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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Zwölftes Kap. Beschreibung der Stadt und des Schlosses Jedo.
Keller in dem Residenzschlos vorhanden sey, dessen obere Decke aus einem platten, weiten
und mit Wasser angefülleten Kessel bestehe, und dahin sich der Kaiser, zur Zeit eines
Donnerwetters, der Sicherheit halben verfüge, weil denn der Vliz sich in dem Wasser ver-
löschen könne. Noch hat man alhier zwei vor Feuer und Raub wohl verwahrte mit den
Kaiserlichen Schätzen angefülte Magazine, deren Dächer von schwerem Kupfer und die
Thüren von starkem Eisen gemacht sind.

Die Kaiser, welche bisher auf diesem Schlosse residirt, sind sämtlich Nachkom-
men des Kaisers Jjejas, des ersten dieses Geschlechts, nämlich 1) dieser Jjejas, der
nach seinem Tode Gongin genant worden: 2) dessen Sohn Teito Kwin: 3) Dai jojin,
Sohn des Teito kwins: 4) Genjojin, Sohn des Dai jojins: und nun 5) dessen Bruders
Sohn Tsinajos, der jeztregierende Kaiser.

Dies sey von dem Kaiserlichen Schlosse genug gesagt. Jch gehe nun zu unsern
täglichen Vorfällen und Geschäften in Jedo über.

Sobald wir in unserer Herberge angekommen, ließen wir denjenigen beiden Reichs-
commissarien, die zur Besorgung der auswärtigen Angelegenheiten die oberste Volmacht
haben, und dem hier anwesenden Nagasackischen Gouverneur, durch den Unterdolmetscher
(weil der Oberdolmetscher unpäslich war) unsere Ankunft melden. Der Gouverneur, Na-
mens Ginseimon, (dem aber seit dem Jahr 1685, wo er durch seine kluge Einrichtung den
ausländischen Handel zu einem besseren Nutzen des Landes erhoben hat, der Ehrenname
Sino Cami beigelegt worden) lies noch an eben dem Abend unserm Bugjo befehlen, uns
auf den Kammern wohl eingeschlossen zu halten, und nicht zu erlauben, daß außer unsern
eigenen Bedienten irgend eine Seele zu uns komme. Eigentlich war diese Vorsicht unnö-
thig, denn unsere Kammern, die auf dem obersten Stokwerke eines Hinterhauses lagen,
und wozu man von außen nicht anders als durch einen verschlossenen langen Gang gelangen
konte, waren an sich schon von allen Menschen abgesondert, die Treppe selbst war unten
und oben mit einer verschlossenen Thür, und das ganze Stokwerk zu drei Seiten mit Wän-
den verwahrt. Meine Kammer hatte nur ein kleines hohes Fenster, wodurch ich mit ge-
nauer Noth die Mittagssonne wahrnehmen konte. Man sagte uns, daß vier Tage vor
unserer Ankunft 40 Straßen, und auf denselben an die 4000 Häuser durch eine Feuers-
brunst in die Asche gelegt wären, wie denn auch selbst an diesem Abend anderthalb bis zwei
Meilen von unserer Herberge gegen Osten ein Feuer ausbrach, das jedoch nur mit Verlust
von einigen Häusern gelöscht wurde.

Den 14 März, Mitwochs, ließen uns die Commissarien unter einer freundlichen
Begrüßung wissen, daß sie unsere Ankunft den Reichsräthen bekant gemacht hätten. Jn
Gegenwart unsers und eines des Sino Cami Bugjos eröfneten wir heute die dem Kaiser

und
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Zwoͤlftes Kap. Beſchreibung der Stadt und des Schloſſes Jedo.
Keller in dem Reſidenzſchlos vorhanden ſey, deſſen obere Decke aus einem platten, weiten
und mit Waſſer angefuͤlleten Keſſel beſtehe, und dahin ſich der Kaiſer, zur Zeit eines
Donnerwetters, der Sicherheit halben verfuͤge, weil denn der Vliz ſich in dem Waſſer ver-
loͤſchen koͤnne. Noch hat man alhier zwei vor Feuer und Raub wohl verwahrte mit den
Kaiſerlichen Schaͤtzen angefuͤlte Magazine, deren Daͤcher von ſchwerem Kupfer und die
Thuͤren von ſtarkem Eiſen gemacht ſind.

Die Kaiſer, welche bisher auf dieſem Schloſſe reſidirt, ſind ſaͤmtlich Nachkom-
men des Kaiſers Jjejas, des erſten dieſes Geſchlechts, naͤmlich 1) dieſer Jjejas, der
nach ſeinem Tode Gongin genant worden: 2) deſſen Sohn Teito Kwin: 3) Dai jojin,
Sohn des Teito kwins: 4) Genjojin, Sohn des Dai jojins: und nun 5) deſſen Bruders
Sohn Tſinajos, der jeztregierende Kaiſer.

Dies ſey von dem Kaiſerlichen Schloſſe genug geſagt. Jch gehe nun zu unſern
taͤglichen Vorfaͤllen und Geſchaͤften in Jedo uͤber.

