Den 13 April sind wir mit Aufgang der Sonne in Fahrzeugen außerhalb den Land- brüchen und Jnseln abgereiset, und S. W. nach W. fünf Meilen, darnach zwei Meilen W. mit einem schiefen Landwinde in etwa vier Stunden, um 10 Uhr eine halbe Meile un- ter dem Kastele Quano oder Kwano angekommen, wo wir ansegeln und uns übrigens am Ufer wieder zurük mit Rudern an der Seite heraufarbeiten musten, weil es sowol we- gen der Beschaffenheit des Landes als der Winde nicht anders thunlich war. Nachdem wir| gespeiset hatten, zogen wir um 11 Uhr durch den ersten Theil der Stadt Kwano, wo ein wohl befestigtes Thor nebst aufgemauertem Walle und Graben, dem Kastele gleich, sich befand, Südwärts fort, demnächst durch den mittelsten gleich dem vorigen befestigten Theil der Stadt S. W., und leztlich S. O. durch den dritten und längsten mit Mauren, Wällen, Graben und schlechten Pforten, jedoch einer guten Wache versehenen Theil der- selben. Nach der sodann W. S. W. passirten Vorstadt, etwa eine halbe Meile außer der- selben, bekamen wir eine wohl kultivirte Ebene vor uns, wornach wir rechter Hand ein gro- ßes hohes Gebirge auf vier bis fünf Meilen, linker Hand aber auf eine halbe Meile die See hatten. Außer noch einigen Dörfern, unter denen eins war, wo man die Seemuscheln vorzüglich zu braten wuste, gelangten wir ferner zu dem großen Dorf Fonda, auch Konda genant, und wieder zu dem Dorfe Fatz oder Fas, nach solchem aber durch noch einige Dör- ferchen und über eine 150 Schrit lange Brücke zu dem großen und langen Flecken Jokkaits, der mit einer oder zwei Quergassen fast bis an die See sties, und worinnen es von den aufs häslichste geschminkten Huren, die ich nur je gesehen, ganz vol war; von hier weiter zu dem großen Dorfe Naga (von da der Weg S. O. nach Jtzi gehet) woselbst die See auf eine Meile zur Seiten abwich; nach diesem zu dem Dorfe Ojewatsj, wo wir die Leute mit Ausgrabung der Koth- und Mistgruben zu Begailung der hier bei einem Flusse und einer hügelichten Gegend sehr wohl ausgestelleten Aecker beschäftiget antrafen. Durch ein ande- res großes Dorf, (diejenigen Dörfer, so wir zu beiden Seiten hatten, nicht mitgerechnet) das sich in einer Ebene nach einer Anhöhe hin erstrekte und Tsitzki hies *), kamen wir end- lich zu dem offenen Flecken Jakutz oder Jze Jakutz in eine recht gute Herberge. Es sind etwa 150 Häuser daselbst, und auch am Ausgange desselben ein Tempel, wo die Pfaffen unter dem Geläute der Glocken ihr Opfer und ihren Götzendienst verrichteten. Da Jakutz in der Provinz Jsje liegt, so giebt es hier längere Meilen, indem nämlich 50 Straßen auf eine Meile gehen, statt daß darauf an andern Orten deren nur 36 gerechnet werden.
Den 14 April zogen wir aus Jakutz bei Sonnen Aufgang, trüber und kalter Luft durch ein freies Feld auf gleichem Wege fort, nicht lange hernach aber bei einer grünen
mit
*) Das Dorf Tsitzki hat die Engl. Uebers. ausgelassen.
P p 3
Dreizehntes Kap. Ruͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki.
Den 13 April ſind wir mit Aufgang der Sonne in Fahrzeugen außerhalb den Land- bruͤchen und Jnſeln abgereiſet, und S. W. nach W. fuͤnf Meilen, darnach zwei Meilen W. mit einem ſchiefen Landwinde in etwa vier Stunden, um 10 Uhr eine halbe Meile un- ter dem Kaſtele Quano oder Kwano angekommen, wo wir anſegeln und uns uͤbrigens am Ufer wieder zuruͤk mit Rudern an der Seite heraufarbeiten muſten, weil es ſowol we- gen der Beſchaffenheit des Landes als der Winde nicht anders thunlich war. Nachdem wir| geſpeiſet hatten, zogen wir um 11 Uhr durch den erſten Theil der Stadt Kwano, wo ein wohl befeſtigtes Thor nebſt aufgemauertem Walle und Graben, dem Kaſtele gleich, ſich befand, Suͤdwaͤrts fort, demnaͤchſt durch den mittelſten gleich dem vorigen befeſtigten Theil der Stadt S. W., und leztlich S. O. durch den dritten und laͤngſten mit Mauren, Waͤllen, Graben und ſchlechten Pforten, jedoch einer guten Wache verſehenen Theil der- ſelben. Nach der ſodann W. S. W. paſſirten Vorſtadt, etwa eine halbe Meile außer der- ſelben, bekamen wir eine wohl kultivirte Ebene vor uns, wornach wir rechter Hand ein gro- ßes hohes Gebirge auf vier bis fuͤnf Meilen, linker Hand aber auf eine halbe Meile die See hatten. Außer noch einigen Doͤrfern, unter denen eins war, wo man die Seemuſcheln vorzuͤglich zu braten wuſte, gelangten wir ferner zu dem großen Dorf Fonda, auch Konda genant, und wieder zu dem Dorfe Fatz oder Fas, nach ſolchem aber durch noch einige Doͤr- ferchen und uͤber eine 150 Schrit lange Bruͤcke zu dem großen und langen Flecken Jokkaits, der mit einer oder zwei Quergaſſen faſt bis an die See ſties, und worinnen es von den aufs haͤslichſte geſchminkten Huren, die ich nur je geſehen, ganz vol war; von hier weiter zu dem großen Dorfe Naga (von da der Weg S. O. nach Jtzi gehet) woſelbſt die See auf eine Meile zur Seiten abwich; nach dieſem zu dem Dorfe Ojewatſj, wo wir die Leute mit Ausgrabung der Koth- und Miſtgruben zu Begailung der hier bei einem Fluſſe und einer huͤgelichten Gegend ſehr wohl ausgeſtelleten Aecker beſchaͤftiget antrafen. Durch ein ande- res großes Dorf, (diejenigen Doͤrfer, ſo wir zu beiden Seiten hatten, nicht mitgerechnet) das ſich in einer Ebene nach einer Anhoͤhe hin erſtrekte und Tſitzki hies *), kamen wir end- lich zu dem offenen Flecken Jakutz oder Jze Jakutz in eine recht gute Herberge. Es ſind etwa 150 Haͤuſer daſelbſt, und auch am Ausgange deſſelben ein Tempel, wo die Pfaffen unter dem Gelaͤute der Glocken ihr Opfer und ihren Goͤtzendienſt verrichteten. Da Jakutz in der Provinz Jſje liegt, ſo giebt es hier laͤngere Meilen, indem naͤmlich 50 Straßen auf eine Meile gehen, ſtatt daß darauf an andern Orten deren nur 36 gerechnet werden.
