Nach Verlauf einer guten Viertelstunde nahmen wir Abschied, und wurden von dem Haus- burggrafen bis vor den ersten Saal, von andern Bedienten aber bis zum Thor begleitet.
Nun giengen wir zu Fuße nach dem Hause des regierenden neuen Gouverneurs, welcher unlängst von Hofe angekommen, und (wie uns die beiden Sekretärs als Cerimo- nienmeister sagten) der Manier, die Holländer zu empfangen, annoch unkundig war. Am Thor befand sich eine gewöhnliche Wache, und in der Ban oder im Vordersaale des Hauses beinahe 50 in guter Ordnung niedersitzende Personen nebst einigen sehr wohl gekleideten Kna- ben. Nachdem wir diese vorbei und in eine Nebenkammer gesührt waren, empfiengen uns ge- dachte Sekretärs, zwei bejahrte Männer, sehr freundlich, bewirtheten uns mit Tobak, ge- mahlnem Thee und Zuckerconfekt, und unterhielten uns eine geraume Zeit mit der Vertrö- stung, daß wir den Gouverneur bald zu sehen bekommen solten. Nach einer halben Stunde brachte man uns in ein anderes Zimmer, woselbst nach einer kleinen Weile auf einmal zwei Schauben gegen uns über geöfnet wurden, wodurch der galante Gouverneur, mit einem Ehrenrocke über seinem schwarzen Kleide angethan, in einer andern Kammer 14 Schrit vor uns sas. Er schien ein Man von 36 Jahren, stark von Gliedern, und dem Ansehen nach hochmü- thig und stolz zu seyn. Er redete uns mit hoher Stimme zuerst mit diesen Worten an: "Jhr seyd in gutem Wetter angekommen, solches ist mediteh, mediteh! (oder Glük, "Glük!)" Nach einer gar kurzen Unterhaltung bathen wir, daß er unsere Geschenke, näm- lich 12 Stük Stoffe (die, wie vorhin schon erwehnt, ausgekramt da lagen) geneigt an- nehmen möchte. Als er hierauf mit einer geringen Verbeugung des Haupts eine Danksa- gungs- und zugleich im Aufstehen eine Abschiedsmine machte, wurden beide Schauben, auf eine Theatermäßige Weise, in einem Augenblik wieder zugezogen, wir aber noch et- was zu verweilen genöthigt, damit das Frauenzimmer, welches sich hinter einer papiernen Wand oder papiernen durchlöcherten Schauben eingefunden, die fremden Gäste und ihren Anzug möchte betrachten können, zu dem Ende denn auch unser Herr Resident bald seinen Hut, bald den Säbel, Uhr und andere Sachen zur Besichtigung von sich geben, bald den Mantel ablegen, aufstehen und seine Kleidung hinten und vorn beschauen lassen muste. Nachdem hierüber eine ganze Stunde verstrichen, nahmen wir mit geziemender Ehrerbie- tung unsern Abschied; die zwei Sekretärs brachten uns bis zu dem großen Vorsaal, und von da zwei geringere Hausbedienten bis in den Vorhof zurük.
Endlich begaben wir uns, weil es schön Wetter war, zu Fuße, nach der etliche hundert Schritte weiter gelegenen Wohnung des zweiten Gouverneurs. Die Art unserer Aufnahme und die Beschaffenheit des Hauses war wie die vorige. Erst wurden wir in der großen Ban mit Thee und Tobak bedient, und sodenn durch verschiedene Kammern in ei- nen prächtigen Audienzsaal gebracht, woselbst ein Cabinet von glänzenden Pfeilen, Bogen, kurzen Feuerröhren und Pistolen in schwarz lakirten Futteralen an den Wänden zu sehen
war.
Zweiter Band. G g
Neuntes Kap. Reiſe von Oſacka bis Miaco.
Nach Verlauf einer guten Viertelſtunde nahmen wir Abſchied, und wurden von dem Haus- burggrafen bis vor den erſten Saal, von andern Bedienten aber bis zum Thor begleitet.
