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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch.
verschiedenerlei Weise angedeutet werden. Die erste Stunde nämlich, nach der Sonnen
Untergang, mit der Trommel; die zweite mit einer Gumgum; (ist ein metallenes Jnstru-
ment, einer überaus großen Schüssel mit einem breiten Rande gleich, das im Anschlagen
einen weit tönenden Klang von sich giebt,) die dritte zu Mitternacht, mit einer Glocke,
welche nicht geläutet sondern mit einem Holze gestoßen wird; die vierte wiederum mit der
Trommel; so wie die fünfte mit der Gumgum, und die sechste, als die lezte bei aufgehen-
der Sonne, mit der Glocke. Man mus überhaupt wissen, daß bei den Japanern das
ganze Jahr hindurch Tag und Nacht nur in sechs gleiche Stunden getheilt werden, daher des
Winters die Nachtstunden länger, des Sommers hingegen kürzer fallen.

Es ist die Stadt Osacka sehr volkreich. Man schäzt sie 80,000 wehrbare Män-
ner stark *). Sie treibt wegen ihrer vortheilhaften Lage den größesten Handel zu Wasser
und zu Lande, daher sie reiche Bürger, auch allerlei Künstler und Manufakturisten hat.
Neben dem, daß man hierfelbst, der großen Menge Volks ohngeachtet, sehr wohlfeil le-
ben kan, ist zugleich alles, was zur Ueppigkeit und sinlichen Ergötzung dient, im Ueber-
flusse vorhanden, weshalb auch Osacka bei den Japanern ein Schau- und Sammelplaz al-
ler Lustbarkeiten genant wird. Sowol öffentlich als in den Häusern siehet man täglich
Schauspiele: es stehen Marktschreyer und Gaukler aus, und wer nur etwas von Selt-
samkeiten, als Misgeburten, fremde oder in Künsten abgerichtete Thiere und dergleichen
besizt, der findet sich von andern Orten hier ein, und lässet für Geld seine Künste und
Naritäten sehen. Bei der Gelegenheit, da unser dem Kaiser unter vielen andern Sachen
zum Geschenk gewidmeter Kasuarius (ein Steine und glühende Kohlen verschluckender gro-
ßer Jndianischer Vogel) von den strengen Richtern, den Gouverneurs zu Nagasacki, ver-
worfen, und also wieder nach Batavia zurükgeschikt wurde, betheuerte uns ein reicher Lieb-
haber, er wolle ihn gern mit 1000 Tail an sich kaufen, wenn es ihm erlaubt würde, weil
er gewis wäre, daß er in Osacka, ehe ein Jahr vergienge, doppelt so viel damit gewönne.

Da
*) [Spaltenumbruch] "Wenn man anders den prahlenden Japa-
nern glauben darf," sagt Kämpfer in der Engl.
Uebersetzung, ein Zusaz, den ich billige, wenn ihn
auch K. selbst nicht gemacht hat. Denn eine solche
Bevölkerung ist gewis für Osacka zu gros. Sonst
verdienen die Kämpferischen Angaben von der Be-
völkerung nach Menschen oder Häusern, allerdings
weit mehr Glauben, als die von andern asiatischen
Ländern und von andern Reisebeschreibern, sowol
wegen der genauern Kentnis der Japaner selbst von
ihrem Lande, als auch wegen des ausnehmenden[Spaltenumbruch]
Fleißes und Genanigkeit, die unser Verf. im
Nachforschen überal beweiset. Es würde indes
immer unglaublich seyn, wie Kämpfer auf einer
Reise, wo auch nicht einmal ohne Erlaubnis vom
Pferde gestiegen werden durfte, so genaue Nach-
richten von allen Orten habe einsamlen können,
wenn wir nicht wüsten, daß er auf dieser Reise
seinen lehrbegierigen jungen Japaner (s. seine
Vorrede im ersten Bande, S. 67.) bei sich hatte,
durch dessen Hülfe er sich unstreitig so gut unter-
richten konte.

Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
verſchiedenerlei Weiſe angedeutet werden. Die erſte Stunde naͤmlich, nach der Sonnen
Untergang, mit der Trommel; die zweite mit einer Gumgum; (iſt ein metallenes Jnſtru-
ment, einer uͤberaus großen Schuͤſſel mit einem breiten Rande gleich, das im Anſchlagen
einen weit toͤnenden Klang von ſich giebt,) die dritte zu Mitternacht, mit einer Glocke,
welche nicht gelaͤutet ſondern mit einem Holze geſtoßen wird; die vierte wiederum mit der
Trommel; ſo wie die fuͤnfte mit der Gumgum, und die ſechſte, als die lezte bei aufgehen-
der Sonne, mit der Glocke. Man mus uͤberhaupt wiſſen, daß bei den Japanern das
ganze Jahr hindurch Tag und Nacht nur in ſechs gleiche Stunden getheilt werden, daher des
Winters die Nachtſtunden laͤnger, des Sommers hingegen kuͤrzer fallen.

Es iſt die Stadt Oſacka ſehr volkreich. Man ſchaͤzt ſie 80,000 wehrbare Maͤn-
ner ſtark *). Sie treibt wegen ihrer vortheilhaften Lage den groͤßeſten Handel zu Waſſer
und zu Lande, daher ſie reiche Buͤrger, auch allerlei Kuͤnſtler und Manufakturiſten hat.
Neben dem, daß man hierfelbſt, der großen Menge Volks ohngeachtet, ſehr wohlfeil le-
ben kan, iſt zugleich alles, was zur Ueppigkeit und ſinlichen Ergoͤtzung dient, im Ueber-
fluſſe vorhanden, weshalb auch Oſacka bei den Japanern ein Schau- und Sammelplaz al-
ler Luſtbarkeiten genant wird. Sowol oͤffentlich als in den Haͤuſern ſiehet man taͤglich
Schauſpiele: es ſtehen Marktſchreyer und Gaukler aus, und wer nur etwas von Selt-
ſamkeiten, als Misgeburten, fremde oder in Kuͤnſten abgerichtete Thiere und dergleichen
beſizt, der findet ſich von andern Orten hier ein, und laͤſſet fuͤr Geld ſeine Kuͤnſte und
Naritaͤten ſehen. Bei der Gelegenheit, da unſer dem Kaiſer unter vielen andern Sachen
zum Geſchenk gewidmeter Kaſuarius (ein Steine und gluͤhende Kohlen verſchluckender gro-
ßer Jndianiſcher Vogel) von den ſtrengen Richtern, den Gouverneurs zu Nagaſacki, ver-
worfen, und alſo wieder nach Batavia zuruͤkgeſchikt wurde, betheuerte uns ein reicher Lieb-
haber, er wolle ihn gern mit 1000 Tail an ſich kaufen, wenn es ihm erlaubt wuͤrde, weil
er gewis waͤre, daß er in Oſacka, ehe ein Jahr vergienge, doppelt ſo viel damit gewoͤnne.

