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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch.
es hierauf, wären ihm angenehm, und die Pässe solten uns gereicht werden. Er fragte
sodann nach unserm Alter, und schien große Lust zu haben, mehr mit uns zu reden, wenn
ihm die unvernehmliche Aussprache des Dolmetschers nicht verdrieslich gefallen wäre, indem
ihn der beisitzende Haushofmeister sowol als der Grosrichter selbst kaum verstehen und erra-
then konte, was er haben wolte. Es geschah übrigens die Audienz mit dem grösten An-
stande, und wenn einer redete, herrschete bei dem andern das tieffte Stilschweigen. Der
Grosrichter saß ganz unbeweglich auf seinem Platze, die Dolmetscher und wir aber lagen
ganz gebükt auf dem Boden. Der Haushofmeister, nachdem er uns zu einem kleinen
Gastmahle genöthigt, begab sich endlich hinweg, uns aber führte man in den Wartesaal
zurük, wo uns zwei Tobakskästchen von rarer Arbeit, nebst dem übrigen dazu gehörigen,
dabei zugleich, so wie vor der Audienz, gemahlner Thee, nebst zwei großen Stük Feigen
und verschiedener Art Zuckerkonfekt auf Präsentirtafeln vorgesezt wurden. Einer der Haus-
hofmeister brachte kurz hernach zwei Pässe, und überreichte sie dem Capitain. Dieser nahm
sie aus Respekt zur Stirn auf hebend und gebükt an, und gab sie dem Dolmetscher zur
Verwahrung. Wir machten dem Haushofmeister das Abschiedskompliment, das wir, da
er uns noch bis außer die Hauptwache begleitete, nochmals wiederholten, und verließen
solchergestalt den Grosrichterlichen Pallast. Es war der mehr erwähnte Haushofmeister,
ein ziemlich großer, starker, fleischigter und fetter, jedoch bei allem dem nicht unförmig ge-
stalteter Man, von ohngefähr 33 Jahren, mit einem dicken Kopfe, mittelmäßiger Nase,
und von runder und angenehmer Gesichtsbildung: sein Gang hatte etwas ungeschiktes, als
wenn ihm das Venusspiel dabei etwas zugezogen hätte, sonst aber bezeigte er ein aufge-
räumtes und offenherziges Wesen.

Der eine Gouverneur, zu dem wir uns nunmehro verfügten, schien ein alter stör-
riger Man zu seyn, wiewol er mit etwas Zwang eine freundliche und lachende Mine an-
nahm. Er lies uns nicht lange warten, sondern nach eingenommenem Thee und Tobak
vor seine Zimmer kommen, woselbst er bereits auf vier Matten weit vor uns saß und uns wilkom-
men hies. Er nahm unsere Komplimente mit vieler Aufmerksamkeit an, die ihm sein
Haushofmeister, weil der Dolmetscher so schwer zu verstehen war, selbst überliefern muste.
Wir giengen hiernächst gleich in den Wartesaal zurük, nahmen alda Abschied, passirten
mit gewöhnlicher Verbeugung die Wacht, empfahlen uns in dem andern Vorgemache bei
dem Haushofmeister, und bestiegen unsere Cangos. Auch dieser Haushofmeister war ein
fetter, nicht ungestalteter Man in einem Alter von 56 Jahren, das ihn jedoch eines frischen
und muntern Ansehens nicht beraubte; von Statur schien er klein zu seyn, denn im stehen
habe ich ihn nicht gesehn.