Nun giengen wir zu Fuße nach dem Hauſe des regierenden neuen Gouverneurs, welcher unlaͤngſt von Hofe angekommen, und (wie uns die beiden Sekretaͤrs als Cerimo- nienmeiſter ſagten) der Manier, die Hollaͤnder zu empfangen, annoch unkundig war. Am Thor befand ſich eine gewoͤhnliche Wache, und in der Ban oder im Vorderſaale des Hauſes beinahe 50 in guter Ordnung niederſitzende Perſonen nebſt einigen ſehr wohl gekleideten Kna- ben. Nachdem wir dieſe vorbei und in eine Nebenkammer geſuͤhrt waren, empfiengen uns ge- dachte Sekretaͤrs, zwei bejahrte Maͤnner, ſehr freundlich, bewirtheten uns mit Tobak, ge- mahlnem Thee und Zuckerconfekt, und unterhielten uns eine geraume Zeit mit der Vertroͤ- ſtung, daß wir den Gouverneur bald zu ſehen bekommen ſolten. Nach einer halben Stunde brachte man uns in ein anderes Zimmer, woſelbſt nach einer kleinen Weile auf einmal zwei Schauben gegen uns uͤber geoͤfnet wurden, wodurch der galante Gouverneur, mit einem Ehrenrocke uͤber ſeinem ſchwarzen Kleide angethan, in einer andern Kammer 14 Schrit vor uns ſas. Er ſchien ein Man von 36 Jahren, ſtark von Gliedern, und dem Anſehen nach hochmuͤ- thig und ſtolz zu ſeyn. Er redete uns mit hoher Stimme zuerſt mit dieſen Worten an: „Jhr ſeyd in gutem Wetter angekommen, ſolches iſt mediteh, mediteh! (oder Gluͤk, „Gluͤk!)‟ Nach einer gar kurzen Unterhaltung bathen wir, daß er unſere Geſchenke, naͤm- lich 12 Stuͤk Stoffe (die, wie vorhin ſchon erwehnt, ausgekramt da lagen) geneigt an- nehmen moͤchte. Als er hierauf mit einer geringen Verbeugung des Haupts eine Dankſa- gungs- und zugleich im Aufſtehen eine Abſchiedsmine machte, wurden beide Schauben, auf eine Theatermaͤßige Weiſe, in einem Augenblik wieder zugezogen, wir aber noch et- was zu verweilen genoͤthigt, damit das Frauenzimmer, welches ſich hinter einer papiernen Wand oder papiernen durchloͤcherten Schauben eingefunden, die fremden Gaͤſte und ihren Anzug moͤchte betrachten koͤnnen, zu dem Ende denn auch unſer Herr Reſident bald ſeinen Hut, bald den Saͤbel, Uhr und andere Sachen zur Beſichtigung von ſich geben, bald den Mantel ablegen, aufſtehen und ſeine Kleidung hinten und vorn beſchauen laſſen muſte. Nachdem hieruͤber eine ganze Stunde verſtrichen, nahmen wir mit geziemender Ehrerbie- tung unſern Abſchied; die zwei Sekretaͤrs brachten uns bis zu dem großen Vorſaal, und von da zwei geringere Hausbedienten bis in den Vorhof zuruͤk.
Endlich begaben wir uns, weil es ſchoͤn Wetter war, zu Fuße, nach der etliche hundert Schritte weiter gelegenen Wohnung des zweiten Gouverneurs. Die Art unſerer Aufnahme und die Beſchaffenheit des Hauſes war wie die vorige. Erſt wurden wir in der großen Ban mit Thee und Tobak bedient, und ſodenn durch verſchiedene Kammern in ei- nen praͤchtigen Audienzſaal gebracht, woſelbſt ein Cabinet von glaͤnzenden Pfeilen, Bogen, kurzen Feuerroͤhren und Piſtolen in ſchwarz lakirten Futteralen an den Waͤnden zu ſehen
war.
Zweiter Band. G g
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[233/0261]
Neuntes Kap. Reiſe von Oſacka bis Miaco.
Nach Verlauf einer guten Viertelſtunde nahmen wir Abſchied, und wurden von dem Haus-
burggrafen bis vor den erſten Saal, von andern Bedienten aber bis zum Thor begleitet.