Den 14 April zogen wir aus Jakutz bei Sonnen Aufgang, truͤber und kalter Luft durch ein freies Feld auf gleichem Wege fort, nicht lange hernach aber bei einer gruͤnen
mit
*) Das Dorf Tſitzki hat die Engl. Ueberſ. ausgelaſſen.
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Dreizehntes Kap. Ruͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki.
Den 13 April ſind wir mit Aufgang der Sonne in Fahrzeugen außerhalb den Land-
bruͤchen und Jnſeln abgereiſet, und S. W. nach W. fuͤnf Meilen, darnach zwei Meilen
W. mit einem ſchiefen Landwinde in etwa vier Stunden, um 10 Uhr eine halbe Meile un-
ter dem Kaſtele Quano oder Kwano angekommen, wo wir anſegeln und uns uͤbrigens
am Ufer wieder zuruͤk mit Rudern an der Seite heraufarbeiten muſten, weil es ſowol we-
gen der Beſchaffenheit des Landes als der Winde nicht anders thunlich war. Nachdem
wir| geſpeiſet hatten, zogen wir um 11 Uhr durch den erſten Theil der Stadt Kwano, wo
ein wohl befeſtigtes Thor nebſt aufgemauertem Walle und Graben, dem Kaſtele gleich,
ſich befand, Suͤdwaͤrts fort, demnaͤchſt durch den mittelſten gleich dem vorigen befeſtigten
Theil der Stadt S. W., und leztlich S. O. durch den dritten und laͤngſten mit Mauren,
Waͤllen, Graben und ſchlechten Pforten, jedoch einer guten Wache verſehenen Theil der-
ſelben. Nach der ſodann W. S. W. paſſirten Vorſtadt, etwa eine halbe Meile außer der-
ſelben, bekamen wir eine wohl kultivirte Ebene vor uns, wornach wir rechter Hand ein gro-
ßes hohes Gebirge auf vier bis fuͤnf Meilen, linker Hand aber auf eine halbe Meile die See
hatten. Außer noch einigen Doͤrfern, unter denen eins war, wo man die Seemuſcheln
vorzuͤglich zu braten wuſte, gelangten wir ferner zu dem großen Dorf Fonda, auch Konda
genant, und wieder zu dem Dorfe Fatz oder Fas, nach ſolchem aber durch noch einige Doͤr-
ferchen und uͤber eine 150 Schrit lange Bruͤcke zu dem großen und langen Flecken Jokkaits,
der mit einer oder zwei Quergaſſen faſt bis an die See ſties, und worinnen es von den aufs
haͤslichſte geſchminkten Huren, die ich nur je geſehen, ganz vol war; von hier weiter zu
dem großen Dorfe Naga (von da der Weg S. O. nach Jtzi gehet) woſelbſt die See auf
eine Meile zur Seiten abwich; nach dieſem zu dem Dorfe Ojewatſj, wo wir die Leute mit
Ausgrabung der Koth- und Miſtgruben zu Begailung der hier bei einem Fluſſe und einer
huͤgelichten Gegend ſehr wohl ausgeſtelleten Aecker beſchaͤftiget antrafen. Durch ein ande-
res großes Dorf, (diejenigen Doͤrfer, ſo wir zu beiden Seiten hatten, nicht mitgerechnet)
das ſich in einer Ebene nach einer Anhoͤhe hin erſtrekte und Tſitzki hies *), kamen wir end-
lich zu dem offenen Flecken Jakutz oder Jze Jakutz in eine recht gute Herberge. Es ſind
etwa 150 Haͤuſer daſelbſt, und auch am Ausgange deſſelben ein Tempel, wo die Pfaffen
unter dem Gelaͤute der Glocken ihr Opfer und ihren Goͤtzendienſt verrichteten. Da Jakutz
in der Provinz Jſje liegt, ſo giebt es hier laͤngere Meilen, indem naͤmlich 50 Straßen
auf eine Meile gehen, ſtatt daß darauf an andern Orten deren nur 36 gerechnet
werden.
Den 14 April zogen wir aus Jakutz bei Sonnen Aufgang, truͤber und kalter Luft
durch ein freies Feld auf gleichem Wege fort, nicht lange hernach aber bei einer gruͤnen
mit
*) Das Dorf Tſitzki hat die Engl. Ueberſ. ausgelaſſen.
P p 3
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/341>, abgerufen am 24.11.2024.
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