Der andere Gouverneur, zu welchem wir uns von hier tragen ließen, verursachte
uns nach seiner vorjährigen Gewohnheit ein längeres Warten, als der erstere. Die Audienz

gieng

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
es hierauf, waͤren ihm angenehm, und die Paͤſſe ſolten uns gereicht werden. Er fragte
ſodann nach unſerm Alter, und ſchien große Luſt zu haben, mehr mit uns zu reden, wenn
ihm die unvernehmliche Ausſprache des Dolmetſchers nicht verdrieslich gefallen waͤre, indem
ihn der beiſitzende Haushofmeiſter ſowol als der Grosrichter ſelbſt kaum verſtehen und erra-
then konte, was er haben wolte. Es geſchah uͤbrigens die Audienz mit dem groͤſten An-
ſtande, und wenn einer redete, herrſchete bei dem andern das tieffte Stilſchweigen. Der
Grosrichter ſaß ganz unbeweglich auf ſeinem Platze, die Dolmetſcher und wir aber lagen
ganz gebuͤkt auf dem Boden. Der Haushofmeiſter, nachdem er uns zu einem kleinen
Gaſtmahle genoͤthigt, begab ſich endlich hinweg, uns aber fuͤhrte man in den Warteſaal
zuruͤk, wo uns zwei Tobakskaͤſtchen von rarer Arbeit, nebſt dem uͤbrigen dazu gehoͤrigen,
dabei zugleich, ſo wie vor der Audienz, gemahlner Thee, nebſt zwei großen Stuͤk Feigen
und verſchiedener Art Zuckerkonfekt auf Praͤſentirtafeln vorgeſezt wurden. Einer der Haus-
hofmeiſter brachte kurz hernach zwei Paͤſſe, und uͤberreichte ſie dem Capitain. Dieſer nahm
ſie aus Reſpekt zur Stirn auf hebend und gebuͤkt an, und gab ſie dem Dolmetſcher zur
Verwahrung. Wir machten dem Haushofmeiſter das Abſchiedskompliment, das wir, da
er uns noch bis außer die Hauptwache begleitete, nochmals wiederholten, und verließen
ſolchergeſtalt den Grosrichterlichen Pallaſt. Es war der mehr erwaͤhnte Haushofmeiſter,
ein ziemlich großer, ſtarker, fleiſchigter und fetter, jedoch bei allem dem nicht unfoͤrmig ge-
ſtalteter Man, von ohngefaͤhr 33 Jahren, mit einem dicken Kopfe, mittelmaͤßiger Naſe,
und von runder und angenehmer Geſichtsbildung: ſein Gang hatte etwas ungeſchiktes, als
wenn ihm das Venusſpiel dabei etwas zugezogen haͤtte, ſonſt aber bezeigte er ein aufge-
raͤumtes und offenherziges Weſen.

Der eine Gouverneur, zu dem wir uns nunmehro verfuͤgten, ſchien ein alter ſtoͤr-
riger Man zu ſeyn, wiewol er mit etwas Zwang eine freundliche und lachende Mine an-
nahm. Er lies uns nicht lange warten, ſondern nach eingenommenem Thee und Tobak
vor ſeine Zimmer kommen, woſelbſt er bereits auf vier Matten weit vor uns ſaß und uns wilkom-
men hies. Er nahm unſere Komplimente mit vieler Aufmerkſamkeit an, die ihm ſein
Haushofmeiſter, weil der Dolmetſcher ſo ſchwer zu verſtehen war, ſelbſt uͤberliefern muſte.
Wir giengen hiernaͤchſt gleich in den Warteſaal zuruͤk, nahmen alda Abſchied, paſſirten
mit gewoͤhnlicher Verbeugung die Wacht, empfahlen uns in dem andern Vorgemache bei
dem Haushofmeiſter, und beſtiegen unſere Cangos. Auch dieſer Haushofmeiſter war ein
fetter, nicht ungeſtalteter Man in einem Alter von 56 Jahren, das ihn jedoch eines friſchen
und muntern Anſehens nicht beraubte; von Statur ſchien er klein zu ſeyn, denn im ſtehen
habe ich ihn nicht geſehn.