Nun giengen wir zu Fuße nach dem Hauſe des regierenden neuen Gouverneurs,
welcher unlaͤngſt von Hofe angekommen, und (wie uns die beiden Sekretaͤrs als Cerimo-
nienmeiſter ſagten) der Manier, die Hollaͤnder zu empfangen, annoch unkundig war. Am
Thor befand ſich eine gewoͤhnliche Wache, und in der Ban oder im Vorderſaale des Hauſes
beinahe 50 in guter Ordnung niederſitzende Perſonen nebſt einigen ſehr wohl gekleideten Kna-
ben. Nachdem wir dieſe vorbei und in eine Nebenkammer geſuͤhrt waren, empfiengen uns ge-
dachte Sekretaͤrs, zwei bejahrte Maͤnner, ſehr freundlich, bewirtheten uns mit Tobak, ge-
mahlnem Thee und Zuckerconfekt, und unterhielten uns eine geraume Zeit mit der Vertroͤ-
ſtung, daß wir den Gouverneur bald zu ſehen bekommen ſolten. Nach einer halben Stunde
brachte man uns in ein anderes Zimmer, woſelbſt nach einer kleinen Weile auf einmal zwei
Schauben gegen uns uͤber geoͤfnet wurden, wodurch der galante Gouverneur, mit einem
Ehrenrocke uͤber ſeinem ſchwarzen Kleide angethan, in einer andern Kammer 14 Schrit vor uns
ſas. Er ſchien ein Man von 36 Jahren, ſtark von Gliedern, und dem Anſehen nach hochmuͤ-
thig und ſtolz zu ſeyn. Er redete uns mit hoher Stimme zuerſt mit dieſen Worten an:
„Jhr ſeyd in gutem Wetter angekommen, ſolches iſt mediteh, mediteh! (oder Gluͤk,
„Gluͤk!)‟ Nach einer gar kurzen Unterhaltung bathen wir, daß er unſere Geſchenke, naͤm-
lich 12 Stuͤk Stoffe (die, wie vorhin ſchon erwehnt, ausgekramt da lagen) geneigt an-
nehmen moͤchte. Als er hierauf mit einer geringen Verbeugung des Haupts eine Dankſa-
gungs- und zugleich im Aufſtehen eine Abſchiedsmine machte, wurden beide Schauben,
auf eine Theatermaͤßige Weiſe, in einem Augenblik wieder zugezogen, wir aber noch et-
was zu verweilen genoͤthigt, damit das Frauenzimmer, welches ſich hinter einer papiernen
Wand oder papiernen durchloͤcherten Schauben eingefunden, die fremden Gaͤſte und ihren
Anzug moͤchte betrachten koͤnnen, zu dem Ende denn auch unſer Herr Reſident bald ſeinen
Hut, bald den Saͤbel, Uhr und andere Sachen zur Beſichtigung von ſich geben, bald
den Mantel ablegen, aufſtehen und ſeine Kleidung hinten und vorn beſchauen laſſen muſte.
Nachdem hieruͤber eine ganze Stunde verſtrichen, nahmen wir mit geziemender Ehrerbie-
tung unſern Abſchied; die zwei Sekretaͤrs brachten uns bis zu dem großen Vorſaal, und
von da zwei geringere Hausbedienten bis in den Vorhof zuruͤk.
Endlich begaben wir uns, weil es ſchoͤn Wetter war, zu Fuße, nach der etliche
hundert Schritte weiter gelegenen Wohnung des zweiten Gouverneurs. Die Art unſerer
Aufnahme und die Beſchaffenheit des Hauſes war wie die vorige. Erſt wurden wir in der
großen Ban mit Thee und Tobak bedient, und ſodenn durch verſchiedene Kammern in ei-
nen praͤchtigen Audienzſaal gebracht, woſelbſt ein Cabinet von glaͤnzenden Pfeilen, Bogen,
kurzen Feuerroͤhren und Piſtolen in ſchwarz lakirten Futteralen an den Waͤnden zu ſehen
war.
Zweiter Band. G g
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/261>, abgerufen am 28.11.2024.
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