffer prognosticiren wolte. Von Abikawa, das auch Ftsju
und Syriga genent wird, wurden wir unter dem Gefolge eines Schwarms junger Bickuni
und Jammabosen in Cangos fortgetragen. Jn der Höhe zur rechten Hand stand alhier ein
kleiner hölzerner Tempel mit dem steinernen Götzen Dziso bosatz oder Utzno Dsiso genant,
und eine viertel Meile von demselben etwas niedriger ein dergleichen Tempel, Namens
Fanna sorri Dsiso. Bald hernach begegneten uns bettelnde Quanwon Jammabos mit
vielen Schellen und kleinen Glocken, deren sich auch noch ein anderer Pfaffe zum Gebät
und Almosensamlen bediente, den wir am Wege mit dem Quanwonbild selbst antrafen:
es hatte dieses ausgeschnizte und verguldete Bild sehr viele Armen, zwei längere und größere
derselben waren über das Haupt erhaben und hielten beide+) ein Kind: auf dem HaupteTab.
XXXVII.

sahe man in allem acht Kinderfiguren, davon sechse gleichsam eine Krone ausmachten, zwei
aber etwas höher, nämlich eines am Hinterkopfe und das andere an der Stirn standen;
wahrscheinlich sol damit auf den Gott Amida gedeutet werden, weil er zu einer verschiede-
nen Zeit und unter verschiedenerlei Gestalt sich auf die Erde herabgelassen und unter den Men-
schen erschienen seyn sol. Jn Okabe speiseten wir zu Mittag, alwo eben auch durch den

bereits
*) [Spaltenumbruch] Die Engl. Uebers. bringt die Feuersbrunst
eigentlich in die Gegend des Fatzmantempels,
und lässet das Dorf Farra dagegen nichts davon
erfahren.
**) [Spaltenumbruch] Fehlt in der Engl. Uebers.
+) Scheuchzer sezt, das Bild habe in jeder
Hand ein Kind gehalten, welches aber mit der
Abbildung nicht zusammenstimt.
Zweiter Band. Z z

Funfzehntes Kap. Ruͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki.
chem wir neulich, nemlich am 8 April, den großen Sturm in Jedo gehabt hatten, ein
ſtarker Brand geweſen, wiewol bereits viele Huͤtten dermalen wiederum neu auferbauet wa-
ren: nach anderthalb Meilen von dieſem faſt wieder aufgerichteten Dorfe Farra*) paſſir-
ten wir uͤber eine große Bruͤcke und demnaͤchſt durch einige Doͤrfer, als Joſjiwara, Fu-
ſikawa, Nawa:
in Khambara machten wir Mittag, giengen ſodann zu Fus uͤber das
Gebuͤrge, und langten durch Kanſawa, Juji, Jmadſikku und einige andere Doͤrfer,
auch durch Okitz, alwo man den Ort des Koſju zeiget, um 5½ Uhr Abends zur Nacht-
herberge in Jeſeri an. Eine Meile von hier beſahen wir einen ſchoͤnen und uͤberaus ange-
nehm gelegenen Tempel an dem Fuße eines Berges: man muſte etwa 60 Treppen zu dem-
ſelben hinanſteigen: das Waſſer ſtuͤrzete von oben herunter und formirte unten einen natuͤrli-
chen Teich, uͤber welchen hin Baͤume hiengen; die uͤbrige Hoͤhe des Gebuͤrges war ebenfals
ſteil und von allerhand Baͤumen, (fuͤrnemlich vom Spahrbaum**)) dicht beſezt. Man
bringt in Jeſeri uͤberaus fein geflochtenes Korbwerk, vielleicht von Abikawa oder Syriga,
zu Kaufe. Wir ſahen heute einen ganz weißen See-Ygel.

Den 1 Mai verließen wir Jeſeri mit anbrechendem Tage, um dem Regen zu ent-
gehen, den ein Jedoiſcher Schiffer prognoſticiren wolte. Von Abikawa, das auch Ftſju
und Syriga genent wird, wurden wir unter dem Gefolge eines Schwarms junger Bickuni
und Jammaboſen in Cangos fortgetragen. Jn der Hoͤhe zur rechten Hand ſtand alhier ein
kleiner hoͤlzerner Tempel mit dem ſteinernen Goͤtzen Dziſo boſatz oder Utzno Dſiſo genant,
und eine viertel Meile von demſelben etwas niedriger ein dergleichen Tempel, Namens
Fanna ſorri Dſiſo. Bald hernach begegneten uns bettelnde Quanwon Jammabos mit
vielen Schellen und kleinen Glocken, deren ſich auch noch ein anderer Pfaffe zum Gebaͤt
und Almoſenſamlen bediente, den wir am Wege mit dem Quanwonbild ſelbſt antrafen:
es hatte dieſes ausgeſchnizte und verguldete Bild ſehr viele Armen, zwei laͤngere und groͤßere
derſelben waren uͤber das Haupt erhaben und hielten beide†) ein Kind: auf dem HaupteTab.
XXXVII.