Sobald wir in unſerer Herberge angekommen, ließen wir denjenigen beiden Reichs-
commiſſarien, die zur Beſorgung der auswaͤrtigen Angelegenheiten die oberſte Volmacht
haben, und dem hier anweſenden Nagaſackiſchen Gouverneur, durch den Unterdolmetſcher
(weil der Oberdolmetſcher unpaͤslich war) unſere Ankunft melden. Der Gouverneur, Na-
mens Ginſeimon, (dem aber ſeit dem Jahr 1685, wo er durch ſeine kluge Einrichtung den
auslaͤndiſchen Handel zu einem beſſeren Nutzen des Landes erhoben hat, der Ehrenname
Sino Cami beigelegt worden) lies noch an eben dem Abend unſerm Bugjo befehlen, uns
auf den Kammern wohl eingeſchloſſen zu halten, und nicht zu erlauben, daß außer unſern
eigenen Bedienten irgend eine Seele zu uns komme. Eigentlich war dieſe Vorſicht unnoͤ-
thig, denn unſere Kammern, die auf dem oberſten Stokwerke eines Hinterhauſes lagen,
und wozu man von außen nicht anders als durch einen verſchloſſenen langen Gang gelangen
konte, waren an ſich ſchon von allen Menſchen abgeſondert, die Treppe ſelbſt war unten
und oben mit einer verſchloſſenen Thuͤr, und das ganze Stokwerk zu drei Seiten mit Waͤn-
den verwahrt. Meine Kammer hatte nur ein kleines hohes Fenſter, wodurch ich mit ge-
nauer Noth die Mittagsſonne wahrnehmen konte. Man ſagte uns, daß vier Tage vor
unſerer Ankunft 40 Straßen, und auf denſelben an die 4000 Haͤuſer durch eine Feuers-
brunſt in die Aſche gelegt waͤren, wie denn auch ſelbſt an dieſem Abend anderthalb bis zwei
Meilen von unſerer Herberge gegen Oſten ein Feuer ausbrach, das jedoch nur mit Verluſt
von einigen Haͤuſern geloͤſcht wurde.

Den 14 Maͤrz, Mitwochs, ließen uns die Commiſſarien unter einer freundlichen
Begruͤßung wiſſen, daß ſie unſere Ankunft den Reichsraͤthen bekant gemacht haͤtten. Jn
Gegenwart unſers und eines des Sino Cami Bugjos eroͤfneten wir heute die dem Kaiſer

und
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[275/0311] Zwoͤlftes Kap. Beſchreibung der Stadt und des Schloſſes Jedo. Keller in dem Reſidenzſchlos vorhanden ſey, deſſen obere Decke aus einem platten, weiten und mit Waſſer angefuͤlleten Keſſel beſtehe, und dahin ſich der Kaiſer, zur Zeit eines Donnerwetters, der Sicherheit halben verfuͤge, weil denn der Vliz ſich in dem Waſſer ver- loͤſchen koͤnne. Noch hat man alhier zwei vor Feuer und Raub wohl verwahrte mit den Kaiſerlichen Schaͤtzen angefuͤlte Magazine, deren Daͤcher von ſchwerem Kupfer und die Thuͤren von ſtarkem Eiſen gemacht ſind. Die Kaiſer, welche bisher auf dieſem Schloſſe reſidirt, ſind ſaͤmtlich Nachkom- men des Kaiſers Jjejas, des erſten dieſes Geſchlechts, naͤmlich 1) dieſer Jjejas, der nach ſeinem Tode Gongin genant worden: 2) deſſen Sohn Teito Kwin: 3) Dai jojin, Sohn des Teito kwins: 4) Genjojin, Sohn des Dai jojins: und nun 5) deſſen Bruders Sohn Tſinajos, der jeztregierende Kaiſer. Dies ſey von dem Kaiſerlichen Schloſſe genug geſagt. Jch gehe nun zu unſern taͤglichen Vorfaͤllen und Geſchaͤften in Jedo uͤber. Sobald wir in unſerer Herberge angekommen, ließen wir denjenigen beiden Reichs- commiſſarien, die zur Beſorgung der auswaͤrtigen Angelegenheiten die oberſte Volmacht haben, und dem hier anweſenden Nagaſackiſchen Gouverneur, durch den Unterdolmetſcher (weil der Oberdolmetſcher unpaͤslich war) unſere Ankunft melden. Der Gouverneur, Na- mens Ginſeimon, (dem aber ſeit dem Jahr 1685, wo er durch ſeine kluge Einrichtung den auslaͤndiſchen Handel zu einem beſſeren Nutzen des Landes erhoben hat, der Ehrenname Sino Cami beigelegt worden) lies noch an eben dem Abend unſerm Bugjo befehlen, uns auf den Kammern wohl eingeſchloſſen zu halten, und nicht zu erlauben, daß außer unſern eigenen Bedienten irgend eine Seele zu uns komme. Eigentlich war dieſe Vorſicht unnoͤ- thig, denn unſere Kammern, die auf dem oberſten Stokwerke eines Hinterhauſes lagen, und wozu man von außen nicht anders als durch einen verſchloſſenen langen Gang gelangen konte, waren an ſich ſchon von allen Menſchen abgeſondert, die Treppe ſelbſt war unten und oben mit einer verſchloſſenen Thuͤr, und das ganze Stokwerk zu drei Seiten mit Waͤn- den verwahrt. Meine Kammer hatte nur ein kleines hohes Fenſter, wodurch ich mit ge- nauer Noth die Mittagsſonne wahrnehmen konte. Man ſagte uns, daß vier Tage vor unſerer Ankunft 40 Straßen, und auf denſelben an die 4000 Haͤuſer durch eine Feuers- brunſt in die Aſche gelegt waͤren, wie denn auch ſelbſt an dieſem Abend anderthalb bis zwei Meilen von unſerer Herberge gegen Oſten ein Feuer ausbrach, das jedoch nur mit Verluſt von einigen Haͤuſern geloͤſcht wurde. Den 14 Maͤrz, Mitwochs, ließen uns die Commiſſarien unter einer freundlichen Begruͤßung wiſſen, daß ſie unſere Ankunft den Reichsraͤthen bekant gemacht haͤtten. Jn Gegenwart unſers und eines des Sino Cami Bugjos eroͤfneten wir heute die dem Kaiſer und M m 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/311>, abgerufen am 28.11.2024.