Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch. und den bösen Geist zu verbannen. Er bewerstelligte solches aufs glüklichste. Die Baurenvermutheten anfänglich, er würde dazu viele Umstände, Gebäte und Cerimonien nöthig ha- ben; Koosj aber that nichts weiter, als daß er seinen schmutzigen Schaamgürtel um die Säule band, und darauf zu dem Volke sagte: "Lieben Freunde! viele Cerimonien machen "es nicht aus, die ihr erwartet, die wollen auch den Teufel nicht vertreiben; der Glaube "mus es thun, durch diesen verrichte ich meine Wunder;" womit er seines Wegs gereiset. Gewis, nachdenkliche Reden in dem Munde eines heidnischen Lehrers! Anderthalb Meilen von hier kamen wir durch Katangiwara, Sinde, Noodsj Kusatz oder Kusatzu hat über 500 Häuser, die mehrentheils längst der Landstra- Das Dorf Mingava, das seinen Namen von dem durchfließenden Bache führt, Minoki, ein längst der Heerstraße zerstreuetes Dorf von verschiedenen Theilen, men,
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. und den boͤſen Geiſt zu verbannen. Er bewerſtelligte ſolches aufs gluͤklichſte. Die Baurenvermutheten anfaͤnglich, er wuͤrde dazu viele Umſtaͤnde, Gebaͤte und Cerimonien noͤthig ha- ben; Kooſj aber that nichts weiter, als daß er ſeinen ſchmutzigen Schaamguͤrtel um die Saͤule band, und darauf zu dem Volke ſagte: „Lieben Freunde! viele Cerimonien machen „es nicht aus, die ihr erwartet, die wollen auch den Teufel nicht vertreiben; der Glaube „mus es thun, durch dieſen verrichte ich meine Wunder;‟ womit er ſeines Wegs gereiſet. Gewis, nachdenkliche Reden in dem Munde eines heidniſchen Lehrers! Anderthalb Meilen von hier kamen wir durch Katangiwara, Sinde, Noodſj Kuſatz oder Kuſatzu hat uͤber 500 Haͤuſer, die mehrentheils laͤngſt der Landſtra- Das Dorf Mingava, das ſeinen Namen von dem durchfließenden Bache fuͤhrt, Minoki, ein laͤngſt der Heerſtraße zerſtreuetes Dorf von verſchiedenen Theilen, men,
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
und den boͤſen Geiſt zu verbannen. Er bewerſtelligte ſolches aufs gluͤklichſte. Die Bauren
vermutheten anfaͤnglich, er wuͤrde dazu viele Umſtaͤnde, Gebaͤte und Cerimonien noͤthig ha-
ben; Kooſj aber that nichts weiter, als daß er ſeinen ſchmutzigen Schaamguͤrtel um die
Saͤule band, und darauf zu dem Volke ſagte: „Lieben Freunde! viele Cerimonien machen
„es nicht aus, die ihr erwartet, die wollen auch den Teufel nicht vertreiben; der Glaube
„mus es thun, durch dieſen verrichte ich meine Wunder;‟ womit er ſeines Wegs gereiſet.
Gewis, nachdenkliche Reden in dem Munde eines heidniſchen Lehrers!
Anderthalb Meilen von hier kamen wir durch Katangiwara, Sinde, Noodſj
oder Noſji und andere kleine an der Landſtraße gelegene Doͤrfer, auch durch den ein und
eine halbe Meile von da aus dem Berge Okami entſpringenden Flus Okami gava, in
das Staͤdtchen oder Flecken Kuſatz, da wir zugleich ſechs Graͤnzſteine wahrnahmen, wo-
durch des Jodoſchen Landesherrn in dieſer Provinz Omi befindliche Doͤrfer und Gruͤnde ab-
geſchieden werden.
Kuſatz oder Kuſatzu hat uͤber 500 Haͤuſer, die mehrentheils laͤngſt der Landſtra-
ße erbauet ſind, daher wir auch beinahe eine halbe Stunde zubrachten, als wir nach einge-
nommenem Thee durchwanderten. Es waͤchſet in dieſer Gegend die Art Bambusrohr, die
man Fatſiku nent, aus deſſen Wurzeln die Handſtoͤcke gemacht, und unter dem Namen
Rottang nach Europa gebracht werden. Nur gewiſſe mit einer Landesherrlichen Erlaub-
nis verſehene Leute des Orts, die damit ein beſſeres Gewerbe treiben, duͤrfen ſie graben
und damit handeln. Da dieſe Wurzeln ſehr tief liegen, und weit nachgeſucht werden muͤſ-
ſen, folglich die ganze Pflanze gar leicht verdorben werden kan, ſo pflegt der Landesherr
das Graben auf einige Jahre zu verbieten, wo die Stoͤcke alsdenn ſehr theuer, ſonſt aber
gar wohlfeil ſind. Man graͤbt dieſe Wurzeln zwar auch in andern Provinzen, ſie fallen
jedoch kuͤrzer und weniger brauchbar aus. Die Behandlung, um die Stoͤcke daraus zu
machen, beſtehet darinnen, daß ſie oben und unten von den ſchadhaften Theilen, nach einer
ſchiklichen Laͤnge, abgekuͤrzt, von den kleinen Sproſſen oder Nebenwurzeln, womit die
Knoͤpfe oder Glieder haͤufig umgeben ſind, (wie aus den Zirkelmaͤßigen nachgebliebenen Zeichen
zu erkennen) mit einem ſubtilen Meſſer befreyet, dann durch Huͤlfe des Feuers da, wo ſie in
die Kruͤmme gewachſen, gleich gerichtet und wohl geſaͤubert werden.
Das Dorf Mingava, das ſeinen Namen von dem durchfließenden Bache fuͤhrt,
und aus 400 Haͤuſern beſtehet, war, nach einer Viertelmeile weiter, das naͤchſte. Es
reicht nach der Laͤnge des Weges bis an Tabora oder Tebura, ein Dorf von etwa 300
Haͤuſern, und dieſes wiederum bis an das Dorf Minoki, das fuͤr ein Theil von jenem ge-
halten wird.
Minoki, ein laͤngſt der Heerſtraße zerſtreuetes Dorf von verſchiedenen Theilen,
welches eben auch mit andern kleinen Doͤrfern oder Gaſſen, jede von einem beſondern Na-
men,
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