ſahe man in allem acht Kinderfiguren, davon ſechſe gleichſam eine Krone ausmachten, zwei
aber etwas hoͤher, naͤmlich eines am Hinterkopfe und das andere an der Stirn ſtanden;
wahrſcheinlich ſol damit auf den Gott Amida gedeutet werden, weil er zu einer verſchiede-
nen Zeit und unter verſchiedenerlei Geſtalt ſich auf die Erde herabgelaſſen und unter den Men-
ſchen erſchienen ſeyn ſol. Jn Okabe ſpeiſeten wir zu Mittag, alwo eben auch durch den

bereits
*) [Spaltenumbruch] Die Engl. Ueberſ. bringt die Feuersbrunſt
eigentlich in die Gegend des Fatzmantempels,
und laͤſſet das Dorf Farra dagegen nichts davon
erfahren.
**) [Spaltenumbruch] Fehlt in der Engl. Ueberſ.
†) Scheuchzer ſezt, das Bild habe in jeder
Hand ein Kind gehalten, welches aber mit der
Abbildung nicht zuſammenſtimt.
Zweiter Band. Z z
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[361/0407] Funfzehntes Kap. Ruͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki. chem wir neulich, nemlich am 8 April, den großen Sturm in Jedo gehabt hatten, ein ſtarker Brand geweſen, wiewol bereits viele Huͤtten dermalen wiederum neu auferbauet wa- ren: nach anderthalb Meilen von dieſem faſt wieder aufgerichteten Dorfe Farra *) paſſir- ten wir uͤber eine große Bruͤcke und demnaͤchſt durch einige Doͤrfer, als Joſjiwara, Fu- ſikawa, Nawa: in Khambara machten wir Mittag, giengen ſodann zu Fus uͤber das Gebuͤrge, und langten durch Kanſawa, Juji, Jmadſikku und einige andere Doͤrfer, auch durch Okitz, alwo man den Ort des Koſju zeiget, um 5½ Uhr Abends zur Nacht- herberge in Jeſeri an. Eine Meile von hier beſahen wir einen ſchoͤnen und uͤberaus ange- nehm gelegenen Tempel an dem Fuße eines Berges: man muſte etwa 60 Treppen zu dem- ſelben hinanſteigen: das Waſſer ſtuͤrzete von oben herunter und formirte unten einen natuͤrli- chen Teich, uͤber welchen hin Baͤume hiengen; die uͤbrige Hoͤhe des Gebuͤrges war ebenfals ſteil und von allerhand Baͤumen, (fuͤrnemlich vom Spahrbaum **)) dicht beſezt. Man bringt in Jeſeri uͤberaus fein geflochtenes Korbwerk, vielleicht von Abikawa oder Syriga, zu Kaufe. Wir ſahen heute einen ganz weißen See-Ygel. Den 1 Mai verließen wir Jeſeri mit anbrechendem Tage, um dem Regen zu ent- gehen, den ein Jedoiſcher Schiffer prognoſticiren wolte. Von Abikawa, das auch Ftſju und Syriga genent wird, wurden wir unter dem Gefolge eines Schwarms junger Bickuni und Jammaboſen in Cangos fortgetragen. Jn der Hoͤhe zur rechten Hand ſtand alhier ein kleiner hoͤlzerner Tempel mit dem ſteinernen Goͤtzen Dziſo boſatz oder Utzno Dſiſo genant, und eine viertel Meile von demſelben etwas niedriger ein dergleichen Tempel, Namens Fanna ſorri Dſiſo. Bald hernach begegneten uns bettelnde Quanwon Jammabos mit vielen Schellen und kleinen Glocken, deren ſich auch noch ein anderer Pfaffe zum Gebaͤt und Almoſenſamlen bediente, den wir am Wege mit dem Quanwonbild ſelbſt antrafen: es hatte dieſes ausgeſchnizte und verguldete Bild ſehr viele Armen, zwei laͤngere und groͤßere derſelben waren uͤber das Haupt erhaben und hielten beide †) ein Kind: auf dem Haupte ſahe man in allem acht Kinderfiguren, davon ſechſe gleichſam eine Krone ausmachten, zwei aber etwas hoͤher, naͤmlich eines am Hinterkopfe und das andere an der Stirn ſtanden; wahrſcheinlich ſol damit auf den Gott Amida gedeutet werden, weil er zu einer verſchiede- nen Zeit und unter verſchiedenerlei Geſtalt ſich auf die Erde herabgelaſſen und unter den Men- ſchen erſchienen ſeyn ſol. Jn Okabe ſpeiſeten wir zu Mittag, alwo eben auch durch den bereits Tab. XXXVII. *) Die Engl. Ueberſ. bringt die Feuersbrunſt eigentlich in die Gegend des Fatzmantempels, und laͤſſet das Dorf Farra dagegen nichts davon erfahren. **) Fehlt in der Engl. Ueberſ. †) Scheuchzer ſezt, das Bild habe in jeder Hand ein Kind gehalten, welches aber mit der Abbildung nicht zuſammenſtimt. Zweiter Band. Z z

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/407>, abgerufen am 22.11.2024.