Der andere Gouverneur, zu welchem wir uns von hier tragen ließen, verurſachte
uns nach ſeiner vorjaͤhrigen Gewohnheit ein laͤngeres Warten, als der erſtere. Die Audienz

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[340/0386] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. es hierauf, waͤren ihm angenehm, und die Paͤſſe ſolten uns gereicht werden. Er fragte ſodann nach unſerm Alter, und ſchien große Luſt zu haben, mehr mit uns zu reden, wenn ihm die unvernehmliche Ausſprache des Dolmetſchers nicht verdrieslich gefallen waͤre, indem ihn der beiſitzende Haushofmeiſter ſowol als der Grosrichter ſelbſt kaum verſtehen und erra- then konte, was er haben wolte. Es geſchah uͤbrigens die Audienz mit dem groͤſten An- ſtande, und wenn einer redete, herrſchete bei dem andern das tieffte Stilſchweigen. Der Grosrichter ſaß ganz unbeweglich auf ſeinem Platze, die Dolmetſcher und wir aber lagen ganz gebuͤkt auf dem Boden. Der Haushofmeiſter, nachdem er uns zu einem kleinen Gaſtmahle genoͤthigt, begab ſich endlich hinweg, uns aber fuͤhrte man in den Warteſaal zuruͤk, wo uns zwei Tobakskaͤſtchen von rarer Arbeit, nebſt dem uͤbrigen dazu gehoͤrigen, dabei zugleich, ſo wie vor der Audienz, gemahlner Thee, nebſt zwei großen Stuͤk Feigen und verſchiedener Art Zuckerkonfekt auf Praͤſentirtafeln vorgeſezt wurden. Einer der Haus- hofmeiſter brachte kurz hernach zwei Paͤſſe, und uͤberreichte ſie dem Capitain. Dieſer nahm ſie aus Reſpekt zur Stirn auf hebend und gebuͤkt an, und gab ſie dem Dolmetſcher zur Verwahrung. Wir machten dem Haushofmeiſter das Abſchiedskompliment, das wir, da er uns noch bis außer die Hauptwache begleitete, nochmals wiederholten, und verließen ſolchergeſtalt den Grosrichterlichen Pallaſt. Es war der mehr erwaͤhnte Haushofmeiſter, ein ziemlich großer, ſtarker, fleiſchigter und fetter, jedoch bei allem dem nicht unfoͤrmig ge- ſtalteter Man, von ohngefaͤhr 33 Jahren, mit einem dicken Kopfe, mittelmaͤßiger Naſe, und von runder und angenehmer Geſichtsbildung: ſein Gang hatte etwas ungeſchiktes, als wenn ihm das Venusſpiel dabei etwas zugezogen haͤtte, ſonſt aber bezeigte er ein aufge- raͤumtes und offenherziges Weſen. Der eine Gouverneur, zu dem wir uns nunmehro verfuͤgten, ſchien ein alter ſtoͤr- riger Man zu ſeyn, wiewol er mit etwas Zwang eine freundliche und lachende Mine an- nahm. Er lies uns nicht lange warten, ſondern nach eingenommenem Thee und Tobak vor ſeine Zimmer kommen, woſelbſt er bereits auf vier Matten weit vor uns ſaß und uns wilkom- men hies. Er nahm unſere Komplimente mit vieler Aufmerkſamkeit an, die ihm ſein Haushofmeiſter, weil der Dolmetſcher ſo ſchwer zu verſtehen war, ſelbſt uͤberliefern muſte. Wir giengen hiernaͤchſt gleich in den Warteſaal zuruͤk, nahmen alda Abſchied, paſſirten mit gewoͤhnlicher Verbeugung die Wacht, empfahlen uns in dem andern Vorgemache bei dem Haushofmeiſter, und beſtiegen unſere Cangos. Auch dieſer Haushofmeiſter war ein fetter, nicht ungeſtalteter Man in einem Alter von 56 Jahren, das ihn jedoch eines friſchen und muntern Anſehens nicht beraubte; von Statur ſchien er klein zu ſeyn, denn im ſtehen habe ich ihn nicht geſehn. Der andere Gouverneur, zu welchem wir uns von hier tragen ließen, verurſachte uns nach ſeiner vorjaͤhrigen Gewohnheit ein laͤngeres Warten, als der erſtere. Die Audienz gieng

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/386>, abgerufen am 24.11.2024.