Da
*) [Spaltenumbruch] „Wenn man anders den prahlenden Japa-
nern glauben darf,‟ ſagt Kaͤmpfer in der Engl.
Ueberſetzung, ein Zuſaz, den ich billige, wenn ihn
auch K. ſelbſt nicht gemacht hat. Denn eine ſolche
Bevoͤlkerung iſt gewis fuͤr Oſacka zu gros. Sonſt
verdienen die Kaͤmpferiſchen Angaben von der Be-
voͤlkerung nach Menſchen oder Haͤuſern, allerdings
weit mehr Glauben, als die von andern aſiatiſchen
Laͤndern und von andern Reiſebeſchreibern, ſowol
wegen der genauern Kentnis der Japaner ſelbſt von
ihrem Lande, als auch wegen des ausnehmenden[Spaltenumbruch]
Fleißes und Genanigkeit, die unſer Verf. im
Nachforſchen uͤberal beweiſet. Es wuͤrde indes
immer unglaublich ſeyn, wie Kaͤmpfer auf einer
Reiſe, wo auch nicht einmal ohne Erlaubnis vom
Pferde geſtiegen werden durfte, ſo genaue Nach-
richten von allen Orten habe einſamlen koͤnnen,
wenn wir nicht wuͤſten, daß er auf dieſer Reiſe
ſeinen lehrbegierigen jungen Japaner (ſ. ſeine
Vorrede im erſten Bande, S. 67.) bei ſich hatte,
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[226/0254] Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. verſchiedenerlei Weiſe angedeutet werden. Die erſte Stunde naͤmlich, nach der Sonnen Untergang, mit der Trommel; die zweite mit einer Gumgum; (iſt ein metallenes Jnſtru- ment, einer uͤberaus großen Schuͤſſel mit einem breiten Rande gleich, das im Anſchlagen einen weit toͤnenden Klang von ſich giebt,) die dritte zu Mitternacht, mit einer Glocke, welche nicht gelaͤutet ſondern mit einem Holze geſtoßen wird; die vierte wiederum mit der Trommel; ſo wie die fuͤnfte mit der Gumgum, und die ſechſte, als die lezte bei aufgehen- der Sonne, mit der Glocke. Man mus uͤberhaupt wiſſen, daß bei den Japanern das ganze Jahr hindurch Tag und Nacht nur in ſechs gleiche Stunden getheilt werden, daher des Winters die Nachtſtunden laͤnger, des Sommers hingegen kuͤrzer fallen. Es iſt die Stadt Oſacka ſehr volkreich. Man ſchaͤzt ſie 80,000 wehrbare Maͤn- ner ſtark *). Sie treibt wegen ihrer vortheilhaften Lage den groͤßeſten Handel zu Waſſer und zu Lande, daher ſie reiche Buͤrger, auch allerlei Kuͤnſtler und Manufakturiſten hat. Neben dem, daß man hierfelbſt, der großen Menge Volks ohngeachtet, ſehr wohlfeil le- ben kan, iſt zugleich alles, was zur Ueppigkeit und ſinlichen Ergoͤtzung dient, im Ueber- fluſſe vorhanden, weshalb auch Oſacka bei den Japanern ein Schau- und Sammelplaz al- ler Luſtbarkeiten genant wird. Sowol oͤffentlich als in den Haͤuſern ſiehet man taͤglich Schauſpiele: es ſtehen Marktſchreyer und Gaukler aus, und wer nur etwas von Selt- ſamkeiten, als Misgeburten, fremde oder in Kuͤnſten abgerichtete Thiere und dergleichen beſizt, der findet ſich von andern Orten hier ein, und laͤſſet fuͤr Geld ſeine Kuͤnſte und Naritaͤten ſehen. Bei der Gelegenheit, da unſer dem Kaiſer unter vielen andern Sachen zum Geſchenk gewidmeter Kaſuarius (ein Steine und gluͤhende Kohlen verſchluckender gro- ßer Jndianiſcher Vogel) von den ſtrengen Richtern, den Gouverneurs zu Nagaſacki, ver- worfen, und alſo wieder nach Batavia zuruͤkgeſchikt wurde, betheuerte uns ein reicher Lieb- haber, er wolle ihn gern mit 1000 Tail an ſich kaufen, wenn es ihm erlaubt wuͤrde, weil er gewis waͤre, daß er in Oſacka, ehe ein Jahr vergienge, doppelt ſo viel damit gewoͤnne. Da *) „Wenn man anders den prahlenden Japa- nern glauben darf,‟ ſagt Kaͤmpfer in der Engl. Ueberſetzung, ein Zuſaz, den ich billige, wenn ihn auch K. ſelbſt nicht gemacht hat. Denn eine ſolche Bevoͤlkerung iſt gewis fuͤr Oſacka zu gros. Sonſt verdienen die Kaͤmpferiſchen Angaben von der Be- voͤlkerung nach Menſchen oder Haͤuſern, allerdings weit mehr Glauben, als die von andern aſiatiſchen Laͤndern und von andern Reiſebeſchreibern, ſowol wegen der genauern Kentnis der Japaner ſelbſt von ihrem Lande, als auch wegen des ausnehmenden Fleißes und Genanigkeit, die unſer Verf. im Nachforſchen uͤberal beweiſet. Es wuͤrde indes immer unglaublich ſeyn, wie Kaͤmpfer auf einer Reiſe, wo auch nicht einmal ohne Erlaubnis vom Pferde geſtiegen werden durfte, ſo genaue Nach- richten von allen Orten habe einſamlen koͤnnen, wenn wir nicht wuͤſten, daß er auf dieſer Reiſe ſeinen lehrbegierigen jungen Japaner (ſ. ſeine Vorrede im erſten Bande, S. 67.) bei ſich hatte, durch deſſen Huͤlfe er ſich unſtreitig ſo gut unter- richten konte.

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/254>, abgerufen am 24.11.2024.